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BERICHT/088: Der Ozelot braucht seinen Pelz - zum 100. Geburtstag von Prof. Grzimek (PROVIEH)


PROVIEH Heft 2 - Juni 2009
Magazin des Vereins gegen tierquälerische Massentierhaltung e.V.

Der Ozelot braucht seinen Pelz
Zum 100. Geburtstag von Prof. Bernhard Grzimek

Von Susanne Aigner


Aus der Geschichte des Umweltschutzes ist er nicht mehr wegzudenken: Der streitbare Tierschützer Prof. Bernhard Grzimek hat nicht nur den Tierschutz in Deutschland entscheidend beeinflusst, er kämpfte auch für den Schutz von Flora und Fauna weltweit, vor allem der Wildtiere in Afrika. Und dabei brach er immer wieder gesellschaftliche Tabus.

Bekannt wird der Zoologe durch seine 1956 erstmalig ausgestrahlte Fernsehsendung "Ein Platz für Tiere". Ihr sollten in den nächsten 30 Jahren 175 Sendungen folgen. In jeder Sendung wird ein exotisches Tier vorgestellt. Dank dieser Auftritte gehen insgesamt über 30 Millionen D-Mark Spenden für den Naturschutz ein.

Grzimek holt die Tiere afrikanischer Steppen ins Bewusstsein der deutschen Öffentlichkeit. Früher als andere erkennt er, dass die Wildtiere in Afrika vom Aussterben bedroht sind. Den Schutz der Serengeti in Tansania macht er sich darum zur Lebensaufgabe. Er kämpft gegen Wilderei und für die Errichtung von Nationalparks, zunächst an der Seite seines Sohnes, der jedoch 1959 tödlich verunglückt. Er erkennt aber auch, dass es darauf ankommt, die einheimische Bevölkerung in die Nationalparks einzubeziehen. Insofern war er ein Vordenker der heutigen Biosphärenreservate.

Als konsequenter Tierschützer lehnt Grzimek die Jagd ab: "Es hat mir nie eingeleuchtet, was manche Leute für Freude daran haben, Tiere totzuschießen". Vor allem verurteilt er das Töten von Wildtieren, um teure Pelze zu gewinnen. "Der einzige, der einen Ozelotpelz wirklich braucht, ist der Ozelot", lautet seine Begründung. Zweifellos hat er einen großen Anteil daran, dass Krokodilledertaschen und Leopardenmäntel schnell aus der Mode kommen.

Weniger bekannt dürfte Grzimek in seiner Rolle als Kritiker der modernen Nutztierhaltung sein. 1960 gibt er die Zeitschrift "Das Tier" heraus, die bis zum Jahr 2000 erscheint, zuletzt in einer Auflage von 90 000. Als eine der ersten thematisiert die Zeitschrift Artenvielfalt und Tierschutz. Und Grzimek kritisiert in ihr Massentierhaltung und Legebatterien. Als Tierarzt kennt er sich mit Hühnern aus, hat er doch als Kind bereits Zwerghühner auf dem heimatlichen Grundstück in Oberschlesien gezüchtet und später, als 18-jähriger, eine Geflügelfarm bei Berlin geleitet. Nach seinem Studium der Zoologie und Veterinärmedizin ist er im Reichsernährungsministerium der dreißiger Jahre zuständig für Rinderkrankeiten und Geflügelseuchen. In den sechziger Jahren erscheint sein "Handbuch der Geflügelkrankheiten". In den siebziger Jahren geistert der Begriff "Hühner-KZ" durch die Medien und ruft seine politischen Gegner auf den Plan, aber auch neue Mitstreiter. Auf Grund dieser Provokation wird das Phänomen Massentierhaltung stärker denn je in der Öffentlichkeit diskutiert. 1972 werden 80 Prozent aller Legehennen in Deutschland in Käfigen gehalten.

Im selben Jahr filmt Grzimek die Käfighaltung auf einem landwirtschaftlichen Betrieb. Er schildert das Leben der Käfig-Hennen, indem er zerzauste Hühner zeigt, die auf engstem Raum auf Drahtrost stehen müssen. Dabei kritisiert er Kannibalismus, Federpicken und das Einschneiden der Schnäbel. Dem Futter würden Carotinoide zugegeben, damit die Dotter sich rot färbten. Die Eierschalen seien zu weich. Wie eine hoch technisierte Tierhaltung nach hinten losgehen kann, schildert er am Beispiel eines Vorfalls in Deggendorf: Hier erstickten 100 000 Hühner, weil in einem Stall plötzlich alle Ventilatoren ausfielen. In der Schweinemast kritisiert er den Platzmangel, Kannibalismus und die hohe Todesrate bei Tiertransporten. Die Nachfrage nach blassem, weißen Kalbfleisch zu Beginn der siebziger Jahre spiegelt sich auch in der Kälbermast wider: Kälber werden bei 30°C in dunklen, engen Boxen gehalten und mit Flüssignahrung ernährt, die viel Chemikalien, vor allem Antibiotika, enthalten - und so wenig Eisen wie möglich, um die Hämoglobinbildung im Blut zu verhindern. Grzimek fordert eine "staatlich überwachte Gütemarke für Obst, Eier, Gemüse ohne Gift, Kunstdünger, Chemikalien im Futter und Massentierhaltung". Ein Vorbild ist für ihn Dänemark, wo Legebatterien seit 1952 verboten sind.

Auch über seine Pensionierung hinaus engagiert sich Grzimek für den Tierschutz: 1971 als Präsident der Zoologischen Gesellschaft Frankfurt, 1975 ist er Gründungsmitglied des BUND und seit 1978 Ehrensenator des World Wildlife Fund. Nach seinem Tod am 13. März 1986 wird er neben seinem Sohn am Rande des Ngorongoro-Kraters in Tansania beigesetzt. Der Nachwelt hinterlässt er eine Reihe von Filmen und Büchern zum Thema Natur- und Tierschutz. Am 24. April 2009 wäre Bernhard Grzimek 100 Jahre alt geworden.


Mehr zum Leben von Bernhard Grzimek:

"Mein Leben: Erinnerungen des Tierforschers"
von Berhard Grzimek
Piper Verlag 04-2009

"Bernhard Grzimek - Der Mann, der die Tiere liebte."
Biografie von Claudia Sewig
Lübbe Verlag 03-2009

"Grzimeks Tierleben"
Tierenzyklopädie, 13 Bände, Kindler Verlag


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Quelle:
PROVIEH Heft 2, Juni, 2009, Seite 38-39
Herausgeber: PROVIEH - Verein gegen tierquälerische Massentierhaltung e.V.
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PROVIEH erscheint viermal jährlich.


veröffentlicht im Schattenblick zum 1. August 2009