Schattenblick →INFOPOOL →TIERE → TIERSCHUTZ

TIERHALTUNG/479: "Masthühner" - auch künftig in drangvoller Enge? (tierrechte)


tierrechte 1.09 - Nr. 47, Februar 2009
Menschen für Tierrechte - Bundesverband der Tierversuchsgegner e.V.

Umsetzung der EU-Richtlinie
"Masthühner" - auch künftig in drangvoller Enge?

Von Marion Selig


Nachdem die EU im Juni 2007 eine Richtlinie zur Haltung von "Masthühnern" verabschiedet hat, muss diese Richtlinie in deutsches Recht umgesetzt werden. Dabei ist es zulässig, strengere - also für die Tiere bessere - Vorgaben zu machen. Das wäre auch bitter nötig; erlaubt die EU-Richtlinie doch, noch mehr Hühner auf einen Quadratmeter zu quetschen, als es in Deutschland bislang üblich ist - und das ist schon schlimm genug.


*


Doch es geht noch schlimmer. Bei der Haltung von "Masthühnern" spielt das einzelne Tier keine Rolle, und so wird die Besatzdichte - also die Zahl der Tiere pro Flächeneinheit - auch nicht in Stückzahl angegeben, sondern in Gewicht. 42 kg "Masthuhn" pro Quadratmeter sind nach EU-Richtlinie erlaubt. Das entspricht bis zu 30 Tieren am Ende der Mast. In Deutschland sind 35 kg/m2 üblich, also bis zu 25 Hühner pro Quadratmeter. Und diese Besatzdichte hat bereits katastrophale Auswirkungen.


Katastrophale Haltung

In den Hallen, in denen die Tiere zu Zehntausenden gehalten werden, herrscht insbesondere gegen Ende der Mast drangvolle Enge. Die Tiere können sich kaum fortbewegen, artgemäßes Verhalten wie Scharren, Sandbaden, Flügelstrecken, Eigenkörperpflege sind kaum möglich. Es kann zu Verhaltensstörungen und vermehrten aggressiven Auseinandersetzungen kommen. Durch die vielen Tiere auf engem Raum werden Infektionskrankheiten begünstigt, die hohe Ammoniakkonzentration fördert Atemwegserkrankungen. Die einseitige Zucht auf schnelles Muskelwachstum tut ein Übriges und verursacht Gliedmaßenerkrankungen, Aszites, Stoffwechselstörungen und Kreislauferkrankungen.


Entwurf für Regelungen in Deutschland

Eine deutlich strengere Umsetzung der EU-Richtlinie in deutsches Recht wäre also notwendig, um die unerträglichen und absolut inakzeptablen Bedingungen für die "Masthühner" zu verbessern. Doch der Entwurf des Bundeslandwirtschaftsministeriums vom Februar lässt dies leider nicht erwarten. Zwar soll die Richtlinie nicht 1:1 umgesetzt werden, doch bis zu 39 kg/m2 sollen erlaubt sein, also mehr, als derzeit üblich. Die katastrophalen Bedingungen werden damit - gesetzlich legitimiert - noch verschlechtert! Auch was Beleuchtung und Lüftung betrifft, bedeutet der Entwurf des Ministeriums eine Verschlechterung im Vergleich zur jetzigen Situation.


Stellungnahme des Bundesverbandes

Der Bundesverband wird sich mit aller Kraft dafür einsetzen, dass dieser Entwurf so nicht verabschiedet, sondern deutlich verbessert wird. In einer ausführlichen Stellungnahme haben wir die Probleme der "Masthühner"-Haltung dargestellt und gefordert, dass sich der Gesetzgeber an den Empfehlungen des EU-eigenen wissenschaftlichen Ausschusses für Tiergesundheit und Tierschutz orientiert, in denen weitaus niedrigere Besatzdichten angegeben sind. Die EU hatte die Empfehlungen ihres eigenen Ausschusses bedauerlicherweise ignoriert.


Angebot und Nachfrage

Für die Bedingungen, unter denen die "Masthühner" gehalten werden, tragen jedoch auch die Verbraucher Verantwortung. Denn wenn keine Nachfrage nach extrem billigem Hähnchenfleisch - das nur unter den beschriebenen Bedingungen erzeugt werden kann - besteht, wird es auch kein entsprechendes Angebot geben. Daher appelliert der Bundesverband daran, "Politik mit dem Einkaufskorb" zu betreiben und Tierqualprodukte - wozu Fleisch von "Masthühnern" eindeutig gehört - zu meiden.


*


Quelle:
tierrechte - Nr. 47/Februar 2009, S. 18
Infodienst der Menschen für Tierrechte -
Bundesverband der Tierversuchsgegner e.V.
Roermonder Straße 4a, 52072 Aachen
Telefon: 0241/15 72 14, Fax: 0241/15 56 42
E-Mail: info@tierrechte.de
Internet: www.tierrechte.de

"tierrechte" erscheint viermal jährlich.
Der Verkaufspreis ist im Mitgliedsbeitrag enthalten.


veröffentlicht im Schattenblick zum 28. März 2009