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KOHLEALARM/666: Klimakampf und Kohlefront - nichts Neues im Osten ... (Umweltgruppe Cottbus)


Umweltgruppe Cottbus - Pressemitteilung vom 29. November 2019

Mehr als dreihundert Teilnehmer beim Klimastreik in Cottbus

LEAG-Eigentümer behindern die Umsetzung des Kohlekompromisses


Cottbus - Mehr als dreihundert Lausitzer nahmen am Freitag an der Cottbuser Demonstration zum weltweiten Klimastreik teil.

Georg Thimme, Superintendent des evangelischen Kirchenkreises Cottbus sagte zu den Teilnehmern:
"Es ist gut und wichtig, dass heute so viele Menschen weltweit für Umwelt- und Klimaschutz demonstrieren. Es macht Mut, dass diese Bewegung, ursprünglich von jungen Menschen in Gang gesetzt, bis heute so viel Kraft entwickelt hat." und mit Bezug auf die Lausitz: "Den gesellschaftlichen Frieden zu erhalten und zugleich im größtmöglichen Frieden mit den Ressourcen der Schöpfung zu leben, dieser herausfordernden Aufgabe sollten wir uns stellen, und den Strukturwandel konstruktiv, kritisch und gewaltfrei mitgestalten."

René Schuster von der Cottbuser Umweltgruppe benannte in seiner Rede die zwei privaten Eigentümer der LEAG als die wichtigsten Bremser bei der Umsetzung des Kohlekompromisses:
"Die Lausitz braucht schnell einen klaren Ausstiegsfahrplan. Solange die Oligarchen auf unser aller Rücken um Entschädigungen pokern, kann auch das Strukturstärkungsgesetz für die Kohleregionen nicht in Kraft treten. Das gehört ehrlicherweise auch zur viel geforderten "1 zu 1 Umsetzung" - Die Kohlekommission hat immer betont, dass Strukturhilfen und Klimaschutz verbunden bleiben müssen und das ist auch richtig so!"

An insgesamt mehr als 500 Orten in Deutschland fanden heute Demonstrationen und Aktionen für den Klimaschutz statt. Das Bündnis "Cottbus for Future" umfasst dabei neben der Fridays for Future-Gruppe auch die Cottbuser Gruppen von ADFC, BUND, Greenpeace, Grüne Jugend, GRÜNE LIGA, Internationale Jugend, Linksjugend, SDAJ, Verkehrsclub Deutschland sowie das Piccolo-Theater.

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Cottbus for Future 29.11.2019 - Rede von René Schuster

Der "mühsam ausgehandelte Kohlekompromiss" ist in aller Munde und überall wird die "1 zu 1 - Umsetzung" gefordert. Ich nehm das mal als Kompliment, ich hab ja auch viel Mühe in die Kommissionsarbeit gesteckt. Aber ich lasse mir das viele Lob lieber nicht zu Kopfe steigen. Denn mit der "1 zu 1 - Umsetzung" gibt es drei große Probleme:

Erstens hat der Bericht der Kohlekommission die für die Lausitz zentrale Frage offengelassen, wie lange die einzelnen Lausitzer Kraftwerke noch laufen werden. Er hat also gerade keine Planungssicherheit geschaffen und muss erst konkretisiert werden. Da ist es schon merkwürdig, wenn so viele Lausitzer die "1 zu 1 - Umsetzung" fordern, weil sich hier gar nicht jeder dasselbe darunter vorstellt.

Das zweite Problem ist der aktuelle Entwurf des Kohleausstiegsgesetzes. Er setzt eben nicht das um, was die Kommission empfohlen hat, sondern noch weniger Klimaschutz. Das Wirtschaftsministerium hat den Kohlekompromiss mit diesem Gesetzentwurf praktisch aufgekündigt. Es ist gut, dass heute an 500 Orten in Deutschland die Menschen auf der Straße sind, denn damit darf Herr Altmaier nicht durchkommen!

Und das dritte Problem: Das Kohleausstiegsgesetz wartet auf die sogenannte "Einvernehmliche Lösung". Erst vorgestern hat die Bundesregierung mit den Betreibern der Braunkohlenkraftwerke zusammengesessen und sich mal wieder nicht einigen können. Weil die Betreiber den Hals nicht voll kriegen und mehr Entschädigungen verlangen als der ganze Laden noch wert ist.

Und dort verhandeln nicht etwa Lausitzer Bergleute. Aber Druck aus der Lausitz auf die Oligarchen Kellner und Křretinský fehlt bisher völlig. Denn egal ob Schaukämpfe oder Schaudialoge inszeniert werden, es wird immer davon abgelenkt, dass genau zwei reiche Männer mehr Einfluss auf die Kraftwerke und Tagebaue in der Region haben als die Landesregierungen in Potsdam und Dresden zusammen.

Ich bin Sorbe und in der DDR aufgewachsen. Da tut es mir wirklich in der Seele weh, über Tschechen zu schimpfen. Aber bei den beiden geht es nicht anders.

Ihr Einfluss ist aber auch nicht vom Himmel gefallen: Die Politik in Brandenburg und Sachsen hat den privaten Käufern den roten Teppich ausgerollt, ohne auf die Folgen für die Steuerzahler zu achten. Schwedische Politiker müssen inzwischen den Verkauf von Vattenfall an EPH vor den Ausschüssen des Parlamentes rechtfertigen. Wir fordern, dass dieser Verkauf auch hierzulande genau aufgearbeitet werden muss!

Solange die Oligarchen auf unser aller Rücken pokern, kann übrigens auch das Strukturstärkungsgesetz für die Kohleregionen nicht in Kraft treten. Das gehört ehrlicherweise auch zur "1 zu 1 Umsetzung" - Die Kohlekommission hat immer betont, dass Strukturhilfen und Klimaschutz verbunden bleiben müssen und das ist auch richtig so!

Die Lausitz braucht also schnell einen klaren Ausstiegsfahrplan.

Und der darf sich auch nicht dadurch verzögern, dass die CDU auf Bundesebene schon überlegt, ob sie sich den Kohleausstieg nicht doch als Verhandlungsmasse bis nach der nächsten Bundestagswahl aufhebt, falls sie dann mit den Grünen koalieren muss.

Das ist Irrsinn! Und dass sowas in der deutschen Politik eine Rolle spielen kann, auch dagegen sind wir heute auf der Straße! Die Lausitz darf keine Verhandlungsmasse sein und das Klima darf keine Verhandlungsmasse sein!

Ich habe vor kurzen unseren kleinen Acker gepflügt. Da fängt in etwa 20 Zentimetern Tiefe eine staubtrockene Schicht an. Es ist jetzt schon Ende November. Ein Regen, der das Defizit der vergangenen zwei Jahre wieder ausgleicht, ist bis jetzt nicht gekommen.

Mein Acker hat seine Komfortzone schon lange verlassen. Und nach zwei Jahren Dürre ist nur noch jeder zehnte Baum gesund. Wenn das jetzt regelmäßig passiert, werden die Bäume und Sträucher die wir alle kennen und die seit der Eiszeit hier heimisch sind, in der Lausitz vielleicht aussterben.

Ich bin nicht bereit, das Risiko der völligen Verwüstung unserer Region auch nur um ein Zehntel Prozent zu erhöhen, weil zwei Geschäftemacher noch mehr Entschädigung rausschlagen wollen.

Die natürlichen Lebensgrundlagen des Menschen heißen Boden, Wasser und Luft. NICHT Braunkohle!

Deshalb muss für unsere Lausitz unsere Kohle im Boden bleiben!

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Quelle:
Pressemitteilung vom 29.11.2019
GRÜNE LIGA Bundeskontaktstelle Braunkohle
Umweltgruppe Cottbus e.V.
Straße der Jugend 94, 03046 Cottbus
E-Mail: umweltgruppe@kein-tagebau.de
Internet: www.kein-tagebau.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 2. Dezember 2019

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