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BODEN/107: Europas Bodenvielfalt - Neuer Atlas unterstreicht Bedeutung & deckt Bedrohungen auf (KEG)


Europäische Kommission - Brüssel, den 23. September 2010

Europas Bodenvielfalt - Neuer Atlas unterstreicht Bedeutung und deckt Bedrohungen auf


Zum ersten Mal veröffentlichte heute die Gemeinsame Forschungsstelle der Europäischen Kommission (GFS) eine auf Indikatoren basierende Karte, die potentielle Bedrohungen für die Bodenvielfalt aufzeigt und so Entscheidungsträgern helfen soll, diese wesentliche Ressource zu schützen. Die Vielfalt der Böden spielt eine entscheidende Rolle in der Landwirtschaft und im Wasser- und Kohlenstoffkreislauf. Der Atlas zeigt, in welchen Regionen Europas die Bodenvielfalt aktuell am meisten gefährdet ist - in Teilen des Vereinigten Königreichs, der Benelux-Länder und Nordfrankreichs, auch wenn es in mehreren anderen Mitgliedstaaten besonders gefährdete Gebiete gibt. Der Atlas ist eine umfassende Informationsquelle für Forscher, Entscheidungsträger und Lehrkräfte. Er soll anlässlich der Konferenz "Boden, Klimawandel und biologische Vielfalt - Wo stehen wir?" vorgestellt werden (Brüssel, 23. und 24. September 2010).

Máire Geoghegan-Quinn, Kommissarin für Forschung, Innovation und Wissenschaft, und Janez Potocnik, Kommissar für Umwelt, erklärten dazu: "Der Boden ist von grundlegender Bedeutung für die biologische Vielfalt, durch die das Leben auf unserem Planeten möglich ist und unsere Wirtschaft nachhaltig bleibt. Durch die Verschlechterung der Bodenqualität ist unser Zugang zu Nahrungsmitteln, frischer Luft und Trinkwasser sowie vielen wichtigen Rohstoffen gefährdet. Dieser Atlas ist ein wesentlicher Beitrag der EU zu dem von der UNO ausgerufenen Jahr der biologischen Vielfalt 2010. Damit soll die Öffentlichkeit sensibilisiert werden für die Notwendigkeit der Bodenrahmenrichtlinie, die die Kommission im Jahre 2006 erstmals vorgeschlagen hat, und dazu beigetragen werden, eine weitere Verschlechterung der Bodenqualität zu verhindern und den bereits verursachten Schaden zu beheben. Je länger wir damit warten, dieses Problem koordiniert anzugehen, desto größer werden die Kosten sein."

Der Europäische Atlas der Bodenvielfalt enthält die allererste Karte, in der die Bedrohungen für die Bodenvielfalt in fast allen EU-Mitgliedstaaten(1) erfasst sind. Potentielle Bedrohungen für die Bodenvielfalt wurden aufgelistet und in einem Gutachten der von der GFS eingesetzten Arbeitsgruppe für Bodenvielfalt ("Soil Biodiversity Working Group") klassifiziert. Bei der Ausarbeitung der neuen, auf Indikatoren basierenden Karte potentieller Bedrohungen wurden verschiedenste Faktoren miteinbezogen wie die Veränderungen bei der Landnutzung, die Zerstörung von Lebensräumen, die Ausbeutung natürlicher Ressourcen durch den Menschen, invasive Arten, Bodenverdichtung, Erosion und Umweltverschmutzung.

Die Karte stellt eine Bewertung des Risikos eines Rückgangs der Bodenvielfalt gegenüber der derzeitigen Situation, nicht jedoch den tatsächlichen Stand der Bodenvielfalt dar. Die Ergebnisse zeigen, dass das Risiko eines Rückgangs der Bodenvielfalt aufgrund menschlicher Aktivitäten tendenziell höher ist in Gebieten mit hoher Bevölkerungsdichte und/oder intensiver landwirtschaftlicher Tätigkeit. Solche Gebiete lassen sich insbesondere im Vereinigten Königreich (in mehreren Landesteilen, außer den nördlichsten), den Benelux-Ländern und Nordfrankreich finden. Gleichzeitig werden aber auch bestimmte Gebiete mehrerer anderer Mitgliedstaaten, von denen viele die gleichen Merkmale aufweisen, als besonders gefährdet eingestuft - zum Beispiel die Po-Ebene in Italien, die als einzige Region des Landes unter die Kategorie "hohes Risiko" fällt.

Der von der GFS veröffentlichte Atlas gewährt dem Leser auch Einblicke in das "Leben unter der Erdoberfläche". Dem großen Publikum sollen das Leben im Boden und die entscheidende Rolle der Böden für das Gleichgewicht anderer Ökosysteme unseres Planeten verständlich gemacht werden. Ferner enthält er die neuesten Forschungsergebnisse über die aktuellen Bedrohungen für die Bodenvielfalt.

Dieser 128-seitige Atlas ist das Ergebnis einer Zusammenarbeit zwischen Dienststellen der Europäischen Kommission und Partnern von Hochschulen, aus der Wirtschaft sowie Organisationen wie die Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation (FAO) und das Übereinkommen über die biologische Vielfalt ("Convention on Biological Diversity", CBD). Jeder Teil ist von weltweit führenden Experten verfasst und für Laien verständlich dargestellt worden.

Im ersten Teil des Atlas werden der Lebensraum Boden, seine vielfältigen Funktionen und die "Ökosystemgüter und -leistungen", die er liefert, untersucht wie auch die Rolle, die die Bodenbiota dabei spielen. Der zweite Teil ist eine Art Enzyklopädie der Bodenvielfalt, in der dem Leser viele der wichtigsten Gruppen von Bodenorganismen mithilfe von hochauflösenden Bildern vorgestellt werden.


Nähere Informationen

zum Europäischen Atlas der Bodenvielfalt:
http://eusoils.jrc.ec.europa.eu/library/maps/biodiversity_atlas/index.html

zu der Konferenz "Boden, Klimawandel und biologische Vielfalt - Wo stehen wir?":
http://ec.europa.eu/environment/soil/biodiversity_conf.htm

zu der Bodenpolitik der EU:
http://ec.europa.eu/environment/soil/index_en.htm

Kontaktperson: monica.westeren@ext.ec.europa.eu


Anhang

Einige Fragen, über die der Atlas Aufschluss gibt

Welche Art von Leben gibt es im Boden?

Die außerordentliche Vielfalt des Bodenlebens reicht von den allseits bekannten Regenwürmern und Käfern zu mikroskopisch kleinen Bakterien, Pilzen und Einzellern wie Amöben. In nur einer Hand voll Erde können sich zehntausende Bakterienarten tummeln.

Wie lässt sich sein wirtschaftlicher und ökologischer Wert messen?

Der wirtschaftliche Wert der Bodenvielfalt lässt sich von seinem ökologischen Wert ableiten. Die Bodenbiota spielen eine lebenswichtige Rolle für die Bodenfruchtbarkeit und haben erhebliche Auswirkungen auf die landwirtschaftlichen Erträge. Außerdem tragen sie zu der Reinigung von Luft und Wasser bei. Müssten diese Funktionen synthetisch erfüllt werden, würde das jedes Jahr Billionen Euro kosten.

Was ist speziell an der Bodenbiologie?

Die Bodenbiologie entwickelt sich in der dunklen Welt unter der Erdoberfläche und ihre Forschungsobjekte sind in vielen Fällen so klein, dass sie mit bloßem Auge gar nicht sichtbar sind. Und doch können Prozesse, die von Organismen im Boden ausgeübt werden, Auswirkungen auf globaler Ebene haben und lebenswichtig sein für Organismen, die auf der Erdoberfläche leben - so auch für den Menschen.

Inwiefern beeinträchtigen die Tätigkeiten des Menschen die Ökosysteme des Bodens?

Viele der vom Menschen ausgeübten Tätigkeiten beeinträchtigen das Bodensystem.

Der Bau von Gebäuden und Städten kann wegen der Versiegelung des Bodens durch Beton zur Verdichtung und zum Verlust von Boden führen.

Auch wurden invasive Arten in neue Gebiete eingeschleppt, oftmals durch die Erde von Gartenpflanzen, welche um die ganze Welt geschickt werden. Dies schadet den einheimischen Arten. Vom Menschen verursachte Belastungen werden erstmalig auf einer Karte im Atlas aufgezeigt.

Welche Zusammenhänge bestehen zwischen Bodenbiota und Klimawandel?

Böden binden zweimal so viel Kohlenstoff wie sich aktuell in der Atmosphäre befindet. Das organische Leben in Böden bestimmt maßgeblich, ob der Boden als Kohlenstoffquelle (Emission von Kohlenstoff) oder Kohlenstoffspeicher (Aufnahme von Kohlenstoff) agiert. Über viele der Interaktionen zwischen Boden, Atmosphäre und Klima liegen nach wie vor nur spärliche Erkenntnisse vor - weitere Forschung in diesem Bereich ist nötig.

(1) Zypern, Schweden und Finnland wurden aufgrund fehlender Daten nicht miteinbezogen.



© Europäische Gemeinschaften, 1995-2010


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Quelle:
Pressemitteilung IP/10/1165, 23.09.2010
Europäische Kommission (KEG), Brüssel
Internet: www.ec.europa.eu, www.europa.eu/rapid/


veröffentlicht im Schattenblick zum 28. September 2010