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INITIATIVE/005: Tierrechte - ein Muss für Schulen und Kindergärten (tierrechte)


tierrechte 2.15 - Nr. 71, Juni 2015
Menschen für Tierrechte - Bundesverband der Tierversuchsgegner e.V

Tierrechte - ein Muss für Schulen und Kindergärten

Von Christina Ledermann und Steffanie Richter


Tierschutzerziehung leistet einen wesentlichen Beitrag zur emotionalen und sozialen Entwicklung von Heranwachsenden, sie fördert Mitgefühl, Fürsorglichkeit und Verantwortungsbewusstsein gegenüber anderen Lebewesen. Doch warum spielen Tierschutz und Tierrechte bisher keine Rolle in Schulen und Kindergärten? Was muss getan werden, damit sich diese Situation ändert? In dieser Ausgabe sind wir diesen Fragen nachgegangen und haben mit engagierten Pädagoginnen, Wissenschaftlerinnen und Eltern gesprochen. Die Antwort ist unsere neue Aktion "Tierrechte in die Lehrpläne".


Ob die Themen Tierschutz und Tierrechte überhaupt im Unterricht behandelt werden, bleibt bisher allein den Lehrern überlassen. Engagierte Pädagogen greifen sie auf, die meisten meiden sie. Dies liegt vor allem daran, dass die Schulgesetze der Bundesländer in puncto Tierschutz mehr als lückenhaft sind. Tiere werden, wenn sie denn überhaupt erwähnt sind, meist dem Begriff "Natur" untergeordnet. So bleibt es der Auslegung der Fachlehrer überlassen, ob man die Tiere zwischen den Zeilen findet. Bei den Lehrplänen ist es ähnlich. Der Tierschutz wird hier in erster Linie unter den Begriffen "Naturschutz", "Artenschutz" und "Zoologie" geführt.


Tierschutzunterricht fördert die emotionale Entwicklung

Dabei haben diese Themen einen starken Bezug zum Alltag, dem eigenen Verhalten und Konsum. Doch die eklatanten Missstände der Tiernutzung werden von Kindern und Jugendlichen, aber auch von Erwachsenen, häufig verdrängt. Dieser Verdrängungsreaktion kann Tierschutzunterricht entgegenwirken und so auch einen wesentlichen Beitrag zur sozialen und emotionalen Entwicklung leisten. Denn es geht im Kern um die ethische Frage: Wie gehe ich mit Schwächeren oder mit Andersartigen um? Dies ist entscheidend für die Ausprägung von Mitgefühl, Verantwortungsbewusstsein und Fürsorglichkeit gegenüber Tieren und Menschen. Damit leistet Tierschutzerziehung auch einen wichtigen Beitrag zur Gewaltprävention.


Lobbyisten drängen an die Schulen

Während Tierschutz und Tierrechte - wenn überhaupt - nur am Rande thematisiert werden, nehmen Lobbygruppen der Fleischindustrie und Jagdverbände sowie die Zoos seit Jahren Einfluss auf Schüler und Lehrer. Unter dem Deckmantel von Bildung und Aufklärung wird über Veranstaltungen, Lehrerfortbildungen und Unterrichtsmaterialien ein interessengeleitetes Tierbild vermittelt. In Broschüren wie "Das Schwein - Woher kommt unser Schnitzel?" wird die industrielle Tierhaltung als tierfreundlich verkauft, kritisches Hinterfragen ist nicht erwünscht. So werden bereits die Kleinsten zu willigen Konsumenten erzogen. Auch die Jägerschaft und die Zoos sind beispielsweise mit den "rollenden Waldschulen" und den "Zooschulen" an Schulen und Kindergärten aktiv.


Aktion "Tierrechte in die Lehrpläne"

In diesem Spannungsfeld zwischen der Freiwilligkeit der Lehrer, dem Druck der Lobbygruppen, dem Trend zu wirtschaftlicher Verwertbarkeit von Wissen sowie gedrängter Lehrpläne, hat die Tierschutzerziehung wenig Chancen. Unsere Interviewpartner bestätigen, dass die Themen Tierschutz und Tierrechte mit all ihren Facetten erst dann unterrichtet werden, wenn sie verpflichtend gelehrt und geprüft werden. Doch Tierschutz und Tierrechte sind ein gesamtgesellschaftlicher Bildungsauftrag. Deshalb starten wir mit dieser Ausgabe die Aktion "Tierrechte in die Lehrpläne". Darin fordern wir die politischen und gesellschaftlichen Entscheidungsträger auf, Tierschutz und Tierrechte zum festen Bestandteil von Lehrplänen, Prüfungen, Lehrer-Ausbildung und Lehrmaterialien zu machen. Nur so kann es gelingen, kritische und verantwortungsvolle Menschen zu erziehen, die die Missstände des herrschenden tierquälerischen Systems erkennen und verändern.

Parallel zum Erscheinen dieses Magazins werden wir auf unserer Webseite www.tierrechte.de den neuen Themenbereich "Bildung und Tierrechte" einrichten. Neben einer Online-Petition und umfangreichen Informationen zum Thema, finden Sie dort auch eine Sammlung von Lehrmaterialen, Büchern und Links.


KASTEN
 
Erläuterung zur Verwendung der Begriffe "Tierschutz" und "Tierrechte"

In den folgenden Texten [dieser Printausgabe] finden Sie die Begriffe "Tierschutz" und "Tierrechte" oft parallel, weil sie beide die Leiden der Tiere verhindern und beenden wollen. In ihren Zielen unterscheiden sich "Tierschutz" und "Tierrechte" aber grundlegend voneinander. Der Tierschutz geht weniger weit, denn er stellt die Herrschaft des Menschen über das Tier nicht grundsätzlich in Frage. Die Tierrechte aber verlangen, dass Tiere wie Menschen unantastbare Rechte erhalten. Diese Rechte schließen die Nutzung bzw. Ausnutzung der Tiere automatisch aus. Mit anderen Worten: Der Tierschutz ist eine Vorstufe der Tierrechte. Deshalb verwenden wir beide Begriffe nebeneinander. Als Tierrechtsorganisation verfolgt unser Bundesverband die Einführung der Tierrechte. Daher heißt unsere neue Aktion auch "Tierrechte in die Lehrpläne!"

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Quelle:
tierrechte 2.15 - Nr. 71/Juni 2015, S. 5
Infodienst der Menschen für Tierrechte -
Bundesverband der Tierversuchsgegner e.V.
Roermonder Straße 4a, 52072 Aachen
Telefon: 0241/15 72 14, Fax: 0241/15 56 42
eMail: info@tierrechte.de
Internet: www.tierrechte.de
 
tierrechte erscheint viermal jährlich.
Der Verkaufspreis ist im Mitgliedsbeitrag enthalten.


veröffentlicht im Schattenblick zum 9. Juli 2015

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