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FORSCHUNG/1101: Mit Falllaub kann man Preise gewinnen (idw)


Forschungsverbund Berlin e.V. - 05.11.2014

Mit Falllaub kann man Preise gewinnen

Biologin erhält Nachwuchswissenschaftlerinnen-Preis des Forschungsverbundes Berlin e.V



Wenn Bäume und Sträucher im Herbst ihre Blätter verlieren, gelangt auf diesem Weg Kohlenstoff aus dem Umland in unsere Gewässer. Dr. Kristin Scharnweber verfolgte erstmals den Weg dieses essentiellen Elements ins aquatische Nahrungsnetz und wieder zurück an Land. Damit gelang es ihr, ein bislang fehlendes Puzzleteil im Kohlenstoffkreislauf zu schließen. Für ihre Doktorarbeit am Berliner Leibniz-Institut für Gewässerökologie und Binnenfischerei (IGB) erhielt sie am 5. November den Nachwuchswissenschaftlerinnen-Preis des Forschungsverbundes Berlin e.V.

Im Schilf aufgestellte Vorrichtung - Foto: © IGB

Zum Einfangen der schlüpfenden Zuckmücken nutzen die Forscher vom Projekt TERRALAC sogenannte Emergenz-Fallen. Sie konnten zeigen, dass der Kohlenstoff durch diese Tiere wieder an Land kommt.
Foto: © IGB

Herbst-Romantik, bunte Farben oder rutschige Wege verbindet wohl der Normalbürger mit fallendem Laub in der kühlen Jahreszeit. Für Dr. Kristin Scharnweber sind die von Bäumen und Büschen abgeworfenen Blätter jedoch vor allem eines: Eine Art Briefträger, die Kohlenstoff vom Land ins Gewässer transportieren. Dort angekommen wird dieser wesentliche Bestandteil allen Lebens so lange weiter verwertet, bis er schließlich durch weitere "Spediteure" - nämlich Zuckmückenlarven - zurück an Land gelangt. Lange Zeit galten Gewässer als in sich geschlossene Systeme. Die Biologin hat nicht nur den erneuten Beweis erbracht, dass die Nahrungsnetze im Wasser und an Land miteinander verbunden sind: Mit nahezu kriminalistischen chemischen Analysen hat sie erstmals den genauen Weg des Kohlenstoffs auf seiner Reise durch die Elemente verfolgt.

Forscherin im Freien am Laptop - Foto: © IGB

Dr. Kristin Scharnweber zeigte, dass der vom Land kommende Kohlenstoff von Kleintieren im Gewässer und anschließend über die Nahrungskette von Fischen aufgenommen wird.
Foto: © IGB

Für ihre beeindruckende Arbeit, die zum Querdenken über die Grenzen von Wasser und Land hinweg einlädt, wird die junge Forscherin nun mit dem Nachwuchswissenschaftlerinnen-Preis des Forschungsverbundes Berlin e.V. ausgezeichnet. Für den Versuch führte ein ganzes Wissenschaftler-Team des Projekts TERRALAC ein Großexperiment durch, welches an biblische Geschichten erinnert: Sie teilten einen See. Allerdings erfolgte die Trennung, anders als im alten Testament, mit Planen und nicht in Ägypten, sondern im Norden Brandenburgs. In eine Hälfte beförderten die Forscher vom IGB, der TU Berlin und der Universität Potsdam Maisblätter. Diese können von Kleinstlebewesen genauso verwertet werden wie Wasserpflanzen, doch lässt sich der enthaltene organische Kohlenstoff durch chemische Analysen von dem anderer Nahrungsquellen unterscheiden. Die gleiche Prozedur wurde an einem Vergleichssee nochmal durchgeführt. Kristin Scharnweber versichert: "Das war schon teilweise Knochenarbeit."

Die Untersuchungen zeigten, dass der vom Land kommende Kohlenstoff direkt von wirbellosen Tieren am Gewässerboden und anschließend über die Nahrungskette auch von Fischen aufgenommen wird. Ein Teil davon verlässt die Seen wieder über schlüpfende Zuckmücken. Diese verbringen ihr Larvenstadium im Wasser, kommen zum Hochzeitstanz an Land und werden dort Beute von Spinnen. So schließt sich der Kreis zum terrestrischen Nahrungsnetz. Die Verwertung terrestrischen Kohlenstoffs durch aquatische Kleinstlebewesen geschieht vornehmlich an pflanzenreichen Gewässerrändern klarer Seen. Im uferfernen Freiwasser - wo die Blätter schnell ins tiefe Wasser herabsinken und folglich als Nahrung nicht mehr zur Verfügung stehen, wird der Kohlenstoff nicht umgesetzt. Dies erklärt, warum viele Gewässer eine Speicherfunktion für Kohlenstoff haben.

Weitere Informationen zum IGB:
Das Leibniz-Institut für Gewässerökologie und Binnenfischerei (IGB) ist ein international führendes und bundesweit das größte Forschungszentrum für Binnengewässer. Das IGB erarbeitet die wissenschaftlichen Grundlagen für die nachhaltige Bewirtschaftung unserer Gewässer, bildet den wissenschaftlichen Nachwuchs aus und berät Politik, Wirtschaft und Öffentlichkeit in Fragen des Gewässermanagements. Es gehört zum Forschungsverbund Berlin e.V., einem Zusammenschluss von acht natur-, lebens- und umweltwissenschaftlichen Instituten in Berlin, die von der Bundesrepublik Deutschland und der Gemeinschaft der Länder finanziert werden.


Weitere Informationen finden Sie unter
http://www.esajournals.org/doi/pdf/10.1890/13-0390.1
http://onlinelibrary.wiley.com/doi/10.1111/oik.01524/abstract http://www.igb-berlin.de

Die gesamte Pressemitteilung inkl. Bilder unter:
http://idw-online.de/de/news611840

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung unter:
http://idw-online.de/de/institution245

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Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft e. V. - idw - Pressemitteilung
Forschungsverbund Berlin e.V., Gesine Wiemer, 05.11.2014
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 7. November 2014