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VÖGEL/641: Der Weißstorch 2010 in Thüringen (NABU TH)


NABU Landesverband Thüringen - 11. November 2010

Der Weißstorch 2010 in Thüringen

Negativtrend bei Bruterfolg setzt sich trotz leichtem Bestandsanstieg fort


Laut NABU Thüringen setzt sich der negative Trend des geringen Bruterfolges beim Weißstorch im Freistaat fort. Vordergründig sei 2010 zwar ein Bestandsanstieg des Storches zu verzeichnen, dies darf aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass in Thüringen zu wenig Lebensräume mit ausreichendem Nahrungsangebot vorhanden sind.

Mit rund 2 m Flügelspanne ist der Weißstorch der größte heimische Brutvogel - Foto: © Klaus Schmidt

Mit rund 2 m Flügelspanne ist der Weißstorch der größte
heimische Brutvogel
Foto: © Klaus Schmidt

Mit 29 ansässigen Weißstorchpaaren gab es in Thüringen im Jahr 2010 die bisher größte Anzahl brütender Weißstörche seit über 80 Jahren. Die leichte Zunahme geschah nicht vordergründig aufgrund der guten Bedingungen in Thüringen, sondern hauptsächlich wegen des Zuzuges fremder Störche der westeuropäischen Population aus Frankreich, Baden-Württemberg, Hessen und Bayern. Die Herkunft der Zuwanderer konnten Ornithologen durch das Ablesen der Fußringe ermitteln. Bezüglich der Brutvorkommen gibt es in den verschiedenen Landschaften des Freistaates deutliche Unterschiede. Während der Storchenbestand in Ostthüringen stark eingebrochen ist und nur noch zwei Bruten im Altenburger Land zu verzeichnen waren, gab es in der Werraaue in Südwestthüringen erstmals 13 besetzte Horste. In Nord- und Mittelthüringen war die Zahl der besetzten Storchennester mit 14 gegenüber den zurückliegenden Jahren relativ konstant. Auffallend war die überraschende Feststellung, dass neuerdings viele Weißstörche im jugendlichen Alter von 2 und 3 Jahren am Brutgeschehen beteiligt waren. Noch vor 30 Jahren galten sie als noch nicht fortpflanzungsfähig. Erst im Alter von 4 oder 5 Jahren wurde einst mit Bruten gerechnet. Der Bestandsanstieg von 25 auf 29 besiedelte Storchennester darf aber nicht darüber hinweg täuschen, dass die mittlere Nachwuchsrate mit nur 1,8 Jungen je Brutpaar relativ niedrig lag. Der negative Trend des zu geringen Bruterfolges setzte sich analog der letzten Jahre weiter fort.

Wie der Weißstorchexperte und NABU-Mitglied Klaus Schmidt nach dem Vorliegen aller diesjährigen Brutdaten mitteilte, bieten viele Wiesen und Weiden trotz vielfältiger Landwirtschaftsförderprogramme nicht mehr ausreichend Nahrungstiere für eine optimale Aufzucht des Nachwuchses. Der Anteil der erfolglosen Bruten war mit 31 Prozent entsprechend groß. Nester mit 4 flüggen Jungstörchen werden immer mehr zur Ausnahme, in diesem Jahr in Gerstungen, Nägelstedt, Voigtstedt und Wechmar. Storchennester mit 5 Jungen gab es in Thüringen schon etliche Jahre nicht mehr. Der fehlende Bruterfolg war neben Nahrungsmangel teilweise auch der ungünstigen nasskalten Witterung während der Schlupfphase geschuldet. Im Freistaat wurden 53 Storchenjunge flügge. In den 1980er Jahren gab es trotz weniger Brutpaare wiederholt mehr Jungstörche als in diesem Sommer. Jeweils 57 flügge Jungstörche wurden seinerzeit 1983 und 1985 als bisherige Maxima dokumentiert. Besonders erfolgreich waren in diesem Jahr die vier Storchenpaare im Kyffhäuserkreis. In Voigtstedt konnten trotz krankheitsgedingtem Ausfall eines Brutpartners vier Jungstörche erfolgreich aufgezogen werden. Der alleinstehende Altstorch wurde von der Vogelschutzwarte Seebach und ansässigen Naturfreunden mit zusätzlichem Futter unterstützt.

Gern übernachten Weißstörche auf Bahn- und Straßenlampen, wie hier bei Bad Salzungen - Foto: © Klaus Schmidt

Gern übernachten Weißstörche auf Bahn- und Straßenlampen, wie hier
bei Bad Salzungen.
Foto: © Klaus Schmidt

Der seit einigen Jahren bestehende Populationsdruck aus SW-Europa wird in den nächsten Jahren vermutlich weitere Störche nach Thüringen führen. Der NABU Thüringen empfiehlt daher, überall dort, wo sich an geeigneten Standorten zur Brutzeit über mehrere Wochen Weißstorchtrupps als Nichtbrüter aufhielten oder wo Nistversuche stattfanden, neue Horstunterlagen zu errichten.


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Quelle:
Pressemitteilung, 11.11.2010
Herausgeber: Naturschutzbund Deutschland e.V.
NABU Thüringen
Leutra 15, 07751 Jena
Tel. 0 36 41/60 57 04, Fax 0 36 41/21 54 11
E-Mail: LGS@NABU-Thueringen.de
Internet: www.NABU-Thueringen.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 14. November 2010