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VÖGEL/1011: Tödliche Hitze für Mauerseglernachwuchs (NABU BB)


NABU Landesverband Brandenburg - Pressedienst Naturschutz aktuell, 6. Juli 2015

Tödliche Hitze für Mauersegler-Nachwuchs

NABU bittet um mehr Nistquartiere und weniger Gift in der Landwirtschaft, um Verluste in der Natur zu kompensieren


Potsdam. Vermehrt erreichten den NABU Meldungen, dass junge, aus dem Nest gestürzte Mauersegler aufgefunden wurden. Das ist bei der Wetterlage der letzten Tage keine ungewöhnliche Situation. Für viele junge Mauersegler ist die derzeitige Hitze tödlich: Weil Mauersegler vor allem in hohen Gebäuden unter Dächern und in exponierten Nistkästen brüten, erhitzen sich ihre Nistquartiere mitunter extrem. Auf der Suche nach Abkühlung am luftigen Nesteingang stürzen dann immer wieder Jungtiere ab und bleiben hilflos am Boden liegen.


Ein ausgewachsener Mauersegler auf einer Hand - Foto: © NABU/Bernd Brandtner

Mauersegler
Foto: © NABU/Bernd Brandtner

"Selbst wenn sie den Sturz unverletzt überstehen, sind ihre Überlebenschancen leider gering. Denn im Gegensatz zu anderen Vogelarten füttern Mauersegler ihre Jungen nicht außerhalb des Nestes", erklärt Christiane Schröder, Geschäftsführerin des NABU Brandenburg. Helfen lasse sich den Jungvögeln nur mit einer Handaufzucht, die aufwändig und bei Verletzungen oftmals erfolglos ist.

Für den Mauerseglerbestand sind solche - trotz aller Tragik zur Natur gehörende - Unglücksfälle im Normalfall problemlos verschmerzbar. "Das Schlimme ist, dass wir beim Mauersegler keinen Normalfall haben, sondern einen Problemfall: Die Bestände sind im Sinkflug, weil es viel zu wenige Nistplätze gibt und auch die Nahrung knapp ist", erklärt die Biologin.

"Nistquartiere an Gebäuden gehen verloren, weil bei Sanierungen viel zu selten an die tierischen Mitbewohner gedacht wird, obwohl das vorgeschrieben ist", so Schröder "Bei Mauerseglern und Co. herrscht Wohnungsnot. Dabei sind Gebäudesanierungen auch vogelfreundlich möglich." Weil Mauersegler Insekten fressen und deren Bestände unter anderem durch den starken Gifteinsatz in der Landwirtschaft und sogar in häuslichen Gärten zurückgehen, fehlt es den rasanten Fliegern zudem oft an Nahrung. "Die Bundesregierung muss endlich ernst machen mit einem Pestizidreduktionsprogramm in der Landwirtschaft", fordert Schröder.

Wer Mauerseglern helfen möchte, kann Nistmöglichkeiten an Gebäuden schaffen - etwa durch spezielle Mauerseglerkästen - und auf Gift im Garten verzichten. Wer beim Einkaufen Bio-Produkte bevorzugt, die giftfrei angebaut wurden, leistet damit auch einen Beitrag zum Schutz der Mauersegler - und auch zum Schutz von Schwalben und anderen Insektenfressern. Für abgestürzte Jungsegler komme indes in aller Regel jede Hilfe zu spät.

Weitaus bessere Überlebenschancen haben dagegen Jungvögel anderer Arten, die naturgemäß bereits das Nest verlassen haben, ohne schon richtig fliegen zu können. "Diese Jungvögel sollte man auf jeden Fall an Ort und Stelle belassen, weil sie von ihren Eltern weiter gefüttert werden, sobald die Menschen verschwunden sind", erklärt Schröder. Sinnvoll sei allenfalls, die Jungvögel von der Straße oder dem vielbegangenen Gehweg in den Grünstreifen daneben umzusetzen. Wer Jungvögel mitnimmt, tue ihnen dagegen keinen Gefallen. Zumal bei anderen Arten die Überlebenschancen nach der Handaufzucht noch weitaus schlechter stehen als bei Mauerseglern.

Hintergrundinfos zum Mauersegler

Der Himmel ist der Lebensraum der Mauersegler. Am Himmel jagen Mauersegler nach Insekten, dem Luftplankton. Und dort schlafen Mauersegler - im Flug! Nur als Küken und während der Brutzeit halten sich Mauersegler auf festem Untergrund auf. Ihre Füßchen sind so klein und ihre Flügel so lang, dass sie, einmal versehentlich gelandet, nur schwerlich wieder starten können. Der wissenschaftliche Name Apus apus leitet sich von der griechischen Bezeichnung für fußlos ab. Mauerseglerbrutplätze befinden in der Natur in Felsen und in Siedlungen in Spalten und Nischen hoch oben an Gebäuden, von denen sie sich in die Luft stürzen und losfliegen können. Ganz selten brüten sie auch in Baumhöhlen.

Mauersegler jagen nicht selten in großer Höhe von bis zu 3.000 Metern über der Erde. Die Flughöhe schwankt mit dem Nahrungsangebot. Bei schlechtem Wetter fliegen sie auch flach über dem Grund. In Europa sind als Nahrungstiere unter anderem Blattläuse, Käfer, Fliegen und Hautflügler wie Bienen, Wespen oder Ameisen nachgewiesen worden, in Afrika auch schwärmende Termiten. Um zu trinken, nehmen Mauersegler in einem schnellen, geraden Gleitflug direkt von der Gewässeroberfläche Wasser auf.

Mauersegler sind Langstreckenzieher, die südlich der Sahara überwintern und in der Regel Ende April/Anfang Mai zu uns zurückkehren. Ihre Brutzeit erstreckt sich bis Ende Juli. Es gibt nur eine Jahresbrut, aber nach Gelegeverlust oft eine Ersatzbrut. Die Brutdauer ist abhängig von klimatischen Bedingungen und variiert zwischen 18 (schönes Wetter) und 25 Tagen (schlechtes Wetter).

Bei der deutschlandweit größten Mitmach-Zähl-Aktion, der Stunde der Gartenvögel des NABU, wurde seit 2011 bis heute ein kontinuierlicher Rückgang der Mauersegler in Brandenburg festgestellt.
www.Stunde-der-Gartenvoegel.de

Naturschätze in Gefahr!
https://www.naturealert.eu/de

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Quelle:
Pressedienst, 06.07.2015
Herausgeber:
Naturschutzbund Deutschland e.V.
NABU Brandenburg
Lindenstraße 34, 14467 Potsdam
Tel: 0331/20 155 70, Fax: 0331/20 155 77
E-Mail: info@NABU-Brandenburg.de
Internet: www.brandenburg.nabu.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 7. Juli 2015

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