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BERICHT/069: Whale Watching und Schwimmen mit Delfinen (tierrechte)


tierrechte 1.08 - Nr. 43, Februar 2008
Menschen für Tierrechte - Bundesverband der Tierversuchsgegner e.V.

Whale Watching und Schwimmen mit Delfinen

Von Christina Ledermann


Einmal mit einem Delfin schwimmen oder einen Wal aus nächster Nähe sehen - für viele Menschen ein Kindheitstraum, getragen von der Vorstellung, diesen faszinierenden Geschöpfen in ihrem angestammten Element zu begegnen. Doch besteht dabei immer die Möglichkeit, die Tiere zu stören oder Stress auszusetzen. Christina Ledermann hat zusammengestellt, was Tierschützer und Tierrechtler beachten sollten.


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Jeder kennt die Berichte, nach denen Delfine Menschen vor dem Ertrinken oder vor Haiangriffen gerettet haben. Kein Wunder, dass das Schwimmen und Anfassen der Tiere im Meer, in Delfinarien, bei der Delfintherapie oder in sogenannten Streichelbecken (Petting-Pools) so beliebt ist.


Schwimmen mit Delfinen

Vor dem Hintergrund dieser romantischen Vorstellungen vergessen Viele, dass beispielsweise der Große Tümmler, wie alle anderen Delfinarten, ein Raubtier ist. Eine direkte Begegnung mit einer Delfingruppe kann gefährlich sein. Schwimmer können von Delfinen oder Walen verletzt werden. Neben stressbedingten Beiß- oder Rammattacken geht von einem erwachsenen Großen Tümmler schon wegen seines Körpergewichts, das im Durchschnitt 150 bis 300 kg beträgt, und seiner Geschwindigkeit im Wasser eine Gefahr aus. Zudem kann ein unerfahrener Tourist die Warnsignale der Tiere nicht richtig interpretieren.

Unter den beengten künstlichen und artwidrigen Bedingungen in Delfinarien kommen weitere Risiken für Mensch und Tier hinzu. Die unnatürlichen Lebensbedingungen können zu einem höheren Aggressionspotenzial bei den Tieren führen. Außerdem besteht eine Infektionsgefahr für beide, Mensch und Tier, denn beide tragen Krankheitserreger, die der jeweils anderen Art gefährlich werden können.

Schwimmprogramme mit gefangen gehaltenen Delfinen sind schon deshalb abzulehnen, weil eine art- und tiergerechte Haltung der Meeressäuger nicht möglich ist. Wenn Schwimmen mit Delfinen in 'freier Wildbahn', also im Meer, angeboten wird, ist auch hierbei kaum zu gewährleisten, dass dies für die Tiere ohne Stress abläuft und dass die Tiere selbst entscheiden können, ob sie diese Art der Kontaktaufnahme wollen. Tierschützer und Tierrechtler sollten deshalb darauf verzichten, mit Delfinen schwimmen zu wollen.


Whale Watching: Bitte nicht stören

Das Beobachten von Walen und Delfinen, 'Whale Watching' genannt, ist der am schnellsten wachsende Tourismuszweig und inzwischen zu einem weltumspannenden Geschäft mit milliardenschweren Einnahmen geworden. In fast 90 Ländern und rund 500 Orten boomt das Whale-Watching-Geschäft. Etwa 75 Prozent der Walbeobachtungen finden von Booten aus statt. Es gibt aber auch Beobachtungspunkte an Land. Aus Sicht des Tierschutzes bietet das Whale Watching Chancen und Risiken. Ein sorgsames und ökologisch verträgliches Whale Watching kann zum Schutz der Meeressäuger beitragen. Andererseits wird vielerorts die Grenze der Verträglichkeit durch den Tourismus überschritten. Viele kommerzielle Anbieter stehen unter Druck. Sie geben 'Sichtungsgarantien', was zu rücksichtslosem Verhalten wie dem Nichteinhalten von Mindestabständen führt. Durch das Fahren in eine Gruppe von Tieren können Mütter von ihren Jungen getrennt werden. Jedes motorisierte Boot ist zudem ein akustischer Störfaktor. Jede Annäherung stresst die Tiere. Dies kann ihre Krankheitsanfälligkeit steigern und ihre Vermehrungsrate dezimieren. Zudem besteht die Gefahr von Kollisionen und Verletzungen durch Schiffsschrauben. Rücksichtsvolle und wissenschaftlich kompetente Tour-Anbieter begrenzen die Belastung der Tiere auf ein Minimum. Die Annährung erfolgt nur in kleinen Booten und unter Einhaltung der Mindestabstände. Die Tiere werden nicht verfolgt und die Anzahl der Touren ist begrenzt, um den Tieren die nötigen Ruhezeiten zu gewähren. Wer ganz sicher sein will, die Tiere nicht zu stören, sollte sich für das landgestützte Whale Watching entscheiden.


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Tatsachen

Vom bisher erforschten Tierreich singen männliche Buckelwale die längsten und vielfältigsten Lieder. Pfiffe, Winseln, Schreie, Rufe, Grunzen und Klagen werden in eine spezifische Reihenfolge gesetzt und können eine halbe Stunde lang dauern. Die männlichen Tiere eines Gebietes singen das gleiche Lied, das im Laufe der Zeit etwas variieren kann.
 
Der Breitschnabeldelfin gilt als das Herdentier unter den Delfinarten. So bestehen einige Delfinschulen von Breitschnabeldelfinen aus bis zu 1500 Individuen.
 
Bei Grauwalen gibt es 'Rechts-', und 'Linkshänder'. Die meisten sind 'Rechtshänder', d. h. sie rollen sich zum Fressen auf ihre rechte Seite. Die Barten sind aus diesem Grund auf dieser Seite schneller abgenutzt und normalerweise kurzer als die der linken Seite.
 
Insbesondere vom Großen Tümmler ist bekannt, dass er allein durch spezielle Klicklaute in der Lage ist, Beutetiere wie Fische zu betäuben und sogar zu töten. Auch fängt er Fischschwärme, indem er mit mehreren Artgenossen im Team wirkt und die Aufgaben dabei klar verteilt sind.
 
Als Jungtiere entwickeln Große Tümmler einen Individuellen Pfeifton, den sogenannten Signaturpfiff, den sie ihr Leben lang als persönliches Kennzeichen beibehalten.
 
Delfine töten auch andere Meeressäuger. So wurde beispielsweise festgestellt, dass Große Tümmler ohne für Menschen ersichtlichen Grund Schweinswale töteten.
 
Delfinen wird, wie sonst nur Menschen, Menschenaffen und Elefanten, Ich-Bewusstsein zugesprochen. Das 'Selbst-Erkennen' im Spiegel wird als Anzeichen dafür gewertet.
 
Die Belastung der Meere mit Schadstoffen macht auch vor den Meeressäugern nicht halt. Die Belugas im kanadischen Golf von St. Lorenz sind mit so hohen Konzentrationen an chemischen Giftstoffen belastet, dass ihre toten Körper als Sonderabfall behandelt werden.

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Schutzabkommen

Rechtliche Vereinbarungen zum Schutz von Delfinen gibt es einige. Von internationaler Bedeutung sind vor allem:

WA - Washingtoner Artenschutzübereinkommen (Convention on International Trade in Endangered Species of Wild Fauna and Flora, CITES)

Alle Arten der Ordnung Wale finden sich im Anhang I (von der Ausrottung bedroht, Handel praktisch ausgeschlossen) oder im Anhang II (vorsichtige wirtschaftliche Nutzung unter wissenschaftlicher Kontrolle möglich).

Bis heute sind dem WA über 150 Staaten beigetreten. In Europa wurde das WA 1984 durch EG-Verordnung umgesetzt. Die aktuelle Fassung von 1996 ist mit einigen Ergänzungen bis heute in Kraft. Somit unterliegen EU-einheitlich alle Walarten Handelsverboten oder -beschränkungen, was auch den Fang lebender Tiere in Nord- oder Ostsee verbietet oder stark einschränkt.


IWC - Internationale Walfangkommission (International Whaling Commission)

Zu ihren Aufgaben gehört, Fangquoten für Wale in den Weltmeeren festzulegen sowie auch Schutzzonen zu definieren, in denen nicht gejagt werden darf.

1982 beschloss die IWC ein umfassendes Walfangverbot, das zu einem deutlichen Rückgang der Fangquoten führte. Einige Länder wie Japan und Island halten sich jedoch nicht daran.

Derzeit hat die IWC 77 Mitgliedstaaten.


ASCOBANS - Abkommen zur Erhaltung von Kleinwalen in der Nord- und Ostsee (Agreement on the Conservation of Small Cetaceaus of the Baltic and North Seas)

Es zielt darauf, die Bedrohung der Tiere durch den Menschen zu reduzieren, z. B. durch Fischerei, Lärmbelästigung oder Wasserverschmutzung.

Diesem Abkommen sind bisher zehn Staaten - inklusive Deutschland - beigetreten.


ACCOBAMS - ähnliches Abkommen im Mittelmeerraum (Agreement on the Conservation of Cetaceans in the Black Sea, Mediterranean Sea and conliguous Atlantic Area).


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Quelle:
tierrechte - Nr. 43, Februar 2008, S. 8-9
Infodienst der Menschen für Tierrechte -
Bundesverband der Tierversuchsgegner e.V.
Roermonder Straße 4a, 52072 Aachen
Telefon: 0241/15 72 14, Fax: 0241/15 56 42
E-Mail: info@tierrechte.de
Internet: www.tierrechte.de

tierrechte erscheint viermal jährlich.
Der Verkaufspreis ist im Mitgliedsbeitrag enthalten.


veröffentlicht im Schattenblick zum 14. März 2008