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FORSCHUNG/1517: Klimawandel und Sedimentablagerungen erhöhen Methanemissionen aus Stauseen (idw)


Technische Hochschule Köln - 24.05.2019

Klimawandel und Sedimentablagerungen erhöhen Methanemissionen aus Stauseen

Forscherteam entwickelt Prototyp zur Reduktion von Methan in Stauseen


Forscherinnen und Forscher des Labors für Wasser und Umwelt (LWU) der TH Köln haben zusammen mit der DB Sediments GmbH einen Prototypen entwickelt, der Methangas aus Stauseen absaugt, das dort über Sedimente angereichert und in die Atmosphäre freigesetzt wird. In Feldversuchen wurden außerdem die Ursachen der steigenden Methanemission in Stauseen untersucht: Sinkende Wasserspiegel führen zu einer Erhöhung der Methanemission. Außerdem entwickelte das Forscherteam ein neues Gefrierkernverfahren, das die Entnahme ungestörter Sedimentproben ermöglicht. Das Forschungsprojekt "Methanelimination aus Stauseen" (MELIST) wird durch den Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE.NRW) gefördert.

Methan gehört neben Kohlendioxid (CO2) und Stickstoff zu den natürlichen Treibhausgasen, die für die Klimaveränderung verantwortlich sind. Dabei ist Methan 28-mal so schädlich wie CO2, seine Lebenszeit in der Atmosphäre mit zwischen neun und 15 Jahren aber deutlich kürzer. Neben natürlichen Quellen wie Sümpfe und Wälder sind zunehmend auch anthropogene Quellen wie Viehzucht, Reisfelder, und Mülldeponien für die in den letzten zwölf Jahren stark gestiegenen Methanwerte in der Atmosphäre verantwortlich. Wie signifikant der Methanausstoß durch Stauseen ist, wird derzeit von verschiedenen Forscherteams weltweit untersucht, darunter auch die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des LWU: "Bereits der eher kleine Stausee Olsberg an der Ruhr, mit einem Speichervolumen von 72.000 Kubikmeter, setzt in einem Jahr so viele Methanblasen frei, wie ein Pkw auf einer Million Fahrkilometern", sagt Yannick Dück, Doktorand der TH Köln und Koordinator des Forschungsprojekts MELIST.

Organische Bestandteile von Sedimentablagerungen in Stauseen wie beispielsweise Blätter werden durch Bakterien zersetzt, wodurch Methan entsteht. Intensivierte Landwirtschaft oder Waldrodungen erhöhen die Biomasse in Stauseen. Das Methan löst sich im Wasser mit gelöstem Sauerstoff, um anschließend in der Atmosphäre zu CO2 zu oxidieren.

Kernstück des im Forschungsprojekt MELIST unter der Leitung von Prof. Dr. Christian Jokiel entwickelten Prototyps ist ein Hochdrucksauger für Sedimentablagerungen und darin befindliche Methanblasen, die an einer schwimmenden Plattform installiert ist. Diese Plattform fährt kontinuierlich und weitestgehend automatisiert über einen Stausee. Dabei werden die Sedimente aufgewirbelt und zusammen mit dem Methangas aufgenommen. Dieses Wasser-Sediment-Gas-Gemisch wird auf der Plattform getrennt und das Gas durch eine Vakuumpumpe abgesaugt. Abschließend wird das Sediment dem Fließgewässer unterhalb des Staudamms wieder zugeführt.

MELIST beinhaltet neben der Prototyp-Entwicklung auch Feldversuche auf den nordrhein-westfälischen Stauseen Urfttalsperre und Olsberg: Das Team der TH Köln unternahm im Zeitraum von November 2016 bis März 2017 kontinuierliche Messungen der Methanemission, untersuchte potentielle Einflussfaktoren und mögliche Methan-Hot Spots der Stauseen. Die Emissionsmessungen ergaben, dass Änderungen des Wasserspiegels einen Einfluss auf die Freisetzung der im Sediment befindlichen Methanblasen haben. Fällt der Wasserspiegel, verringert sich der Wasserdruck und Methanblasen können leichter aufsteigen. Das Ergebnis ist relevant für die sich abzeichnenden klimatischen Veränderungen: Langanhaltende Trockenperioden wie beispielsweise im Rekord-Hitzesommer 2018, durch die der Pegel sinkt, erhöhen demnach die Methanproduktion. "Steigende Temperaturen wie sie durch den Klimawandel zu erwarten sind, werden die Methanproduktion begünstigen", sagt Yannick Dück.

In einem neu entwickelten Gefrierkernverfahren wurden außerdem Sedimentproben aus unterschiedlichen Stauseetiefen in zwei Stauseen entnommen und in einem Computertomographen untersucht. Das Verfahren ermöglicht die Entnahme von ungestörten, gashaltigen Sedimentproben. Bei bisherigen Verfahren werden Proben durch einen sich verringernden Wasserdruck und Temperaturänderung der Probe negativ beeinträchtigt "Die gefrorenen Sedimentkerne geben uns Rückschlüsse auf Sedimentschichtungen und die Tiefe, in denen Methanblasen zu finden sind. Das sind wichtige Informationen für die Lösung und Aufnahme von Sedimentablagerungen: Wie tief muss man das Sediment erodieren, um das Gas möglichst vollständig aufzunehmen? Wie oft muss man den Stausee befahren? Und wie viel Energie wird benötigt um das Sediment abzutragen? Die Ablagerungen sind in jedem Stausee unterschiedlich", sagt Dück.

Im nächsten Schritt soll die kontinuierliche Trennung von Sediment und Gas optimiert werden. Dazu ist ein Folgeprojekt geplant, an dem auch Forscherinnen und Forscher des Lehr- und Forschungszentrums :metabolon beteiligt sind. Sie werden untersuchen, ob und in welcher Form das den Stauseen entnommene Methan energetisch genutzt werden kann.


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Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft e. V. - idw - Pressemitteilung
Technische Hochschule Köln - 24.05.2019
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veröffentlicht im Schattenblick zum 30. Mai 2019

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