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JAGD/135: Novellierung der Landesjagdgesetze (tierrechte)


tierrechte 3.14 - Nr. 68, September 2014
Menschen für Tierrechte - Bundesverband der Tierversuchsgegner e.V

Novellierung der Landesjagdgesetze
Wir brauchen einen Paradigmenwechsel

Von Christina Ledermann



In mehreren Bundesländern, wie Nordrhein-Westfalen (NRW), Baden-Württemberg und dem Saarland, stehen derzeit Novellierungen der Landesjagdgesetze an. Und diese sind überfällig, denn die Jagdgesetzgebung ist antiquiert. Zukünftig soll das Jagdrecht an ökologischen Prinzipien und dem Tierschutz ausgerichtet werden.


In Deutschland werden jedes Jahr 5 Millionen Wildtiere, 1,3 Mio. davon in NRW, von Jägern getötet; über 90 Prozent davon ohne "vernünftigen Grund" gemäß Paragraph 1 Tierschutzgesetz. Betroffen sind auch Haustiere, insbesondere Hauskatzen (ca. 300.000) und Hunde (ca. 30.000). Erlaubt sind auch immer noch besonders tierquälerische Jagdmethoden wie Totschlagfallen, Beizjagd (Hetzjagd), Baujagd und Jagdhundeausbildung am lebenden Tier, beispielsweise mit flugunfähig gemachten Enten. Dabei reguliert die Jagd nicht, wie von den Jägern immer wieder behauptet wird. Seit 1950 haben sich die Paarhuferbestände in Deutschland trotz intensiver Bejagung vervierfacht. Hingegen zeigt der seit 40 Jahren jagdfreie Schweizer Kanton Genf: die Biodiversität war noch nie größer und die meisten Wildtierbestände regulieren sich selbstständig.


Kampagne "Jagdreform jetzt!"

Nun wollen die ersten Bundesländer das Jagdrecht nach neuesten wissenschaftlichen Erkenntnissen ausrichten. Zudem sollen rechtliche Fortentwicklungen wie die Aufnahme des Tierschutzes in die Landesverfassungen sowie das Staatsziel Tierschutz im Grundgesetz (2002) endlich berücksichtigt werden. Um diesen überfälligen Paradigmenwechsel zugunsten des Tierschutzes einzuleiten, hat in NRW ein breites Bündnis von Tier- und Naturschutzverbänden am 24. Juni die Kampagne "Jagdreform jetzt!"(*) ins Leben gerufen. Der 10-Punkte-Katalog und die Resolution (bitte mitmachen, siehe unten) enthalten Mindestanforderungen wie die Abschaffung des Haustierabschusses, der Fallenjagd und der Ausbildung am lebenden Tier. Ferner fordern die Organisationen eine drastische Reduzierung der Liste jagdbarer Arten, eine Verkürzung der Jagdzeiten sowie ein generelles Fütterungsverbot zur Einschränkung des Heranzüchtens künstlich überhöhter Rehwildpopulationen. Zudem sollen die traditionellen und besonders grausamen Jagdmethoden wie die Beiz- und die Fallenjagd verboten werden. Das Aussetzen jagdbarer, zuvor extra für diesen Zweck gezüchteter Tiere und die Ausbildung am lebenden Tier sollen ebenfalls nicht mehr erlaubt sein. Und: jeder Grundstückseigentümer soll problemlos aus der Zwangsmitgliedschaft der Jagdgenossenschaften austreten können.


Jäger machen mobil

In Baden-Württemberg soll der Kabinettsbeschluss im Herbst in den Landtag eingebracht werden. Gegen den massiven Widerstand der Jägerschaft scheinen wesentliche Verbesserungen im Sinne der Tiere erreicht worden zu sein, wie ein Verbot der Totschlagfallen, der Baujagd, des Haustierabschusses, der Fütterung sowie eine Wildruhe. In NRW soll ein erster Gesetzesentwurf nach der Sommerpause vorgelegt werden. Erwartungsgemäß machen die Jäger derzeit massiv gegen die Novellierung mobil. Dabei schrecken sie auch nicht vor der Diskreditierung der beteiligten Tierrechtsorganisationen zurück. Der Bundesverband wird sich davon jedoch nicht abschrecken lassen und ist überzeugt: Die Jäger werden sich von ihren Privilegien auf Dauer verabschieden müssen - sie können die gesellschaftliche und rechtliche Entwicklung zugunsten des Tierschutzes nicht weiter ignorieren.

(*) Bitte mitmachen:
Die Resolution für mehr Tier- und Naturschutz bei der Jagd in NRW können Sie hier online unterzeichnen:

www.bund-nrw.de/kampagne_jagdreform_jetzt


ERSTE SCHRITTE AUF DEM WEG ZUM ZIEL

Grundsätzlich fordert der Bundesverband Menschen für Tierrechte die sofortige Abschaffung der Jagd, da Tiere ein Recht auf Leben und Unversehrtheit haben. Dazu sind die im Land- und Bundestag vertretenen Parteien allerdings noch nicht bereit. Um den vielen Tieren Schmerzen und Leiden zu ersparen und zu einer spürbar besseren Lebenssituation für sie beizutragen, fordern wir von den Landesregierungen jetzt einen Paradigmenwechsel zugunsten des Tierschutzes bei der Jagd. Eine Verpflichtung dazu ergibt sich schon durch die Aufnahme des Tierschutzes in die NRW-Landesverfassung 2001 und durch das Staatsziel im Grundgesetz.

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Quelle:
tierrechte 3.14 - Nr. 68/September 2014, S. 16
Infodienst der Menschen für Tierrechte -
Bundesverband der Tierversuchsgegner e.V.
Roermonder Straße 4a, 52072 Aachen
Telefon: 0241/15 72 14, Fax: 0241/15 56 42
E-Mail: info@tierrechte.de
Internet: www.tierrechte.de
 
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veröffentlicht im Schattenblick zum 10. Oktober 2014