Schattenblick → INFOPOOL → UMWELT → FAKTEN


LUFT/535: EU-Förderung verbessert Untersuchungen zur Luftqualität in Sachsen (idw)


Leibniz-Institut für Troposphärenforschung e. V. - 01.06.2015

EU-Förderung verbessert Untersuchungen zur Luftqualität in Sachsen

von Tilo Arnhold


Leipzig. Der Europäische Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) fördert die Infrastruktur zur Luftpartikelcharakterisierung am Leibniz-Institut für Troposphärenforschung (TROPOS) mit insgesamt knapp 1,5 Millionen Euro. Damit wurden in den vergangenen Monaten eine Reihe neuer Messgeräte angeschafft, die dazu beitragen, die Entwicklung der Luftqualität besser zu untersuchen. Die Luftqualität ist aus Sicht der Europäischen Umweltagentur (EEA) immer noch eines der drängendsten Umweltprobleme in städtischen Gebieten. So führt die EEA in ihrem aktuellen Bericht etwa 430.000 vorzeitige Todesfälle in der EU auf Feinstaub zurück.

Luftqualität am Beispiel der Umweltzone Leipzig

Die jetzt geförderte Infrastruktur verbessert die Datenerhebung bei Luftschadstoffen wie Feinstaub oder Stickstoffdioxid, deren Messwerte anschließend in regionale und europaweite Netzwerke einfließen. Präzise Langzeitmessungen sind notwendig, um die Entwicklung der Luftqualität zu verstehen und Erfolg- oder Misserfolg von Luftreinhaltemaßnahmen überprüfen zu können. So untersucht das TROPOS zum Beispiel zusammen mit dem Sächsischen Landesamt für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie (LfULG) seit 2010 die Wirksamkeit der Umweltzone in Leipzig, die eine von vielen Maßnahmen im Luftreinhalteplan ist, mit dem die Stadtverwaltung versucht, die Luftqualität in ihrer Stadt zu verbessern, um europäische Standards einzuhalten. Neben den gesetzlich vorgegebenen Schadstoffen werden dabei erstmals auch Ruß und ultrafeine Partikel überwacht. Der dritte Teil des ausführlichen Berichts ist jetzt erschienen und dokumentiert die Ergebnisse bis 2013: Die Umweltzone bewirkte eine beschleunigte Modernisierung der Fahrzeugflotte in der Stadt. In verkehrsnaher Außenluft wurden ein deutlicher Rückgang von Ruß und ultrafeinen Partikeln und eine Stagnation von Stickoxiden nachgewiesen. Erfolgreich wurden die hochtoxischen Bestandteile im Feinstaub gemindert.

Wasser und Luft sind in den letzten Jahren deutlich sauberer geworden. Europa ist jedoch immer noch weit vom Ziel entfernt, ein gutes Leben innerhalb der Belastbarkeitsgrenzen unseres Planeten bis 2050 zu ermöglichen, zog die Europäische Umweltagentur (EEA) Anfang März in ihrem jüngsten Fünfjahresbericht (SOER 2015) Bilanz. Luft- und Lärmbelastung verursachen in städtischen Gebieten auch weiterhin ernste gesundheitliche Schäden. Die geplanten Verbesserungen der Luftqualität werden voraussichtlich nicht ausreichen, um anhaltende Schäden zu vermeiden, während gleichzeitig von einer Verschärfung der Auswirkungen des Klimawandels ausgegangen wird. Maßnahmen für eine gesündere Luft werden daher voraussichtlich auch in den nächsten Jahren ein wichtiges Thema bleiben.

EFRE-Mittel ermöglichten die Anschaffung verschiedenster Spezialgeräte So konnte die TROPOS-Forschungsstation Melpitz bei Leipzig weiter ausgebaut und damit deren zentrale Rolle in der repräsentativen Erfassung der Hintergrundbelastung mit Feinstaub in Mitteleuropa gestärkt werden. Ein neues Doppler-Lidar trägt dort jetzt dazu bei, die am Boden gemessenen Daten zur Luftqualität besser beurteilen zu können, da es Informationen zur vertikalen Struktur der Atmosphäre bis in zehn Kilometern Höhe bietet. Die Durchmischung der Atmosphäre ist ein wichtiger Faktor für die Konzentrationen von Luftschadstoffen, die teilweise weit über Landesgrenzen hinweg transportiert werden. So spielen in Sachsen verschmutze Luftmassen aus Osteuropa, die Partikel aus der Industrie oder von Waldbränden hunderte Kilometer weit tragen, immer noch eine große Rolle. Organische Verbindungen stellen einen der Hauptbestandteile des Feinstaubs dar. Diese organische Komponente der Partikel wird zu einem wesentlichen Teil aus gasförmigen Vorläufern gebildet. Um diese Prozesse zu verstehen und zu quantifizieren, ist eine exakte Messung der Vorläufersubstanzen und von Spurenverbindungen unerlässlich. Die EFRE-Mittel helfen dem TROPOS nun auch, diese Messungen zu optimieren.

Ähnliches gilt auch für die Messungen im Weltkalibrierzentrum für aerosol-physikalische Feinstaubmessungen (WCCAP), das TROPOS im Auftrag der Weltorganisation für Meteorologie (WMO) in Leipzig betreibt. Die neuen Geräte dienen dazu, die Partikel über einen weiten Größenereich detaillierter zu bestimmen sowie Ruß zu untersuchen. Diese Referenzgeräte heben die Ausstattung und Möglichkeiten des WCCAP auf einen international einmaligen Stand. Verbessert werden auch die Möglichkeiten im Bereich der Wolkenforschung. Der neue "All Sky Infrared Visible Analyzer" (ASIVA) misst im thermisch-infraroten Spektralbereich und ermöglicht so z.B. den Bedeckungsgrad von Wolken und deren Höhe auch nachts zuverlässig zu bestimmen. Diese Größen sind Schlüsselparameter für ein genaueres Verständnis der Effekte von Aerosolen auf Wolken und der daraus resultierenden Strahlungs- und Klimawirkung.

Investitionen in die Zukunft des Wissenschaftsstandorts

Mit diesen Investitionen in Messtechnik wird der Wissenschafts- und Technologiestandort Sachsen klar gestärkt. Durch das Leibniz-Institut für Troposphärenforschung ist Leipzig heute bereits ein weltweiter Referenzpunkt für Untersuchungen troposphärischer Partikel - sowohl in der grundlagenorientierten Forschung als auch für Anwendungen im Bereich Reinhaltung der Luft. Die EFRE-Mittel werden dazu beitragen, diese Position zu halten und im globalen Wettbewerb weiter auszubauen. Gleichzeitig tragen sie dazu bei, effiziente Lösungen zur Verbesserung der Luftqualität zu finden und so die Gesundheit der Menschen in Europa zu schützen.

Hilfe für lange benachteiligte Regionen Europas

Der Europäische Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) gehört zusammen mit dem Europäischen Sozialfonds (ESF) zu den wichtigsten Strukturfonds der Europäischen Union, die den wirtschaftlichen Aufholprozess der ärmeren Regionen innerhalb der EU unterstützen sollen. In der Förderperiode von 2014 bis 2020 fließen rund 2,7 Milliarden Euro nach Sachsen, davon 2,08 Milliarden aus dem EFRE und rund 662 Millionen Euro aus dem ESF. Den wichtigsten Schwerpunkt im EFRE bilden die Förderung von Forschung, technologischer Entwicklung und Innovation. Weitere Schwerpunkte sind die Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit kleinerer und mittlerer Unternehmen (KMU), Investitionen in Energieeffizienz und umweltfreundliche Verkehrsträger zur Stärkung des Klimaschutzes, Hochwasserschutz sowie die Nachhaltige Stadtentwicklung benachteiligter Stadtquartiere.

Publikation:
Gunter Löschau, Alfred Wiedensohler, Wolfram Birmili, Fabian Rasch, Gerald Spindler, Konrad Müller, Uwe Wolf, Andrea Hausmann, Mathias Böttger, Mario Anhalt, Volker Dietz, Hartmut Herrmann, Uwe Böhme (2015): Messtechnische Begleitung der Einführung der Umweltzone in der Stadt Leipzig. Teil 3: Immissionssituation von 2010 bis 2013 und Wirkung der Umweltzone. Schriftenreihe des Landesamts für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie (LfULG).
https://publikationen.sachsen.de/bdb/artikel/23885

Die Studie wurde gefördert vom Landesamt für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie (LfULG) sowie durch das EU-Projekt UFIREG, das im Rahmen des CENTRAL EUROPE Programms durchgeführt und vom Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) gefördert wurde.



Links:

EEA-Studie "Die Umwelt in Europa: Zustand und Ausblick 2015" (SOER 2015):
http://www.eea.europa.eu/de/pressroom/newsreleases/die-umwelt-in-europa-2015
EEA-Thema Luftverschmutzung:
http://www.eea.europa.eu/de/themes/air

Strukturfonds in Sachsen:
http://www.strukturfonds.sachsen.de/
EFRE in Sachsen:
http://www.strukturfonds.sachsen.de/256.html

Weitere Informationen finden Sie unter
http://www.tropos.de/aktuelles/pressemitteilungen/details/eu-foerderung-verbessert-untersuchungen-zur-luftqualitaet-in-sachsen/

Die gesamte Pressemitteilung inkl. Bilder erhalten Sie unter:
http://idw-online.de/de/news631985

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung stehen unter:
http://idw-online.de/de/institution1606

*

Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft e. V. - idw - Pressemitteilung
Leibniz-Institut für Troposphärenforschung e. V., Tilo Arnhold, 01.06.2015
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 3. Juni 2015

Zur Tagesausgabe / Zum Seitenanfang