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KOHLEALARM/630: Klimakampf und Kohlefront - Schädigung nicht voll erfaßt ... (Antje Grothus)


Statement zu Gesundheitsschutz durch Kohleausstieg anlässlich der "Health and Climate Justice Conference" auf dem Klimacamp und der Diskussion um Umsetzung strengerer EU-Schadstoffgrenzen für Kraftwerke

Ambitionierter Kohleausstieg dient nicht nur dem Klimaschutz, sondern auch dem Gesundheitsschutz


Buir, 24.08.2019. Die Bundesregierung muss den Braunkohleausstieg schnell auf den Weg bringen, denn Braunkohle schädigt nicht nur das Klima, sondern auch die Gesundheit der Menschen. Es gibt keinen Schwellenwert unterhalb dessen z.B. Feinstaub aus Kraftwerksschloten und Tagebauen ungefährlich ist. Deshalb darf das Ziel nicht sein, Grenzwerte nur zu unterschreiten, sondern die Belastungen müssen aus Gründen des vorbeugenden Gesundheitsschutzes maximal reduziert werden.

Die klimapolitisch ohnehin unumgänglichen Stilllegungen von Tagebauen und schmutzigen Kohlekraftwerken würden das Problem an der Quelle angehen. Stattdessen verschleppt die Bundesregierung nicht nur den Kohleausstieg, sondern seit nunmehr zwei Jahren auch die Umsetzung der EU-Vorgaben für strengere Abgasvorschriften für Kohlekraftwerke.

Nach wie vor werden auch die Emissionen aus dem Tagebauen nicht erfasst und berücksichtigt, denn die Tagebaubetreiber sind trotz EU-Gesetz nach wie vor von der Meldepflicht in das PRTR*-Schadstoffregister befreit. Daher fordern wir seit Jahren Transparenz über alle diese gesundheitlichen Folgen der Braunkohleindustrie und die Eintragung ins Europäische Schadstoffregister. Die IB 50189 ermittelte 2013 aus veröffentlichten Emissionsdaten des Tagebaus Montana (USA), dass alleine der Tagebau Hambach im Schnitt für 134 Tonnen Feinstaub (PM10) pro Tag verantwortlich sein dürfte und machte die Dimensionen anhand der Feinstaubemissionen des deutschen Straßenverkehres in Höhe von 156 Tonnen pro Tag deutlich.


* Die Abkürzung "PRTR" steht für "Pollutant Release and Transfer Register" - oder auf Deutsch "Schadstofffreisetzungs- und -verbringungsregister".

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Aktionsgruppe Gesundes Klima
Kritische Mediziner*innen Deutschland

Klimawandel und Luftverschmutzung sind die größten Gefahren für die globale Gesundheit im 21. Jahrhundert.

Gesundheitsaktivist*innen fordern sofortige transformatorische Handlungen für Klima-und Menschenschutz mit Konferenz und Demonstration


Erkelenz, 23.08.2019 - Auf der "Health & Climate Justice Conference" am 22.08.-25.08.2019 auf dem Klimacamp im Rheinland steht die Gesundheitsperspektive auf die Klima- und der Anti-Kohle-Bewegung im Fokus. Durch den aufgeschobenen Kohleausstieg wird die Feinstaubbelastung und der globale CO2-Fußabdruck von Deutschland immer weiter vergrößert. Da Deutschland somit zu den zehn größten Emittenten der Erde gehört, werden Gesundheitsauswirkungen für die lokale Bevölkerung, wie Asthma bei Kindern, Lungenkrebs, chronische Lungenkrankheiten wie COPD und verfrühte Tode ausgelöst oder verstärkt. Im Jahr 2016 konnten in Deutschland über 4000 vorzeitige Tode, 1700 chronische Bronchitiden und über 1 Mio. Asthmaanfälle bei Kindern, über 60.000 Krankenhausenweisungen und über 3000 verlorene Arbeitstage auf den Braunkohleabbau und - verbrennung zurückgeführt werden. Außerdem besteht für die angrenzenden Dörfer und von Umsiedlung bedrohten Menschen eine stetige mentale Belastung, die nachweislich die Prävalenz psychischer Krankheiten wie Depression ansteigen lässt.

"Die Bundesregierung muss den Braunkohleausstieg schnell auf den Weg bringen, denn Braunkohle schädigt nicht nur das Klima, sondern auch die Gesundheit der Menschen. Es gibt keinen Schwellenwert unterhalb dessen z.B. Feinstaub aus Kraftwerksschloten und Tagebauen ungefährlich ist." sagt Antje Grothus, Bürger*innenlobbyistin und Mitglied bei "Buirer für Buir", die auf der Podiumsdiskussion der Konferenz ihrer Perspektive als ehemaliges Mitglied der "Kohlekommission" der Bundesregierung vertritt. Die dreckigste und ineffizienteste Stromquelle trägt maßgeblich an der Verstärkung der Klimakrise bei. "Die drastischen Gesundheitsfolgen des Klimawandels wie Hitzetote, der Nahrungsmittelmangel durch Dürren und die Zunahme von Malaria und Dengue treffen vor allem Menschen im Globalen Süden, während die Industriestaaten die historisch Verantwortlichen sind.

Aber auch im Globalen Norden sind vor allem sozial Schwache, Kinder und alte Menschen von den Gesundheitsfolgen des Klimawandels betroffen. Diese Ungerechtigkeit gilt es abzuschaffen.", betont Dr. Andreas Wulf von medico international und Vorstandsvorsitzender des Vereins der demokratischen Ärztinnen und Ärzte, ebenfalls Podiumsteilnehmer auf der Konferenz. Dr.med. Katja Goebbels, Vorstandsmitglied der ärztlichen Friedensorganisation IPPNW Deutschland und Mitglied der Allianz für Klimawandel & Gesundheit und Referentin auf dem Klimacamp: "Die medizinische Studienlage beweist schon jetzt die negativen Folgen der Klimakrise für Gesundheit und sieht einen sofortigen Handlungsbedarf. Für das medizinische Personal ist es wichtig für den Schutz ihrer Patient*innen einzustehen: Deswegen ist ihre Stimme und eine klare Haltung gegen eine Politik notwendig, die Krankheiten für Profit in Kauf nimmt." Die Konferenz solidarisiert sich mit der Aktion "Kohle ErSetzen" und dem Projekt "Alle Dörfer bleiben" mit einem Dorfspaziergang am Samstagmorgen in den Dörfern Beverath, Kuckum und Keyenberg, die akut von der Umsiedlung bedroht sind.

AG Gesundes Klima
htps://facebook.com/AktionsgruppeGesundesKlima/

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Mehr Informationen:
https://kritmedbonn.files.wordpress.com/2018/06/pospap_final_1105.pdf
https://www.klimawandel-gesundheit.de/
http://www.netzbege.de/presse/staub.html
https://www.duh.de/presse/pressemitteilungen/pressemitteilung/kohlekraftwerke-bleiben-schmutzig-eu-abgasstandards-zuegig-und-ambitioniert-in-deutsches-recht-umset

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Quelle:
Antje Grothus, 24.08.2019
Ehemaliges Mitglied der Kommission "Wachstum, Strukturwandel und Beschäftigung"
Interessenvertreterin der Region und betroffener Menschen im Rheinischen Braunkohlenrevier


veröffentlicht im Schattenblick zum 27. August 2019

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