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QUAL/090: Kampagne gegen Qualzucht und Qualhaltung von Puten (PROVIEH)


PROVIEH MAGAZIN - Ausgabe 3/2017
Magazin des Vereins gegen tierquälerische Massentierhaltung e.V.

Kampagne gegen Qualzucht und Qualhaltung


PROVIEH ruft gemeinsam mit weiteren Unterzeichnern dazu auf, eine tiergerechte Zukunftsstrategie in der Tierzucht und Tierhaltung zu erarbeiten und fordert eine sofortige Beendigung der Qualzucht und Qualhaltung von Puten.

Der Wissenschaftliche Beirat für Agrarpolitik beim Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft kommt in seinem Gutachten "Wege zu einer gesellschaftlich akzeptierten Nutztierhaltung" von März 2015 zu dem Schluss, dass unsere derzeitige Nutztierhaltung hinsichtlich relevanter gesellschaftlicher Ziele wie Umwelt-, Tier- und Verbraucherschutz nicht zukunftsfähig ist. Deshalb fordern wir tiefgreifende Änderungen in der Nutztierhaltung, da die tägliche Praxis unserer landwirtschaftlichen Produktion in hohem Maße mit Qualzucht und Qualhaltung verbunden ist.


Qualzucht

Unter Qualzucht ist die Ausübung von Zuchtmaßnahmen zu verstehen, die bei den betroffenen Tieren zu unzumutbaren Schmerzen, Leiden, Gesundheitsschäden und Verhaltensstörungen führt. Das Leid der Tiere aus wirtschaftlichen und gewinnorientierten Interessen zu fördern, heißt einen ethisch nicht verantwortbaren Zustand billigend in Kauf zu nehmen. Nach Paragraph 11 b des Deutschen Tierschutzgesetzes ist Qualzucht verboten. In der Praxis wird diese gesetzliche Bestimmung jedoch mangelhaft umgesetzt und in der Rechtsprechung viel zu tierhalterfreundlich ausgelegt.


Qualhaltung

Unter Qualhaltung ist eine Tierhaltung zu verstehen, die bei den betroffenen Tieren zu Dauerstress führt. Dieser wird erzeugt durch zu hohe Besatzdichten, lebenslanges Dahinvegetieren im eigenen Kot, Aufwachsen in geschlossenen Hallen ohne Freilandzugang sowie durch Verstümmelungen und Verhinderung artgerechten Verhaltens. Eine solche Qualhaltung wird in erschreckendem Ausmaß rechtswidrig geduldet, da klare Definitionen fehlen, wann Tierzucht zu Qualzucht und Tierhaltung zu Qualhaltung werden. Dementsprechend müssen vom Gesetzgeber unbedingt und ohne weiteren Verzug - wie von veterinärmedizinischer Seite seit langem gefordert - verbindliche Parameter erarbeitet werden, an denen sich Züchter und Vollzugsbehörden orientieren können. Das Ausmaß zumutbarer Einschränkungen muss von züchtungs- und haltungsbedingten unzumutbaren Schädigungen, Schmerzen und Leiden abgegrenzt werden.


Das lebenslange Leid der Puten

Besonders eklatant sind die Missstände hinsichtlich Qualzucht und Qualhaltung in der tierindustriellen Produktion von Puten. Kaum eine Tierart hat in ihrer Entwicklung zum landwirtschaftlich genutzten Tier so viele genetische Manipulationen über sich ergehen lassen müssen und ist unter Berücksichtigung ethischer Erwägungen ungeeigneter für die industrielle Intensivhaltung als die Pute. So werden die Zuchtrassen "Converter" und "Big-6" so schwer und unbeweglich, dass ihnen die natürliche Fortpflanzung nicht möglich ist. Die männlichen Tiere werden gut fünf Mal so schwer wie ihre natürlichen Artgenossen. Sie leiden unter Lahmheit, Nekrose der tiefen Brustmuskulatur (Absterben von Gewebezellen) und Beinschwäche. Damit sie sich nicht in den strukturlosen und viel zu dicht besetzten Hallen gegenseitig picken, werden ihnen die Schnäbel kupiert. Eine EU-Tierschutzrichtlinie für Putenhaltung gibt es nicht.

PROVIEH kämpft gegen Qualzucht und Qualhaltung. Deshalb schließen wir uns der diesbezüglichen Initiative des Fördervereins des Peter Singer-Preises für Strategien zur Tierleidminderung, insbesondere bei Puten, an.

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Quelle:
PROVIEH MAGAZIN - Ausgabe 3/2017, Seite 20-21
Herausgeber: PROVIEH - Verein gegen
tierquälerische Massentierhaltung e.V.
Küterstraße 7-9, 24103 Kiel
Telefon: 0431/248 28-0, Telefax: 0431/248 28-29
E-Mail: info@provieh.de
Internet: www.provieh.de
 
PROVIEH erscheint viermal jährlich.


veröffentlicht im Schattenblick zum 29. November 2017

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