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MELDUNG/379: Appell an Kultusminister - Brieftaubenwesen darf kein Kulturerbe werden (MfT)


Menschen für Tierrechte - Bundesverband der Tierversuchsgegner e.V.
Pressemitteilung vom 30. November 2018

Appell an Kultusminister: Brieftaubenwesen darf kein Kulturerbe werden


In einem Brief appelliert der Bundesverband Menschen für Tierrechte an die Mitglieder der Kultusministerkonferenz, am 6. Dezember gegen die Anerkennung des Brieftaubenwesens als Immaterielles Kulturerbe zu stimmen. Der Verband begründet dies mit Verstößen gegen das Tierschutzgesetz. Zudem fordert er die Aufnahme des Tierschutzes in die Ethischen Prinzipien des Immateriellen Kulturerbes.

Der Verband Deutscher Brieftaubenzüchter e.V. hatte sich 2017 erfolgreich für die Aufnahme des "Brieftaubenwesens" in das nordrhein-westfälische (NRW) Landes- sowie in das Bundesinventar des Immateriellen Kulturerbes beworben (1). Die Auszeichnung im Landesinventar fand am 25. Oktober 2018 statt. NRW nominierte das Brieftaubenwesen zudem für eine Aufnahme in das bundesweite Verzeichnis, der das Expertenkomitee der UNESCO Kommission folgte. Am 6. Dezember wird die Kultusministerkonferenz über die Anerkennung entscheiden.

Tierleid für Freizeitsport

Der Bundesverband Menschen für Tierrechte spricht sich gegen die Aufnahme in das immaterielle Kulturerbe aus, weil die Praktiken des Brieftaubenwesens mit erheblichem Tierleiden einhergehen. Für diese gibt es nach Ansicht des Verbandes keinen vernünftigen Grund, wie im Tierschutzgesetz gefordert. "Aufgrund der vielen tierschutzrelevanten Kritikpunkte, ist es absolut inakzeptabel, das Brieftaubenwesen als Kulturerbe auszuzeichnen. Die Methoden sind tierverachtend und für eine moderne zivilisierte Gesellschaft inakzeptabel und rückschrittlich. In unserem Schreiben haben wir die gesetzwidrigen Methoden des Brieftaubenwesens beschrieben und Dokumente angefügt, die die harten Selektionskriterien für die "Daseinsberechtigung" der Tauben belegen", sagt Dr. Claudia Gerlach, Fachreferentin beim Bundesverband.

Körperliche und psychische Gewalt

Die 2,5 Millionen Brieftauben in Deutschland (2) dienen dem reinen Freizeitsport. Sie werden unter oft tierschutzwidrigen Bedingungen selektiert, auf Wettflügen teilweise bis zum Erschöpfungstod überfordert und mit teils gewaltsamen Methoden zu Hochleistungen gebracht. So werden die monogamen Tiere beispielsweise von Gelegen, Jungen oder Partner getrennt, damit sie hunderte, teilweise bis über tausend, Kilometer weit zurückfliegen. Auf Wettflügen kommt es im Durchschnitt zu jährlichen Verlustraten von bis zu 59 Prozent (3). Viele Tauben sterben durch Dehydrierung, Hunger, Erschöpfung oder Verletzungen. Überlebende schließen sich zum Teil Stadttaubenschwärmen an. Nach Ansicht des Verbandes würde eine Anerkennung des Brieftaubenwesens daher deren Zuwachs in den Städten legitimieren. Zudem werden bei Zucht und Selektion zur Generierung sogenannter As-Tauben viele Tiere ohne Betäubung oder Sachkundenachweis getötet (4).

Brieftaubensport verstößt gegen Tierschutzgesetz

Die Praktiken wiedersprechen nach Ansicht des Verbandes gleich mehreren Paragrafen des Tierschutzgesetzes (§ 1, § 3 Nr. 1, § 4 Nr. 1, §§ 17 und 18) und somit grundlegend einer Anerkennung als bundesweit schutzwürdiges Erbe der Menschheit. Der Tierschutz steht seit 2002 in der deutschen und seit 2004 in der EU-Verfassung. Der Verfassungsrang ist Grund und Verpflichtung, den Tierschutz in der Praxis konsequent durchzusetzen.

Tierschutz in die Ethischen Prinzipien aufnehmen

Der Bundesverband hat sich auch an Prof. Wulf, Vizepräsident der Deutschen UNESCO Kommission und Vorsitzender des Expertenkomitees Immaterielles Kulturerbe gewandt und gefordert, den Tierschutz als Beurteilungskriterium in die Ethischen Prinzipien im Umgang mit dem Immateriellen Kulturerbe aufzunehmen. "Um solche Fehlentscheidungen in Zukunft zu vermeiden, ist es unumgänglich, vor der Nominierung zu prüfen, ob die Praktiken tierschutzkonform sind. Dafür muss der Tierschutz schnellstmöglich in die Ethischen Kriterien aufgenommen werden", fordert Gerlach.


Anmerkungen:

(1) Schon im April hatte sich der Bundesverband Menschen für Tierrechte an das Ministerium für Kultur und Wissenschaft in Nordrhein-Westfalen gewandt und gefordert, der Nominierung nicht zu folgen. Doch die Einwendungen blieben erfolglos.

(2) Tierärztliche Vereinigung für Tierschutz e.V.: Tierschutz im Brieftaubensport. Merkblatt 121. Juli 2009, S. 3., Online unter: www.tierschutz-tvt.de Download unter: Sonstige Nutztiere > Merkblatt Nr. 121 - Brieftaubensport/Tierschutz (Stand: 2009)

(3) Warzecha, M., Kahlcke, K. und Kahlcke, M. (2009): Beitrag zur Ermittlung von Kennzahlen zu Verlusten bei Wettflügen von Brieftauben (Untersuchungszeitraum: 2004-2008).

(4) Siehe Video von PETA Deutschland: www.peta.de

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Quelle:
Pressemitteilung vom 30. November 2018
Menschen für Tierrechte - Bundesverband der Tierversuchsgegner e.V.
Geschäftsstelle: Mühlenstr. 7a, 40699 Erkrath
Telefon: 0211 / 22 08 56 48, Fax. 0211 / 22 08 56 49
E-Mail: info@tierrechte.de
Internet: www.tierrechte.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 1. Dezember 2018

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