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AKTION/459: Energietisch - Auf zur vierten Stufe! (Der Rabe Ralf)


DER RABE RALF
Nr. 177 - Dezember 2013 / Januar 2014
Die Berliner Umweltzeitung

Energietisch - Auf zur vierten Stufe!
Bewegung für ein Stadtwerk und Stromnetz in Berliner Hand geht weiter

von Jochen Mühlbauer



Ganz Berlin und besonders die Aktiven des Berliner Energietischs standen am Abend des 3. November unter Hochspannung, als das Ergebnis des Energie-Volksentscheids bekannt wurde: 83 Prozent der Teilnehmer/-innen am Volksentscheid (24,1 Prozent aller wahlberechtigten Berliner/-innen) stimmten für den Gesetzentwurf des Energietisches. Am Ende mit ganz wenigen Stimmen (21.374) am 25-Prozent-Zustimmungsquorum zu scheitern, das war bitter. Aber auf jeden Fall vielen Dank an die 599.565 Berlinerinnen und Berliner, die mit JA gestimmt haben für ein Stadtwerk und Stromnetz in kommunaler Hand.

Wie wird es jetzt weitergehen? "Der Berliner Energietisch wird weiter machen. 599.565 Berlinerinnen und Berliner haben sich hinter die Forderungen des Energietisches gestellt. Mit diesem Rückenwind werden wir den Druck auf den Berliner Senat aufrechterhalten. Wir fordern den Senat zu einer ernsthaften Bewerbung von Berlin Energie um die Berliner Stromnetze auf. Zudem muss das Ministadtwerk der Koalition nun zu echten starken Stadtwerken ausgebaut werden.", sagte Stefan Taschner, Sprecher des Berliner Energietisches.

Der Energie-Volksentscheid war ein großer Erfolg, aber aufgrund des festgelegten Quorums von 25 Prozent Zustimmung aller Berliner Wahlberechtigten leider kein Sieg. Entscheidender Faktor für das Nichterreichen des Quorums war die Verlegung des Abstimmungstermins vom Bundestagswahltermin (22. September) auf den 3. November. Damit hat die SPD-CDU Koalition nicht nur Mehrkosten von mindestens 1,8 Millionen Euro für den Steuerzahler verursacht, sondern dem Energietisch auch Felsbrocken in den Weg gelegt. Sogar einen neutralen Beteiligungsaufruf für den Volksentscheid lehnte die Regierungskoalition ab. Dazu kommt, dass gerade Senior/-innen längere Wege zu den Abstimmungslokalen beschert wurden, weil der Senat deren Anzahl verringert hat. Für viele war der Weg zur Abstimmung damit schlichtweg zu weit und nicht zu bewältigen.

"Es ist bitter, wenn letztendlich nicht die Abstimmenden über den Erfolg bestimmen, sondern ein politisch festgelegtes Quorum. Läge das Quorum, wie zum Beispiel in Hamburg, bei 20 Prozent der Abstimmenden würde das Abstimmungsergebnis als rauschender Sieg gefeiert werden", so Michael Efler, Vertrauensperson des Volksentscheids.

Lob von Grünen und Linken

Großes Lob für den Energietisch äußerten Grüne und Linke aus den Reihen der Opposition im Berliner Abgeordnetenhaus. "Großer Respekt für den Berliner Energietisch! Ihm ist es gelungen, erfolgreich ein breites Bündnis aus Zivilgesellschaft, Verbänden und Politik für die Energiewende in Berlin zu organisieren. Diese Stadt hat dank des Volksentscheids in den vergangenen Monaten intensiver und ernsthafter über eine Berliner Energiewende diskutiert als je zuvor. Und das obwohl Rot-Schwarz sich für kein Störmanöver zu schade war und mit der Verlegung des Abstimmungstermins getrickst hat. Das stimmt optimistisch, dass wir unser Ziel einer sozialen Energiewende in Berlin gemeinsam erreichen werden", so die Vorsitzenden der Berliner Grünen Bettina Jarasch und Daniel Wesener.

"Auch wenn das Zustimmungsquorum knapp verfehlt wurde und der Volksentscheid somit formell gescheitert ist, war er politisch dennoch ein großer Erfolg. Denn er hat Bewegung in die Diskussion über die Energiewende in Berlin gebracht und die rot-schwarze Koalition gezwungen, zumindest einige, wenn auch bisher unzureichende Schritte auf dem vom Berliner Energietisch vorgeschlagenen Weg zu gehen. Dafür gebührt allen, die den Berliner Energietisch unterstützt haben, unser Dank und Respekt", erklärte der Vorsitzende der Linken Berlin, Klaus Lederer.

Strategie nach dem Volksentscheid

Auch nach dem Energie-Volksentscheid sind viele energiepolitische Fragen in Berlin noch vollkommen offen: Wer betreibt nach 2014 für 20 Jahre das Berliner Stromnetz? Was wird aus dem Öko-Stadtwerk? Der Berliner Energietisch setzt sich weiterhin dafür ein, dass Energie als Daseinsvorsorge in öffentliche Hand kommt. Deswegen wird der Energietisch sowohl das Vergabeverfahren für die Stromnetzkonzessionen als auch den Aufbau eines kommunalen Bewerbers (Berlin Energie) kritisch verfolgen und an dieser zentralen Stelle ein Maximum an Transparenz einfordern.

Ebenso wird der Berliner Energietisch sich weiterhin für eine echte Energiewende in der Hauptstadt einsetzen. Statt eines Mini-Stadtwerks von SPD und CDU fordert der Energietisch eine starke klimapolitische Initiative der öffentlichen Hand und ein Öko-Stadtwerk, dass diesen Herausforderungen gerecht wird. Hierzu wird beginnend mit einer Klausurtagung des Bündnisses Mitte Dezember ein konkretes eigenes Konzept erarbeitet.

Es gibt also nach wie vor viel Arbeit für den Berliner Energietisch, um den Zielen des Gesetzesentwurfs bei der Rekommunalisierung des Stromnetzes und der Gründung eines starken Stadtwerkes näherzukommen. Jetzt beginnt also nach dem Volksbegehren, der 2. Stufe des Volksbegehrens und dem Volksentscheid praktisch die vierte Stufe der Kampagne für eine demokratische, ökologische und soziale Energiewende in Berlin. Dafür ist auch weiterhin die Unterstützung von vielen Berlinerinnen und Berlinern notwendig. Die GRÜNE LIGA Berlin wird den Energietisch als zuverlässigen Bündnispartner auch 2014 aktiv unterstützen.


Weitere Informationen: www.berliner-energietisch.net

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Quelle:
DER RABE RALF - 24. Jahrgang, Nr. 177 - Dezember 2013 / Januar 2014,
Seite 5
Herausgeber:
GRÜNE LIGA Berlin e.V. - Netzwerk ökologischer Bewegungen
Prenzlauer Allee 8, 10405 Berlin-Prenzlauer Berg
Redaktion DER RABE RALF:
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veröffentlicht im Schattenblick zum 31. Dezember 2013