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RAUBBAU/093: Fracking nicht mit uns - zum Beispiel Altlasten ... (DNR)


Gemeinsame Pressemitteilung von Deutscher Naturschutzring (DNR), BUND, NABU, Deutsche Umwelthilfe (DUH), Campact, Umweltinstitut München, PowerShift und der Bürgerinitiative Lebenswertes Korbach - 16.03.2016

Offener Brief: Fracking verschärft Entsorgungsproblem giftiger Bohrschlämme


Berlin, 16.03.2016. Recherchen des WDR und NDR haben einen Skandal um die Entsorgung hochgiftiger Bohrschlämme aus der Erdöl- und Erdgasproduktion aufgedeckt. Verschiedene Umweltverbände und Bürgerinitiativen fordern Union und SPD in einem offenen Brief dazu auf, Fracking in Deutschland zu verbieten. Unterzeichner des Briefes sind der Deutsche Naturschutzring (DNR), BUND, NABU, Deutsche Umwelthilfe (DUH), Campact, Umweltinstitut München, PowerShift und die Bürgerinitiative Lebenswertes Korbach.

In den vergangenen zehn Jahren fielen allein bei der Sanierung von drei alten Bohrschlammgruben in Niedersachsen rund 720.000 Tonnen Giftmüll an. In Niedersachsen bestehen mindestens 500 weitere Schlammgruben, die noch saniert werden müssen - einige davon sogar in Trinkwasserschutzgebieten. Da Niedersachsen offenbar seit 2005 über keine geeigneten Deponien verfügt, werden die Schlämme auf andere Bundesländer verteilt. Die Umweltorganisationen kritisieren, dass Industrie und Bergbehörden schon jetzt mit dem Umgang von Altlasten aus der Öl- und Gasförderung überfordert seien. Durch Fracking könnten zu den bereits bestehenden Altlasten noch weitaus größere neue Lasten hinzukommen. Das Entsorgungsproblem würde somit noch einmal verschärft.

"Neben dem gefährlichen Flowback aus Frac-Flüssigkeiten und Lagerstättenwasser fallen bei jeder Fracking-Bohrung bis zu 770 Tonnen giftiger Bohrschlämme an", sagte der BUND-Experte Dirk Jansen. "Die Rückstände sind mit krebserregenden Kohlenwasserstoffen, Schwermetallen wie Quecksilber und Arsen sowie radioaktiven Partikeln belastet und müssen als Sondermüll entsorgt werden. Insgesamt kann sich das auf bis zu 35 Millionen Tonnen giftigen Abfalls summieren. Dabei gibt es schon jetzt kaum ausreichende Deponie-Kapazitäten."

Union und SPD verhandeln seit dem vergangenen Jahr über ein Gesetzespaket, das einen stabilen Rechtsrahmen für Fracking in Deutschland schaffen soll. Beide Parteien bekräftigen, dass sie die Regelungen noch bis zur Sommerpause verabschieden wollen. "Der aktuelle Skandal zeigt einmal mehr: Die Gewinnung fossiler Energieträger ist mit unzähligen Risiken für Klima, Umwelt und Gesundheit verbunden. Fracking treibt den fossilen Rohstoffhunger noch auf die Spitze und schafft neue unzumutbare Folgekosten - die Rechnung zahlen am Ende die Bürgerinnen und Bürger", kritisierte DNR-Präsident Prof. Dr. Kai Niebert.

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Offener Brief: Fracking verschärft Entsorgungsproblem giftiger Förderabfälle und muss konsequent verboten werden

Berlin, den 15. März 2016

Sehr geehrter Herr Kauder,
sehr geehrter Herr Oppermann,

eine Vielzahl gesellschaftlicher Gruppierungen hat in den vergangenen Jahren mehrfach deutlich auf die mit dem Einsatz von Fracking verbundenen negativen Auswirkungen und Risiken für Wasser, Klima und Gesundheit hingewiesen und konsequenterweise ein Fracking-Verbot gefordert.

Die Bundesregierung hat im vergangenen Jahr dennoch ein Regelungspaket auf den Weg gebracht, das den Einsatz von Fracking zur Aufsuchung und Gewinnung von Kohlenwasserstoffen in Deutschland rechtssicher erlauben würde. Die Öl- und Gasindustrie drängt nun verstärkt darauf, die geplanten Änderungen im Wasserhaushaltsgesetz und im Bundesberggesetz im Bundestag zu verabschieden - entgegen aller Widerstände auch innerhalb der Fraktionen von Union und SPD.

Der aktuelle Skandal um Bohrschlammgruben und deren Sanierung zeigt jedoch, dass Industrie und Bergbehörden mit dem Umgang von Altlasten aus der Öl- und Gasförderung überfordert sind [1]. Nach WDR/NDR-Recherchen fielen in den vergangenen zehn Jahren allein bei der Sanierung von drei alten Bohrschlammgruben in Niedersachsen rund 720.000 Tonnen Giftmüll an. Das niedersächsische Landesamt für Bergbau, Energie und Geologie (LBEG) geht von mindestens 500 Schlammgruben allein in Niedersachsen aus [2]. Zwei der bislang untersuchten Gruben liegen sogar in einem Trinkwasserschutzgebiet [3]. Da aber Niedersachsen offenbar seit 2005 über keine geeigneten Deponien verfügt, wurden die Schlämme auf andere Bundesländer verteilt [4].

Sollte - wie momentan geplant - der umstrittenen Fördertechnik Fracking ein stabiler Rechtsrahmen gegeben werden, würde das die ungelöste Problematik der Altlastentsorgung durch einen weiteren Anstieg von Bohrschlämmen und Lagerstättenwasser - bei gleichzeitiger Knappheit an geeigneten Deponien - weiter verschärfen. Die geplanten Rechtsänderungen, die sogar das Sandstein-Fracking und die Entsorgung von giftigen Förderabfällen in eigentlich geschützten Natura-2000-Gebieten ermöglichen könnten, würden also weder Umwelt- und Gesundheitsrisiken noch soziale Konflikte beseitigen.

Nur die umgehende Sanierung der gefährlichen Müllkippen, die strikte Einhaltung der Umweltschutz-Vorschriften und ein flächendeckendes Verbot von Fracking zur Aufsuchung und Gewinnung von Kohlenwasserstoffen ermöglichen den umfassenden Schutz von Umwelt, Trinkwasser, Gesundheit und Klima.

Statt weitere fossile Energieträger zu erschließen - zudem mit einer risikoreichen Technik mit umweltschädlichen Methoden und hohen volkswirtschaftlichen Folgekosten -, ist eine entschlossene und konsequente Umsetzung der Energiewende erforderlich. Energie einsparen, Effizienz steigern und erneuerbare Energien naturverträglich ausbauen - das ist das Gebot der Stunde.

Mit freundlichen Grüßen

Prof. Dr. Kai Niebert
Präsident Deutscher Naturschutzring (DNR) e.V.

Prof. Dr. Hubert Weiger
Bundesvorsitzender Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) e.V.

Leif Miller
Bundesgeschäftsführer NABU (Naturschutzbund e.V.)

Christina Hacker
Vorstand Umweltinstitut München e.V.

Sascha Müller-Kraenner
Geschäftsführer Deutsche Umwelthilfe e.V.

Peter Fuchs
geschäftsführender Vorstand PowerShift e.V.

Christoph Bautz
Geschäftsführer Campact e.V.

Andy Gheorghiu
BI lebenswertes Korbach e.V., Vorstandsmitglied


Anmerkungen:
[1] https://www.tagesschau.de/inland/fracking-121.html
[2] http://www.lbeg.niedersachsen.de/aktuelles/neuigkeiten/titel-129705.html
[3] http://www.ndr.de/nachrichten/niedersachsen/Bohrschlamm-Trinkwasser,bohrschlamm136.html
[4] http://www.ndr.de/nachrichten/niedersachsen/Bohrschlamm-Entsorgung-Niedersachsen,bohrschlamm140.html


Den offenen Brief als PDF-Datei finden Sie unter:
http://www.rohstoffe-zweinull.de/sites/default/files/offener_brief_bohrschlaemme.pdf

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Quelle:
Deutscher Naturschutzring
Dachverband der deutschen Natur-, Tier- und Umweltschutzverbände e.V. (DNR) e.V.
Marienstr. 19-20, 10117 Berlin-Mitte
Telefon: 030/6781775-70, Fax: 030/6781775-80
E-Mail: info@dnr.de
Internet: www.dnr.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 17. März 2016

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