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ABWASSER/237: Smarte Lösungen für die Abwassernutzung (UFZ-Spezial)


Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung GmbH - UFZ
UFZ-Spezial Juni 2011: In Sachen Wasser

Smarte Lösungen für die Abwassernutzung

von Gundula Lasch


Neue Konzepte einer dezentralen Wasserwirtschaft für den Nahen Osten werden im internationalen Forschungsprojekt SMART (Sustainable Management of Available Water Resources with Innovative Technologies) entwickelt. Wie dezentrale Abwasserreinigung und -wiederverwendung konkret funktionieren kann, werden die Bewohner eines jordanischen Dorfes bald mit wissenschaftlicher Begleitung ausprobieren.

Der Nahe Osten ist eine der wasserärmsten Regionen der Welt. Zusammen mit jordanischen, palästinensischen und israelischen Kollegen suchen die Helmholtz-Forscher nach Wegen, die Wasserversorgung in der Region zu stabilisieren. Ziel ist, die knappen Ressourcen bestmöglich zu nutzen und deshalb auch die Wiederverwertung von Abwasserströmen - mit Rücksicht auf religiöse Vorschriften - zu ermöglichen. "Das ist eine echte Herausforderung, die nur mithilfe lokaler Akteure und der Akzeptanz der Bevölkerung zu realisieren ist", weiß Dr. Roland Müller, Projektleiter von SMART. Teil dieses 2007 gestarteten Projekts ist eine dezentrale Abwasserstrategie für Jordanien, die von Forschern des UFZ gemeinsam mit den lokalen Akteuren entwickelt und 2009 von der jordanischen Regierung beschlossen wurde. Erstes Ergebnis war im März 2010 die Inbetriebnahme des SMART-Forschungs- und Demonstrationsstandortes mit mehreren Pilotanlagen zur dezentralen Abwasserreinigung im jordanischen Fuheis bei Amman. Der Standort, der an die Technische Universität Al-Balqua übergeben wurde, war vom UFZ in Zusammenarbeit mit dem Bildungs- und Demonstrationszentrum für dezentrale Abwasserbehandlung e. V. (BDZ) in Leipzig konzipiert und entwickelt worden. Finanzielle Unterstützung leisten das BMBF sowie die beteiligten Unternehmen.

Die Erkenntnisse aus den Demonstrationsanlagen in Fuheis werden nun in einem nächsten Schritt auf reale Standorte in weiteren Dörfern übertragen: "Neun bis zwölf Anlagen sollen an den ausgewählten Standorten in Jordanien entstehen", erklärt Müller. Die Größe der dezentralen Abwasseranlagen soll extrem variabel sein - von der Einzelhauslösung bis hin zu Systemen für ein kleines Dorf mit maximal 300 Einwohnern. Ziel ist es, Erfahrungen und konkrete Zahlen zu generieren, Erkenntnisse über Zuständigkeiten, Kosten und nötige Wartungsarbeiten zu gewinnen, um eine weitere Verbreitung dezentraler Technologien vorzubereiten. Dabei kommen ganz unterschiedliche technologische Systeme zum Einsatz: An die Standortbedingungen adaptierte bepflanzte Bodenfiltersysteme, Membran-Bioreaktoren oder Sequencing Batch Reaktoren. Müllers Mitarbeiter Dr. Manfred van Afferden lobt die konstruktive Zusammenarbeit: "Wir kommen gut voran, denn alle Akteure ziehen an einem Strang, auch eigentlich konkurrierende Firmen. Unsere Wortschöpfung dafür ist Coopetition - eine Mischung aus Cooperation und Competition."

Die gerade begonnene dritte Phase des SMART-Projekts besteht darin, größere Einzugsgebiete zu betrachten und die Realisierung konkreter Projekte anzuschieben: "Wir haben auf der Basis unserer bisherigen Forschungsergebnisse eine Prioritätenliste erstellt und danach geeignete Regionen gemeinsam mit dem jordanischen Wasserministerium ausgewählt. In Zusammenarbeit mit dem BDZ sollen nun - unabhängig von der angewandten Technologie - Systemlösungen erarbeitet und angeboten werden", betont Müller. Die Idee der UFZ-Forscher für Jordanien: Dezentrale Infrastrukturcluster, die aber zentral finanziert, betrieben und gewartet werden. Derzeit führen die beiden Leipziger gemeinsam mit anderen Projektbeteiligten Gespräche mit allen involvierten jordanischen Ministerien, lokalen und regionalen Entscheidungsträgern. "Die große Akzeptanz und das Vertrauen der Jordanier schaffen eine gute Basis für die nächsten Schritte", betonen die Wissenschaftler. Vor ihnen liegt eine gewaltige Aufgabe, denn nach den politischen Entscheidungen geht es darum, die Bevölkerung zu informieren und zu sensibilisieren, Bedenken auszuräumen und Know-how zu vermitteln. Denn wichtig ist nicht nur die schonende Verwendung der vorhandenen Ressourcen, sondern vor allem auch die Teilhabe der Bevölkerung an einem verbesserten Wassermanagement. "Wenn die Leute verstanden haben, das wiedergenutztes Abwasser ihre Felder bewässern oder ihre Stadt begrünen kann, werden sie sich den neuen Technologien sicher nicht verschließen", sind sich Müller und van Afferden einig.


UFZ-Ansprechpartner:
Dr. Roland Müller (Leiter),
Dr. Manfred van Afferden
Dept. Umwelt- und Biotechnologisches Zentrum

e-mail: roland.mueller[at]ufz.de; manfred.afferden[at]ufz.de
mehr Informationen und Trailer (Video): www.ufz.de/smart


Bildunterschrift der im Schattenblick nicht veröffentlichten Abbildung der Originalpublikation:

In der Pilot- und Demonstrationsanlage in Fuheis (Jordanien) werden mit unterschiedlichen Systemen dezentrale Technologien zur Abwasserreinigung getestet.


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Quelle:
UFZ-Spezial Juni 2011: In Sachen Wasser, S. 20
Herausgeber:
Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung GmbH - UFZ
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veröffentlicht im Schattenblick zum 3. September 2011