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MASSNAHMEN/185: Viele Strommasten in Thüringen bilden noch gefährliche Vogelfallen (NABU TH)


NABU Landesverband Thüringen - Jena, 26. Juni 2012

Ernüchternde Bilanz bei Vogelschutzmaßnahmen an Strommasten

Viele Masten in Thüringen bilden noch gefährliche Vogelfallen



Die Hälfte der Flächenländer hat den Zeitraum zur Umrüstung von Vogelschutzmaßnahmen an Strommasten verschlafen. Laut NABU Thüringen stellen im Freistaat immer noch viele Masten tödliche Vogelfallen dar. Rund 70 Prozent der Todesfälle von Weißstörchen gehen auf das Konto von Stromleitungen. Der NABU Thüringen fordert daher alle Netzbetreiber auf umgehend zu handeln.

Bis zum 31. Dezember 2012 haben die Netzbetreiber in Deutschland noch Zeit, Maßnahmen an Mittelspannungsfreileitungen in Deutschland umzusetzen, die Stromschläge bei Vögeln verhindern. Mit Blick auf den bevorstehenden Fristablauf zieht der NABU Bilanz: Von den identifizierten gefährlichen Strommasten der aktuell existierenden 120.000 Kilometer Mittelspannungsleitungen in den jeweiligen Versorgungsgebieten der Bundesländer wurden bisher etwa 60 Prozent entschärft, wie aus einer NABU-Umfrage bei den zuständigen Landesministerien hervorgeht. Es ist begrüßenswert, dass einige Bundesländer und Energieversorger die permanente Gefahr für tausende Vögel, an Strommasten zu verenden, erkannt haben und engagiert angegangen sind. Leider hat die Hälfte der 13 Flächenländer die zehn Jahre zur vollständigen Umrüstung verschlafen.

Auch einige Energiebetreiber in Thüringen zählen laut Tino Sauer zu den Langschläfern. Der Vogelexperte ist Mitglied im Landesvorstand des NABU Thüringen und berichtet: "Die Situation im Freistaat sieht noch immer besorgniserregend aus. Die Energiebetriebe haben zwar in wichtigen Vogelschutzgebieten schon einiges umgerüstet, es kommt nun aber darauf an, flächendeckend die gesetzlichen Schutzmaßnahmen umzusetzen. Es waren 10 Jahre dazu Zeit, aber immer noch stellen viele Masten tödliche Vogelfallen dar und sind noch nicht entschärft. Auch einige frühere bereits angebrachte Schutzvorkehrungen sind mittlerweile oft unwirksam geworden".

Das Bundesnaturschutzgesetz schreibt seit 2002 vor, dass neue Strommasten vogelsicher zu bauen und bestehende gefährliche Mittelspannungsmasten bis Ende 2012 technisch nachzusichern sind. Die zugrunde liegenden Vorschriften gelten deutschlandweit als verbindlich. Vogelschutzmaßnahmen sind notwendig, weil insbesondere große Vögel, wie Störche, Greifvögel und Eulen, auf Strommasten landen und so Erd- oder Kurzschlüsse auslösen. "Bei uns im Land stellen die Stromleitungen die Hauptgefahr für den Weißstorch dar, rund 70 Prozent der Todesfälle gehen auf das Konto der Strommasten. Dabei könnten die Masten mit Schutzhauben, Markierungen oder Isolationstechnik dagegen mit einem geringen Aufwand gesichert werden", erklärt Sauer.

Thüringen zählt neben Baden-Württemberg und Mecklenburg-Vorpommern zu den Ländern, die auf die NABU-Abfrage zum Stand der fristgemäßen Umrüstung nicht geantwortet haben. Unter den Ländern mit den größten Mittelspannungsnetzen befindet sich lediglich Nordrhein-Westfalen bei der Umrüstung nah am Ziel. Hier sollen nach Angaben der zuständigen Behörden bisher rund 52.000 von 63.000 gefährlichen Masten gegen den Vogel-Stromtod gesichert worden sein. Rheinland-Pfalz, Sachsen und Sachsen-Anhalt sind mit über 70 Prozent Umrüstungsbestand optimistisch, die Frist einhalten zu können.

Sechs Monate vor Fristende hat kein einziges Flächenland eine vollständige Entschärfung erreicht. Auch einige Leitungen in Kernzonen von Vogelschutzgebieten sind in Thüringen noch immer als "elektrische Stühle" zu betrachten. So verlaufen im SPA Nr. 16 im Umfeld des "Speicher Dachwig" zwei Leitungen, an denen in den letzten Jahren Uhu, Rotmilan, Rohrweihe, Sumpfohreule und im letzten Winter auch eine Rohrdommel verendeten. "Wir sind gespannt, wie die säumigen Netzbetreiber in Thüringen bis zum Jahresende die 100 Prozent erreichen wollen und fordern dazu auf, dem Sicherungsbedarf der Masten endlich nachzukommen", sagt Sauer.

Auf der Internetseite des NABU Thüringen können verunglückte Großvögel gemeldet werden:
www.NABU-Thueringen.de

Vollständige Liste der Ergebnisse aus der Befragung nach Bundesländern im Internet zu finden unter
www.NABU.de/netzausbau

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Quelle:
Pressemitteilung, 26.06.2012
Herausgeber: Naturschutzbund Deutschland e.V.
NABU Thüringen
Leutra 15, 07751 Jena
Tel. 0 36 41/60 57 04, Fax 0 36 41/21 54 11
E-Mail: LGS@NABU-Thueringen.de
Internet: www.NABU-Thueringen.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 28. Juni 2012