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ATOM/1279: Probleme und Gefahren bei der deutschen Zwischenlagerung (Gorleben Rundschau)


Gorleben Rundschau - I-II/2018, 40. Jahrgang, Ausgabe 1064
Wir sind die Wenden: Energie · Klima · Mobilität · Gesellschaft

Probleme und Gefahren bei der deutschen Zwischenlagerung

Mitarbeit Asta von Oppen, Wolfgang Ehmke und Andreas Conradt


Analyse
Viele Experten halten den Zeitplan für die Suche nach einem "Endlager" - Benennung eines Standorts bis 2031, Inbetriebnahme 2050 - für zu optimistisch. Die Frage wird demnach immer drängender: Welche Konsequenzen ergeben sich daraus, dass mit einer Endlagerung von insbesondere hochradioaktiven Abfällen ab dem Jahr 2050 nicht wirklich zu rechnen ist? Wenn rund 1900 Castorbehältern bis zu hundert Jahre aufbewahrt werden müssen, wenn also aus der Zwischenlagerung eine Dauerlagerung wird?


Eine neue Studie (1) des Bunds für Umwelt und Naturschutz will die drängenden Fragen bei der Lagerung von Atommüll bis zur Errichtung eines "Endlagers" beleuchten. Der BUND fordert darin die Überprüfung des deutschen Atommüllzwischenlager-Konzepts. Die Atomsicherheitsexpertin Oda Becker kommt in ihrer Studie zu dem Ergebnis, dass Sicherung und Sicherheit der Atommüllzwischenlager problematisch sind. Defizite sieht die Studienautorin unter anderem bei fehlenden Reparatur- und Inspektionsmöglichkeiten und bei dem unzureichenden Schutz gegen potenzielle Terroranschläge. Außerdem würden die Zwischenlager deutlich länger als geplant und bisher genehmigt in Betrieb bleiben müssen, weil mit der Einlagerung des Atommülls in ein tiefengeologisches Lager erst ab 2050 oder deutlich später begonnen werden könne. Dies bringe neue Risiken.

"Die Zwischenlager werden deutlich länger als geplant und bisher genehmigt in Betrieb bleiben müssen"

Der BUND verlangt von den zuständigen Politikern in Bund und Ländern, diese Probleme endlich offen zu thematisieren. Dazu der Vorsitzende Hubert Weiger: "Es muss Schluss sein mit einer Politik des Durchwurschtelns. Angesichts der zunehmenden Sicherheitsrisiken brauchen wir einen breiten öffentlichen Diskurs unter Beteiligung der Menschen an den Zwischenlagerstandorten. Zu diskutieren ist, wie die Zwischenlagerung weitergehen soll, welche Nachrüstungen erforderlich sind und ob eventuell verbesserte Neubauten die alten Lager ersetzen müssen."

Hunderte Castoren

Behälter mit hoch radioaktivem Atommüll stehen in den zentralen Zwischenlagern in Gorleben, Ahaus und Lubmin. Daneben gibt es zwölf weitere Standortzwischenlager bei den Atomkraftwerken (AKWs) und das Behälterlager in Jülich. Trotz Nachrüstungen an einigen Zwischenlagergebäuden sei der Terrorschutz unzureichend. "Eine bewaffnete und entschlossene Terrorgruppe ist nach wie vor in der Lage, in die oberirdischen Zwischenlager einzudringen", so Becker. Auch mit Blick auf die erwarteten, langen Lagerzeiträume müsse eine deutliche Verbesserung des Schutzes gegen Terrorangriffe erfolgen. Die Sicherheitsnachweise für die Castorbehälter in den Zwischenlagern sind nur für vierzig Jahre geführt worden. Bei einer verlängerten Zwischenlagerung könnten Alterungseffekte negative Auswirkungen auf die Sicherheit der Zwischenlager haben. "Sicherheitstechnisch relevant sind dabei Material- und Zustandsänderungen vor allem an der Primärdeckeldichtung, dem Tragkorb zur Aufnahme von Brennelementen, der Behälterinnenwand, dem Neutronenabsorber sowie dem Inventar", so Becker. Hinsichtlich der fehlenden Erfahrungen mit Alterungseffekten bedürfe es umfangreicher Forschung und der Inspektion der Behälter. An allen Zwischenlagerstandorten fehlten nach Stilllegung der Atomkraftwerke Möglichkeiten zur Reparatur schadhafter Castorbehälter.

Diese würden auch benötigt, um wegen der längeren Zwischenlagerungsdauer mindestens stichprobenweise den Zustand von Behälterinventaren und Behälterinnenkomponenten zu prüfen. Oda Becker: "Es sollten an allen langfristigen Zwischenlagerstandorten während der gesamten zu erwartenden Betriebszeit "Heiße Zellen" vorhanden sein, in denen Reparaturen der Behälter sowie die Überprüfungen von Inventar und Einbauten im Behälterinnenraum möglich sind."

Vor dem Hintergrund der vorliegenden Ergebnisse fordert der BUND vom Bundestag, die längst überfällige öffentliche Debatte über die Atommüllzwischenlagerung zu starten.

"Wer Vertrauen in ein neues Suchverfahren für ein Atommüll-'Endlager' aufbauen will, der muss auch die derzeitigen Zwischenlagerprobleme offen diskutieren und unter Beteiligung der aktuell Betroffenen das Atommüllzwischenlagerkonzept überprüfen", fordert der BUND-Vorsitzende Hubert Weiger.

Als ersten wichtigen Schritt gelte es, die jetzt anstehenden Genehmigungsverfahren für die Aufnahme der Castorbehälter aus der Wiederaufarbeitung in vier Standortzwischenlager mit Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) und breit angelegter Öffentlichkeitsbeteiligung durchzuführen.

*

Bei aller Zustimmung für das Problematisieren der verlängerten Zwischenlagerung, kommt Kritik an der BUND-Studie auch aus der Anti-Atom-Szene. Ein Kommentar von Wolfgang Ehmke von der Bürgerinitiative Umweltschutz Lüchow-Dannenberg.

Bislang kommen kritische Betrachtungen der Probleme, die sich aus einer Dauerzwischenlagerung ergeben, nicht von staatlicher Seite, sondern von einer Umweltorganisation, hier dem BUND (1), und der Zeitschrift "Strahlentelex" (2), die einen Beitrag des Reaktorexperten Dr. Rainer Moormann veröffentlichte.

Politik muss handeln

Wir erwarten aber auch von staatlicher Seite, dass die Politik diese Möglichkeit ernsthaft in Betracht zieht und umgehend eine kritische Bestandsaufnahme und einen abgestuften Maßnahmenplan für eine langfristige Zwischenlagerung erarbeitet.

Zuständig für die Atommüll-Zwischenlagerung ist seit dem 1. August nicht mehr die Gesellschaft für Nuklearservice (GNS), sondern der Bund. Dazu wurde eigens die bundeseigene Gesellschaft für Zwischenlagerung (BGZ) gegründet. Doch von dort kommen nur bekannte Töne, denn die Belegschaft der GNS wurde zu hundert Prozent übernommen. Zwar ist mit dem Ex-Staatssekretär im Bundesumweltministerium, Jochen Flasbarth, ein ehemaliger Umweltschützer zum Chef der BGZ ernannt worden. Flasbarth war zwischen 1994 und 2003 Präsident des Naturschutzbundes NABU, bevor er in das Bundesumweltministerium wechselte. Aber mit der neuen Aufsicht in Gorleben werde sich praktisch kaum etwas ändern, sagte Charl Liebich, Sprecher der BGZ, gegenüber dem NDR. Der Atommüll müsse weiter überwacht und gesichert werden.

Umso wichtiger ist es, dass wir auf flagrante Sicherheitsmängel hinweisen. Dazu hat der BUND nun eine ausführliche Stellungnahme vorgelegt. Die Bürgerinitiative Lüchow-Dannenberg (BI) kann der Autorin des Gutachtens, Oda Becker, jedoch nicht in allen Punkten folgen. Richtig ist, dass sich aus einer Lagerung hochradioaktiver Abfälle über die bisher angenommenen vierzig Jahre hinaus in allen Zwischenlagern - den kraftwerksfernen wie denen in Ahaus, Gorleben und Greifswald/Lubmin und in den kraftwerksnahen - zwei Aspekte bedeutsam sind: die Alterung und ein Schutz gegen Einwirkung Dritter (gemeint sind zivile Unfälle wie ein Flugzeugabsturz und gezielte Terrorangriffe). Das sieht auch Moormann so.

Die Zwischenlager in Ahaus und Gorleben sind bauartbedingt besonders unsicher

Oda Becker betrachtet ausführlich den Forschungs- und Nachrüstungsbedarf. Und sie fordert vordringlich für Reparaturen "Heiße Zellen" am jeweiligen Dauerlagerstandort. Das greift unseres Erachtens zu kurz.

Zu unterscheiden wäre viel schärfer zwischen "Zwischenlagerung" (short term) und Dauerlagerung (long term). Angesichts der noch nicht gelösten Probleme bei der Endlagerung und des nicht absehbaren Termins für deren Beginn müssen wir davon ausgehen, dass eine Dauerlagerung des Atommülls notwendig ist. Die bisherigen Lagerstätten sind für eine so lange Zeitdauer aber nicht ausgelegt. Die entscheidende Frage ist, ob es möglich ist, sie entsprechend nachzurüsten - oder ob letztendlich neue Zwischenlager gebaut werden müssen.

Keine "Heißen Zellen"

Die Forderung der BUND-Stellungnahme, an den bestehenden Lagern "Heiße Zellen" für die Reparatur defekter Behälter einzurichten, ist deshalb auf den ersten Blick naheliegend. Rainer Moormann hält sie dagegen nicht für notwendig: Die Deckelsysteme und Dichtungen ließen sich auch im Reparaturbereich eines Lagers reparieren, solange nicht unterstellt wird, dass beide Deckeldichtungen zeitgleich versagen.

Wir wollen die Gefahr, dass Castorbehälter im normalen Zwischenlager-Betrieb in eine kritische Situation geraten könnten, nicht herunterspielen. Aber unserer Meinung nach ist sie im Vergleich zu der Frage, ob die bisherigen Zwischenlagerhallen Bestand haben oder nicht, als nachrangig zu betrachten. Denn die Sicherheitsfrage stellt sich sofort und ganz dringend, wenn in den Fokus die "Einwirkungen von außen" wie ein Flugzeugabsturz oder kriegerische sowie terroristische Attacken gerückt werden. Dazu muss man wissen, dass es trotz aller Versuche der kritischen Öffentlichkeit bisher nicht möglich war, eine Flugverbotszone für Zwischenlager durchzusetzen.

Vorrangig ist also die Frage, welches Zwischenlager-Konzept gegen Einwirkungen von außen die größtmögliche Sicherheit bietet.

Andere Konzepte prüfen

In den USA sollen Atommüll-Behälter zum Schutz gegen Terrorangriffe nicht mehr oberirdisch gelagert werden. Der Forschungsverbund ENTRIA, eingerichtet vom Bundesministerium für Bildung und Forschung, befasste sich auch mit diesen Modellen, vor allem mit dem niederländischen Konzept, das weitgehend "ausgereift" ist. Die ENTRIA-Arbeitsgruppe aus Braunschweig hat das niederländische Modell unter die Lupe genommen. (3) Diese im Vergleich zur deutschen Zwischenlagerung deutlich unterschiedlichen Sicherheits-Konzepte betrachtet die BUND-Stellungnahme unserer Meinung nach nicht ausreichend.

Bezüglich der Einwirkung Dritter verweist Oda Becker selbst auf das Brunsbüttel-Urteil und differenziert zwischen den Lagern in Nord- und Süddeutschland, die in der Tat große Unterschiede aufweisen:

Während die Standort-Zwischenlager in Norddeutschland nach dem so genannten STEAG-Konzept errichtet wurden, ähnelt das TBL-Gorleben den Anlagen, die im süddeutschen Raum nach dem so genannten WTI-Konzept gebaut wurden. Das STEAG-Konzept verfügt über die massivere Bauweise mit Wandstärken von etwa 1,20 Metern sowie einer Dachdecke mit einer Stärke von rund 1,30 Metern. Zum Vergleich: Der "Vollschutz" gegen einen Flugzeugabsturz für Atomkraftwerke setzt, abhängig von der Betonfestigkeit, Wandstärken von 150 bis 180 Zentimeter voraus. Ganz anders in Ahaus und Gorleben. Die Wärmeabfuhr aus den Lagerhallen erfolgt ohne jede Filterung mittels Belüftungsöffnungen im unteren Teil der Wände und Entlüftungsöffnungen im Dachbereich. Die Außenwände sind nur einen halben Meter dick und verjüngen sich kubisch auf weniger als die Hälfte. Die Hallendecken in Ahaus und Gorleben weisen nach unseren Informationen sogar nur Stärken von 20 Zentimetern auf! In der Stellungnahme "Stresstest" der Entsorgungskommission war übrigens angegeben, dass bei einer längeren Überschreitung der Schneelast Risse an den Dachbindern entstehen können, die zu Rost führen können. (4)

Deshalb heißt das TBL-Gorleben im Volksmund auch schlicht "Kartoffelscheune". In unseren Augen ist es zweifelhaft, dass ein solcher Schlichtbau bautechnisch - etwa mit der geplanten zweiten Wand - so weit aufgerüstet werden kann, dass er die Castoren gegen Flugzeugabstürze oder Terrorangriffe schützt. Wir halten es für unumgänglich, dieses Lager außer Betrieb zu nehmen.

PKA ist veraltet

In Gorleben gibt es mit der Pilot-Konditionierungsanlage (PKA) sogar die geforderte "Heiße Zelle". Die Studie des BUND stellt aber nicht klar, dass diese PKA kein Modell für die geforderte heiße Zelle ist. Die Anlage ist völlig veraltet - leider verliert Oda Becker kein Wort darüber. Zu dieser Frage hat ihr Kollege Wolfgang Neumann eine umfassende Expertise verfasst. Die PKA ist nur auf dem Papier ein "Referenz"-Modell: Sie entspricht nicht dem heutigen Stand von Wissenschaft und Technik. Dies gilt in Bezug auf die elektronischen Systeme und die Pufferlagerkapazitäten. In Bezug auf Störfälle gilt dies auch für einige Sicherheitsnachweise wie Erdbeben, einen langanhaltender Stromausfall oder anlageninternen Brand oder den Absturz eines schnell fliegenden Militärflugzeugs. Außerdem ist die Anlage nicht gegen den Absturz eines Großraumflugzeugs oder gegen Terrorschläge ausgelegt.

Grundsätzlich ist die Dauerlagerung von Atommüll nicht abgetrennt von einer angeblich neuen "Endlager"-Suche zu betrachten. Wir haben zur Kenntnis genommen, dass das nationale Entsorgungsprogramm ein Eingangslager für die Castorbehälter am mutmaßlichen Endlagerstandort favorisiert. Diese Ambiguität haben wir im Blick, denn der kann aus geologischer und politischer Sicht nicht Gorleben sein. Allen Versuchen, den Salzstock Gorleben weiter im Spiel zu belassen und die Such- und Sicherheitskriterien "wissenschaftlich" so abzufassen, dass der Standort "geht", werden wir weiter entschieden entgegentreten.

Aus unserer Sicht ergibt sich ein abgestufter Handlungsbedarf: Ahaus und Gorleben und die WTI-Lager taugen schon jetzt nicht mehr als sichere Zwischenlager (short term) - als Dauerlager (long term) taugen sie keinesfalls. So genannte "Härtungen", also Nachbesserungen oder Ähnliches, wie auch die ausufernde Debatte um "Heiße Zellen", lenken von dieser zentralen Forderung ab. Käme es tatsächlich nur zu flüchtigen Nachrüstungen an Anlagen, die in Wirklichkeit heute nicht mehr so gebaut würden, wäre ein Widerruf der Betriebsgenehmigungen die richtige Antwort! Wir müssen eine Debatte um die Sicherheit der Lagerstätten führen und dabei Grundsätze und Forderungen formulieren. Die Dauerlager müssen folgende Kriterien erfüllen:

1. Der sicherheitstechnische Zustand der Lagerbehälter darf sich für einen Zeitraum von mindestens hundert Jahren nicht verändern.

2. Sie müssen ein Mehrbarrierensystem gegen mechanische und thermische Einwirkungen besitzen, Redundanz und Robustheit müssen gegeben sein.

3. Die Behälter müssen wirksam vor allen denkbaren Umwelteinflüssen geschützt werden (Erdbeben, Überflutung, Feuer, Sturm, Starkregen etc.).

4. Sie müssen einen wirksamen Schutz vor terroristischen und kriegerischen Aktivitäten und digitalen Angriffe bieten.

5. Sie müssen gegen "innere Bedrohungen", wie zum Beispiel den Zusammenbruch von Versorgungsleitungen und gegen Sabotage geschützt sein.

Und natürlich müssen wir darauf achten, dass die Öffentlichkeit nicht übergangen wird, zum Beispiel durch den Verweis auf einen bestehenden Rechtsschutz der Anlagen.

Sofortiger Ausstieg nötig

Neben der Informationspflicht der Betreiber tragen Debatten, Einspruchsrechte von Betroffenen, Klagerechte und anderes dazu bei, eine größtmögliche Sicherheit dieser Atomanlagen zu erreichen. Denn wegzaubern lässt sich der Atommüll nicht. Die Menge lässt sich jedoch begrenzen durch einen sofortigen Atomausstieg, der auch die Brennelementefabrik in Lingen und die Urananreicherungsanlage in Gronau einschließt. Dort fällt ohne zeitliche Begrenzung Atommüll an, denn diese Anlagen sind sogar vom Atomausstieg bis 2020 ausgenommen.

Ein "Weiter So!", wie es vonseiten des neuerdings staatlichen Betreibers offenbar angestrebt wird, kann und darf es nicht mehr geben.

Kritik an der Ignoranz der Regierung gegenüber der Problematik einer verlängerten Zwischenlagerung kommt auch von verschiedenen anderen Stellen.

"Der Umgang mit der weiteren Zwischenlagerung hochradioaktiver Abfälle muss auf den Prüfstand", sagt etwa Hubertus Zdebel, Sprecher der Fraktion DIE LINKE für den Atomausstieg. "Wachsende Terrorgefahr und deutlich verlängerte Laufzeiten der Zwischenlager erfordern eine umfassende Neubewertung der Risiken. Bundestag und Bundesregierung sind gefordert, die Weichen für mehr Sicherheit zu stellen und für eine transparente Diskussion zu sorgen, an der die Öffentlichkeit und die betroffenen Standortregionen beteiligt werden müssen".

Der Umgang mit der weiteren Zwischenlagerung hoch radioaktiver Abfälle muss auf den Prüfstand

Die Feststellung, dass eine bewaffnete und entschlossene Terrorgruppe in oberirdische Zwischenlager eindringen könnte, sei alarmierend. Es bestehe Handlungsbedarf. Insbesondere müssten die noch in Betrieb befindlichen Atommeiler abgeschaltet werden, um nicht noch mehr Atommüll zu erzeugen.

Kommission und Gremium

"Bereits die Endlager-Kommission hatte betont", so Zdebel weiter, "nicht nur 'die Endlagerung von hoch radioaktiven Abfallstoffen sondern auch deren notwendige Zwischenlagerung auf den Prüfstand zu stellen'." Auch unter den Berichterstattern der Fraktionen habe es Übereinstimmung in dieser Frage gegeben. Hilfreich könne sein, dass sich das neue Nationale Begleitgremium (NBG) bei der Endlagersuche inzwischen des Themas angenommen und dazu Gutachten in Auftrag gegeben habe. Anfang Februar soll dazu eine öffentliche Tagung des NBG durchgeführt werden.

Die Beteiligung der Öffentlichkeit ist eine der wichtigsten Forderungen der Anti-Atom-Bewegung

"Angesicht der Risiken können die Bürger zurecht vom Bundestag und der Bundesregierung erwarten, dass sie für eine neue Sicherheitsdebatte und entsprechende Maßnahmen sorgen. Schon bei den jetzt anlaufenden Genehmigungsverfahren für die Rücknahme von Atommüll aus dem Ausland in die Zwischenlager von Brokdorf, Biblis, Philippsburg und Isar/Ohu muss die Bundesregierung Farbe bekennen und in jedem Fall für eine Beteiligung der Öffentlichkeit sorgen. Sonst lässt sich kaum neues Vertrauen in den staatlichen Umgang mit Atommüll gewinnen."

Auch Transporte bedenken

Die so genannte "Atommüllkonferenz" schließlich, ein regelmäßiges Treffen der Anti-Atom-Bewegung zum Themenschwerpunkt Atommüll, befasst sich auch mit den Transportrisiken hoch radioaktiver Abfälle.

So könne der Integritätsverlust eines Behälters während des Transports durch einen Unfall oder Terrorangriff massive Strahlendosen in der Umgebung verursachen. Neben den Rücktransporten aus Frankreich und Großbritannien und der Umlagerung von Obrigheim nach Neckarwestheim seien Transporte bestrahlter Brennelemente aus den Forschungsreaktoren in Garching, Mainz und Berlin in das Zwischenlager Ahaus geplant.

Insbesondere der Transport mit hoch angereichertem, waffenfähigen Uran aus Garching berge unverhältnismäßig hohe Risiken.


Buch zum Thema:

"Zwischenlagerung hoch radioaktiver Abfälle - Randbedingungen und Lösungsansätze zu den aktuellen Herausforderungen"
Dennis Köhnke, Manuel Reichardt, Franziska Semper (Hrsg.)

Gebundene Ausgabe: 207 Seiten
Verlag: Springer
ISBN: 978-3658190392
EUR 34,99

Einen Plan B für ein Scheitern oder eine Verzögerung der Endlagerung (in Gorleben) hat es in Deutschland bisher nicht gegeben. Forschung zu verlängerter Zwischenlagerung lag so gut wie gar nicht vor.

Im Rahmen des interdisziplinären Forschungsprojekts ENTRIA ist darüber nun fünf Jahre lang diskutiert und geforscht worden. Erste Ergebnisse liegen jetzt in dem Sammelband "Zwischenlagerung hoch radioaktiver Abfälle" vor. Die Analysen in dem Buch untermauern die Forderung nach konzeptioneller Neuausrichtung und weiterer Forschung in diesem Bereich.


Linkliste
Alle Links zu dieser Ausgabe der GR:
w.gorleben-rundschau.de/links

(1) www.bund.net/zwischenlager-studie
(2) www.strahlentelex.de/Stx_17_738-739_S01-07.pdf
(3) https://www.entria.de/fileadmin/entria/Dokumente/Arbeitsberichte/ENTRIA-Arbeitsbericht-01_Appel_Entsorgungsoptionen.pdf
(4) www.entsorgungskommission.de/sites/default/files/downloads/snstresstestteil114032013.pdf


Bildunterschriften der im Schattenblick nicht veröffentlichten Abbildungen der Originalpublikation:

- Eine erhebliche Gefahr stellen auch die vielen Atommülltransporte dar: Castorbehälter im Dannenberger Bahnhof vor der Verladung auf LKW.

- Als heiße Zelle unbrauchbar: Die Pilotkonditionierungsanlage (PKA) in Gorleben

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Quelle:
Gorleben Rundschau - Januar, Februar, März 2018, Seite 8 - 13
Bürgerinitiative Umweltschutz Lüchow-Dannenberg e.V.
Rosenstr. 20, 29439 Lüchow
Tel. 05841/46 84, Fax: 05841/31 97
E-Mail: redaktion@gorleben-rundschau.de
Internet: www.gorleben-rundschau.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 15. Februar 2018

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