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INSEKTEN/315: Klimawandel - So sehen Gewinner aus (Naturschutz heute)


NATURSCHUTZ heute - Sommer 2020
Mitgliedermagazin des Naturschutzbundes (NABU) e.V.

AUSBLICK
So sehen Gewinner aus

von Helge May


Klimakrise - welche Krise? Der Klimawandel wirkt sich spürbar auf die Pflanzen- und Tierwelt aus. Doch neben Verlierern gibt es zahlreiche Arten, die von der Erwärmung profitieren. Bei jedem Spaziergang begegnen uns Klima-Gewinner zuhauf, man muss nur ihre Geschichte kennen.

Fest verkoppelt - Ganz einfach zu identifizieren und unverwechselbar ist die auffällige Streifenwanze. Im Frühsommer ist Paarungszeit und so sitzen die Wanzen jetzt oft typisch mit den Hinterenden zusammengekoppelt auf Doldenblütlern wie Wilder Möhre oder Giersch. Die aus dem Süden stammende Streifenwanze war einst eine Besonderheit, heute kommt sie praktisch in ganz Deutschland vor, bevorzugt an sonnigen Wegrändern und auf Brachflächen. In Gärten lässt sich der schwarz-rote Sechsbeiner gerne auf Fenchel oder Dill nieder, um an den Früchten zu saugen.

Wer die Augen offen hält, dem begegnet der Klimawandel überall - beim Spazierengehen ebenso wie im Garten.

An Insekten kann man den Klimawandel im Guten wie im Bösen ablesen, weil sie meist im Alter von wenigen Wochen neuen Nachwuchs zeugen, außerdem fliegen können oder leicht vom Wind transportiert werden. Eine Buche trägt frühestens nach 20 Jahren zum ersten Mal Früchte, da dauert die Besiedlung geeigneter neuer Lebensräume entsprechend länger.

Dynamische Hüpfer - Besonders dynamisch ist die Entwicklung bei unseren Heuschrecken, mit rund 70 heimischen Arten eine überschaubare Insektengruppe. Arten wie die Weinhähnchen und Schiefkopfschrecke haben ihre Areale in wenigen Jahren stark erweitert, die einst typisch süddeutsche Langflügelige Schwertschrecke kommt bis nun weit in den Norden vor, ebenso die Sichelschrecke. Die wenigen Fundorte der Italienischen Schönschrecke kannten nur Eingeweihte, heute ist sie in den Sandgebieten des Südwestens und Brandenburgs regelmäßig zu beobachten, wenn bei Störungen im Abflug die rötlichen Hinterflügel aufleuchten.

Auch die Feldgrille ist spürbar im Aufwind. Vor allem im Westen war der kleine schwarze Sänger selten geworden, regional ausgestorben. Von der Freude an den Grillenkonzerten wussten nur noch die Großeltern zu berichten. Inzwischen erobert die Grille verlorengegangenes Terrain zurück.

Erleben und dokumentieren - Feldgrillen überwintern als weit entwickelte Larven, so dass sie im Frühjahr in der Regel schon nach einer Häutung ausgewachsen sind und die Männchen zu singen beginnen. Wenn es Ende April in der Wiese zirpt, kann es nur eine Feldgrille sein, denn die meisten anderen Heuschrecken haben erst ab Juli Saison.

Es lohnt sich, beim Spaziergang Augen und Ohren offen zu halten. Der Klimawandel ist erlebbar. Und wer seine Beobachtungen notiert und bei der Insektensommer-Aktion oder ganzjährig unter www.naturgucker.de meldet, trägt dazu bei, unser aller Kenntnis zu vertiefen.


Zahlreiche Insektenporträts, Tipps zu Bestimmungsbüchern und Websites unter
www.NABU.de/Insekten-kennenlernen.

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Quelle:
Naturschutz heute - Sommer 2020, Seite 50
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"Naturschutz heute" ist das Mitgliedermagazin
des Naturschutzbundes Deutschland (NABU) e.V.
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ist der Bezug im Jahresbeitrag enthalten.


veröffentlicht im Schattenblick zum 18. Juni 2020

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