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REPTILIEN/029: Wiederansiedelung der Sumpfschildkröten - 20 Tiere ausgewildert (NABU RP)


NABU Landesverband Rheinland-Pfalz - 11. September 2012

Die Europäische Sumpfschildkröte kehrt zurück

NABU-Wiederansiedelungsprojekt geht weiter



In den vergangenen vier Jahren setzte der NABU insgesamt 54 Tiere der Europäischen Sumpfschildkröte (Emys orbicularis) im Bobenheim-Roxheimer Altrheingebiet aus. Nun ging des Projekt in die nächste Runde: Heute wurden weitere zwanzig Tiere in ihren neuen Lebensraum entlassen.

Im Jahr 2008 hat der NABU Rheinland-Pfalz mit dem Projekt "Wiederansiedelung der Europäischen Sumpfschildkröte im Bobenheim-Roxheimer Altrheingebiet" begonnen. Dafür werden jedes Jahr Sumpfschildkröten im Alter von ca. 4 Jahren an geeigneten Gewässern (zurzeit im Altrheingebiet von Bobenheim-Roxheim) in die Freiheit entlassen. Die Tiere müssen eine bestimmte Größe haben, damit sie nicht so leicht von Fischen und Vögeln gefressen werden. Neben der Züchtung der Tiere stellt damit auch die Aufzucht bis zu diesem Alter eine besondere Belastung dar. Bei dieser Tätigkeit wird der NABU seit mehreren Jahren von den SEA LIFE Aquarien in Speyer und Oberhausen unterstützt. SEA LIFE erhält die gezüchteten Schildkröten vom NABU und übernimmt die Aufzucht bis zum auswilderungsfähigen Alter. Mit Schautafeln und einem Terrarium informiert SEA LIFE die Besucher über dieses Naturschutzprojekt und wirbt um Unterstützung. So konnte SEA LIFE dem NABU in der Vergangenheit bereits einen Brutapparat zur Verfügung stellen und übergab heute nun die zusätzlich gesammelten Spenden in Höhe von 7.500 Euro.

Die Europäische Sumpfschildkröte war früher eine charakteristische Art der Auengebiete am Oberrhein. Während ältere Literatur von einem Aussterben im 17./18. Jahrhundert ausging, weisen neuere Befunde darauf hin, dass sie mindestens bis ins letzte Jahrhundert bei uns vorkam. Aussterbeursache dürfte in erster Linie der massenhafte Fang der Sumpfschildkröte im Mittelalter gewesen sein. Besonders der Markt in Speyer war als Umschlagplatz für den Verkauf der Art weit über die Region hinaus bekannt. Zu dem Fang kam die Zerstörung der Lebensräume durch Flussbegradigung, Grundwasserabsenkung, Vernichtung von Gewässern und Zerstörung der Eiablageplätze im Zuge der landwirtschaftlichen Intensivierung.

Die Europäische Sumpfschildkröte lässt sich als Art in verschiedene Unterarten aufteilen und auch die heimische Unterart besitzt in unterschiedlichen Regionen verschiedene genetische Typen (Haplotypen). In Deutschland gibt es zwei verschiedene Haplotypen. Im Osten Deutschlands in Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern findet sich der Haplotyp IIb und in Südwestdeutschland der Haplotyp IIa.

Die ausgewilderten Tiere entstammen den Zuchten verschiedener rheinland-pfälzischer Züchter, die nachweislich über die genetisch geeigneten Sumpfschildkröten verfügen. Olaf Strub, Naturschutzreferent des NABU Rheinland-Pfalz erklärt: "Es ist wichtig, bei einem Wiederansiedelungsprojekt Tiere zu verwenden, die den ursprünglich vorhandenen genetisch möglichst ähnlich sind. Nur so ist gewährleistet, dass die Tiere mit den klimatischen Bedingungen zurechtkommen, die gerade am nördlichen Rand des Verbreitungsgebietes eine besondere Rolle spielen." Setzte man Tiere südeuropäischer Herkunft aus, gingen bei Vermischung der unterschiedlichen Haplotypen diese Anpassungen ans Klima verloren. Entscheidend sind dabei nicht die erwachsenen Tiere, die auch in nördlicheren Regionen viele Jahre überleben können, sondern ist die Reifung der Eier. "Die Eier werden nur bei ausreichender Wärme und Sonnenscheindauer ausgebrütet, die am wärmebegünstigten Oberrhein gegeben sind" so Biologe Strub.

Die Weibchen suchen zur Eiablage vollbesonnte Plätze mit schütterer Vegetation auf, die sich schnell erwärmen, und graben dort ihre Gelegehöhlen. Da in manchen Jahren die Sonnenscheindauer allerdings zu gering ist, wird es nicht in jedem Jahr Nachwuchs geben. Zudem können die bis zu 20 Jungtiere in der Gelegehöhle überwintern, wenn sie erst zu spät im Herbst schlüpfen, was von Wissenschaftlern auch als eine Anpassung an das nördliche Klima interpretiert wird.

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Quelle:
NABU Rheinland-Pfalz, 11.09.2012
Frauenlobstraße 15-19, 55118 Mainz
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veröffentlicht im Schattenblick zum 13. September 2012