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TIERHALTUNG/510: Rettet die Ringelschwänze oder zahlt! (PROVIEH)


PROVIEH Heft 2 - Juni 2010
Magazin des Vereins gegen tierquälerische Massentierhaltung e.V.

Rettet die Ringelschwänze oder zahlt!
Kontrollen gegen Schwanzkupieren verschärft

Von Sabine Ohm und Stefan Johnigk


EU-Richtlinien gelten für alle Mitgliedstaaten. Wer Geld aus Brüssel haben will, muss sich an die Regeln halten. Das ist recht und billig und heißt im Fachjargon "Cross compliance" (CC). CC gilt auch für die EU-Richtlinie zur Haltung von Schweinen. Nach ihr darf Schweinen der Schwanz nur dann gekürzt werden, wenn zuvor alle Möglichkeiten zum Vermeiden von Verhaltensstörungen wie "Schwanzbeißen" ausgeschöpft wurden. Haltung verbessern und nicht Tiere verstümmeln, so also lautet die Vorgabe aus Brüssel.

Deutsche Schweinemäster meinten, sich an diese Vorgabe nicht halten zu müssen. Deshalb wächst ihr Unmut, dass ihnen in den letzten Monaten auffällig oft auf die Finger - oder genauer - auf die Ringelschwänze ihrer Ferkel geschaut wurde. Die EU will wissen, ob den Schweinen vorsorglich die Schwänze gekappt werden. Wenn ja, dann müssten die Mäster Subventionen zurückzahlen. Zum Leidwesen der Schweine war das Kürzen des Schwanzes tatsächlich üblich, nicht nur in Deutschland, sondern in allen sieben wichtigsten Schweine produzierenden Ländern der EU, wie "Compassion in world farming" (CIWF) mit legal beschafften Filmaufnahmen bewies.

PROVIEH sorgte für die Verbreitung dieser Erkenntnis in Deutschland (siehe auch Heft 01-2010) und wies Bund und Länder auf das so entstandene CC-Problem hin, doch kaum etwas geschah. Auch nach Berichten des WDR und einiger überregionaler Tageszeitungen bewegte sich die Politik nicht. Da legte PROVIEH Beschwerde in Brüssel ein. Als Reaktion fragten deutsche Behörden bei PROVIEH nach den Adressen der 19 Bauern in Deutschland, auf deren Höfen gefilmt wurde. Die Adressen wurden nicht genannt, denn PROVIEH will eine grundlegende Veränderung in der Branche und nicht die Bestrafung einzelner Bauern, nannte daher nur die Gemeinden in Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen und schlug vor, im Rahmen von CC-Kontrollen branchenweit selbst zu prüfen, ob die Vorwürfe der Tierschützer berechtigt seien.

Offenbar wurde der Vorschlag angenommen. Da unkte der Zentralverband der Deutschen Schweineproduktion (ZDS) in seiner Zeitschrift "Schweinezucht und Schweinemast" (SUS 02-2010), "dass sich die EU-Kommission dem Druck illegal agierender Tierschützer mit fragwürdigen Argumenten und Belegen beugt." Irrtum! Deutsche Schweinehalter müssen sich an CC halten. PROVIEH freut sich, mit seiner Kampagne Erfolg gehabt zu haben.

PROVIEH bittet alle Mitglieder und Unterstützerinnen, die beruflich mit der Schweinhaltung zu tun haben, uns über ihre Erfahrungen mit CC-Kontrollen der jüngeren Zeit zu berichten. Konventionelle Schweinehalter, die durch Veränderungen bei Haltung und Management erfolgreich auf das Schwanzkupieren verzichten können, lädt der Verband zu einem Erfahrungsaustausch ein.


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Quelle:
PROVIEH Heft 2, Juni, 2010, Seite 41
Herausgeber: PROVIEH - Verein gegen tierquälerische Massentierhaltung e.V.
Küterstraße 7-9, 24103 Kiel
Telefon: 0431/248 28-0
Telefax: 0431/248 28-29
E-Mail: info@provieh.de
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PROVIEH erscheint viermal jährlich.


veröffentlicht im Schattenblick zum 14. Juli 2010