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AKTION/452: "KfW kohlefrei!" - Kreditanstalt für Wiederaufbau verkennt die Zeichen der Zeit (FUE Rundbrief)


Forum Umwelt & Entwicklung - Rundbrief 3/2013 Globalisierung und Freihandel - Pokerspiel mit ungewissem Ausgang

KfW kohlefrei!
Die »grünste Bank Deutschlands« muss sich endlich von der Kohlefinanzierung verabschieden

von Mona Bricke



Im Verlauf des letzten Jahres hat sich viel getan bei den öffentlichen Investitionsbanken: Die Weltbank hat eine Leitlinie verabschiedet, in der sie sich weitestgehend von der Finanzierung klima- und gesundheitsschädlicher Kohleprojekte verabschiedet. Auch die Europäische Investitionsbank (EIB) ist auf dem besten Weg zu einer kohlefreien Investitionspolitik, die Nordische Investitionsbank schließt Kohleprojekte von Investitionsvorhaben aus und die Präsidenten Obama und Hollande haben dazu aufgerufen, Kohleprojekte nicht mehr mit Entwicklungsbankgeldern zu fördern. Die staatseigene deutsche Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) hat leider die Zeichen der Zeit noch nicht erkannt.


Zu den zwölf Kohleprojekten, die sie bereits weltweit fördert, sollen nun noch Kredite in Höhe von über 600 Millionen Euro für ein Braunkohlekraftwerk in Griechenland hinzukommen. Dagegen wehren sich klima-allianz deutschland und urgewald in der Kampagne »KfW kohlefrei!« gemeinsam mit Betroffenen aus aller Welt.


Falsch verstandene Griechenlandhilfe
Die Griechenlandhilfe der KfW könnte das Land teuer zu stehen kommen. Bereits vor dem Start ist absehbar, dass ein KfW-finanziertes Großprojekt von Anfang an unrentabel wäre. Würde das von der KfW geförderte Kohlekraftwerk Ptolemaida-V tatsächlich gebaut, könnte dies den griechischen Staatshaushalt über Jahrzehnte belasten. Dies geht aus einer von Energieexperten im Auftrag des WWF erstellten Studie hervor.(1) Bisher ist geplant, dass über KfW-Mittel und Hermes-Bürgschaften mehr als 600 Millionen Euro in das Projekt fließen.

Die WWF-Studie untersucht die Wirtschaftlichkeit des Projekts anhand verschiedener Szenarien für den Wandel der Energiewirtschaft in Griechenland. Dabei zeigt sich für das KfW-Projekt Ptolemaida-V, dass die Rendite des eingesetzten Kapitals nicht nur sehr gering wäre. Der absurde Effekt: Gerade unter politisch gewollten Rahmenbedingungen (schneller Ausbau der Erneuerbaren, hohe CO2-Preise) wäre die Rendite negativ, und zwar aus rein betriebswirtschaftlicher Sicht. Im Klartext: Ein Betrieb des Kraftwerks wäre nur mit fortlaufenden Subventionen möglich.


Indirekte Subvention: Hoher Schadstoffausstoß belastet das Gesundheitswesen
Indirekte Subventionen für die Braunkohle sind in dieser Rechnung noch nicht einmal berücksichtigt. So sind selbst die modernsten Braunkohlekraftwerke von allen Energieträgern mit dem höchsten Ausstoß von Schadstoffen verbunden. Schadstoffe wie Stickoxide, Feinstaub oder Quecksilber verursachen erhebliche Gesundheitskosten - die wiederum auf der Stromrechnung nicht auftauchen, sondern auf die Allgemeinheit umgelegt werden. Die Europäische Umweltagentur EEA beziffert die Gesundheitskosten der bereits bestehenden griechischen Braunkohlekraftwerke auf 2,3 bis 3,9 Milliarden Euro - pro Jahr.

Hinzu kommt: Der Ausbau der Erneuerbaren ist nicht nur geboten, damit der Ausstoß von Klimagasen und gesundheitsschädlichen Schadstoffen sinkt, er ist auch politisch gewollt. So empfahl beispielsweise Bundeswirtschaftsminister Rösler dem Land 2011, den Ausbau der Solarindustrie als Ausweg aus der Wirtschaftskrise voranzutreiben. Und auch EU-Energiekommissar Günter Oettinger sowie der Bundesverband der Deutschen Industrie empfehlen Griechenland auf die Erneuerbaren zu setzen: »In der Kooperation mit Griechenland sowie den anderen EU-Mittelmeeranrainerstaaten stecken große Chancen aufgrund ihres enormen Potenzials für thermische Solarkraft«, sagte BDI-Hauptgeschäftsführer Markus Kerber.

Unterdessen gab es in Griechenland im ersten Halbjahr 2013 überraschend einen kleinen Solarboom. Insgesamt 934 Megawatt Photovoltaikleistung wurden nach Angaben des Netzbetreibers HTSO bis Ende Juni zugebaut. Das sind fast 40 Prozent der bislang installierten Leistung - zur Zeit sind insgesamt 2,6 Gigawatt am Netz. Zum Vergleich: Im deutlich weniger sonnendurchfluteten Deutschland sind es jetzt 30 Gigawatt mehr.


Die Kampagne «KfW kohlefrei!»
Unter dem Motto »KfW kohlefrei: Kein Kohleprojekt in Griechenland!« protestierte die klima-allianz deutschland am 15. August 2013 anlässlich der Veröffentlichung der aktuellen Förderzahlen vor dem Frankfurter Hauptsitz der KfW gegen die Förderpolitik der Bank. Gleichzeitig fanden auch in Serbien und Südafrika Protestaktionen gegen die Kohlefinanzierung der KfW statt. An den serbischen und südafrikanischen Beispielen zeigt sich besonders deutlich, wie sehr das gerne von der KfW vorgebrachte Argument, es sei für die lokale Bevölkerung manchmal eben doch ein Segen, wenn ein »vergleichsweise sauberes« neues Kohlekraftwerk alte Blöcke ersetzt, ins Leere läuft. Durch die Förderung werden korrupte Betriebsstrukturen gefestigt, wie es nachweislich in Serbien der Fall war.(2) In Südafrika klagt die lokale Bevölkerung und NGOs wie Groundwork, dass der Strom, der in den neu gebauten Kraftwerken erzeugt wird, nicht den Menschen vor Ort zu Energiesouveränität verhilft, sondern stattdessen an stark subventionierte Industriestandorte geleitet wird, während die Strompreise für die Bevölkerung steigen.

Die Kampagne soll auch im nächsten Jahr fortgesetzt werden und weitere Länder und Organisationen weltweit mit einbeziehen. Und das so lange, bis die KfW, die zuständigen Wirtschafts- und Finanzministerien und der hauptsächlich aus Parlamentarierinnen und Parlamentariern bestehende Verwaltungsrat die nötigen Konsequenzen ziehen: Einen Ausstieg der KfW aus der Kohlefinanzierung.


Autorin Mona Bricke arbeitet seit 2010 bei der klima-allianz deutschland an der Verhinderung von neuen Kohlekraftwerken. Seit 2012 koordiniert sie europaweite Bemühungen die klima- und gesundheitsschädliche Kohle schnellstmöglich zu einem Energieträger der Vergangenheit zu machen.



Anmerkungen

(1) Studie WWF-Griechenland, Juli 2013: »Ptolemaida V and Meliti 2: Economic viability report of the new lignite units«:
http://www.die-klima-allianz.de/wp-content/uploads/2013/08/LigniteGreece_WWF_long.pdf

(2) DER SPIEGEL, 1.7.2013: Renaissance des Rußes:
http://magazin.spiegel.de/reader/index_SP.html#j=2013&h=27&a=101368224, Stand September 2013

(3) urgewald, April 2013: KfW und Kohlefinanzierung - klimaschädliche Geschäfte einer »grünen« Staatsbank:
http://urgewald.org/sites/default/files/briefing_kfwkohle_april2013.pdf


Bildunterschriften der im Schattenblick nicht veröffentlichten Abbildungen der Originalpublikation:

- KfW am großzügigsten: Wie internationale Entwicklungsbanken Kohlekraftwerke fördern (Grafik)
- Aktion vor dem Hauptsitz der KfW in Frankfurt
- Protestaktion in Südafrika


Das Forum Umwelt & Entwicklung wurde 1992 nach der UN-Konferenz für Umwelt und Entwicklung gegründet und koordiniert die Aktivitäten der deutschen NRO in internationalen Politikprozessen zu nachhaltiger Entwicklung. Rechtsträger ist der Deutsche Naturschutzring, Dachverband der deutschen Natur-, Tier- und Umweltschutzverbände (DNR) e.V.

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Quelle:
Forum Umwelt & Entwicklung - Rundbrief 3/2013, Seite 29-30
Herausgeber: Projektstelle Umwelt & Entwicklung
Marienstr. 19-20, 10117 Berlin
Telefon: 030/678 1775 93, Fax: 030/678 1775 80
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veröffentlicht im Schattenblick zum 7. November 2013