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ATOM/793: Gorleben - Standortauswahl vor über 30 Jahren "per Handstr(e)ich" (BI Lüchow-Dannenberg)


Bürgerinitiative Umweltschutz Lüchow-Dannenberg e.V. - Pressemitteilung vom 30. Januar 2009

Gorleben - Auswahl des Standortes vor über 30 Jahren "per Handstr(e)ich"


Gorleben war nach dem einzigen regierungsunabhängigen Gutachten Mitte der 70er Jahre überhaupt nicht als Standort für ein Nukleares Entsorgungszentrum (NEZ) im Gespräch. Das berichtet die Elbe-Jeetzel-Zeitung (EJZ) in ihrer Samstagausgabe unter Berufung auf Akten, die den Landtagsfraktionen in Hannover mittlerweile vorliegen. Demnach hatte der TÜV Hannover den Auftrag bekommen, mögliche Standorte für ein NEZ einer Prüfung zu unterziehen und diese dem interministeriellen Ausschuss des Landes, der mit der Standortauswahl betraut war, vorzulegen.

"Auf Seite 50 finden sich die zusammenfassenden Bewertungen aller acht untersuchten Standorte. Gorleben ist nicht dabei. Merkwürdigerweise findet sich die Seite 50 noch einmal in den Unterlagen, als Einzelexponat. Sie ist mit der aus dem Gutachten identisch - bis auf eine Kleinigkeit: Mit feiner Hand wurde das Bewertungsraster um zwei Rubriken erweitert. Darin tauchen handschriftlich die beiden ursprünglich nicht untersuchten Standorte Mariaglück und - Gorleben auf", berichtet die EJZ.

Die Bürgerinitiative Umweltschutz Lüchow-Dannenberg (BI) steuert diesem Bericht noch die Folgegeschichte bei. "Sieben Standorte blieben nach der urplötzlichen Aufnahme von Gorleben und Mariaglück bei Celle nach den Unterlagen des interministeriellen Ausschusses. Die Geologie spielte dabei eine völlig untergeordnete Rolle. Wichtig war es den Standortsuchern vor allem, ein Terrain von 12 Quadratkilometern zu finden mit einem Salzstock möglichst unter diesem unbesiedelten Areal". Das gehe aus dem Bericht des Wirtschaftsministeriums vom 9.12.1976 hervor, der der BI vorliegt. Die "Endlagergeologie" wurde dabei mit lediglich 12,8% gewichtet. Infrastrukturelle Anbindung, Besiedlungsdichte und polizeiliche Sicherung waren den Standortsuchern wichtiger.

Die Akten, die belegen, wie es in den Jahren 1976 und 1977 zur Wahl Gorlebens als Standort für ein Nukleares Entsorgungszentrum kam, lagen bisher unter Verschluss. Im Sommer letzten Jahres forderten die Oppositionsparteien im niedersächsischen Landtag, SPD, Grüne und Linke, unisono deren Freigabe. Zunächst sperrte sich die Staatskanzlei, die Freigabe der Gorleben-Akten, so ihr Argument, könnten das "Regierungshandeln gefährden". Gegenüber der Bürgerinitiative Umweltschutz Lüchow-Dannenberg (BI) sagte der niedersächsische Ministerpräsident Wulff auf seiner Sommertour mit Zwischenstopp im Rundling Lübeln schließlich zu, dass die Akten frei gegeben würden.

"Jetzt zerbröseln die Behauptungen des niedersächsischen Umweltministeriums und der Gesellschaft für Nuklearservice (GNS), wie sie seit dem Endlagersymposium im Herbst 2008 vorgetragen wurden, die Wahl Gorlebens sei das Ergebnis eines wissenschaftlichen Auswahlverfahrens gewesen", kommentiert BI-Sprecher Wolfgang Ehmke. Das nachweislich unwissenschaftliche Auswahlverfahren werde wie ein Bumerang in einem atomrechtlichen Genehmigungsverfahren auf die Antragsteller zurückfallen.


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Quelle:
Pressemitteilung, 30.01.2010
Bürgerinitiative Umweltschutz Lüchow-Dannenberg e.V.
Rosenstr. 20, 29439 Lüchow
Tel. 05841/46 84, Fax: 05841/31 97
E-Mail: buero@bi-luechow-dannenberg.de
Internet: www.bi-luechow-dannenberg.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 31. Januar 2010