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STADT/172: Berliner Straßenbaumbestand - bald eine aussterbende Art? (BUND BE)


BUND-Baumreport: Berliner Straßenbäume - bald eine aussterbende Art?

Berlin hat seit 2001 schon über 11.000 Bäume verloren - bis zu 3.000 pro Jahr


Der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND Berlin) hat in einer Bezirksumfrage einen fortschreitenden Schwund an Straßenbäumen festgestellt. Bis zu 3.000 Bäume gehen Berlin jährlich verloren. So wurden von 2005 bis 2007 fast 15.000 Bäume gefällt, aber noch nicht einmal 8.800 nachgepflanzt, ein Verlust von über 6.000 Bäumen. Die Senatsverwaltung betont aber immer wieder, dass der Straßenbaumbestand steigt und mit über 420.000 Bäumen so hoch sei wie noch nie.

Vor diesem Hintergrund hat der BUND eine umfassende Umfrage in den Bezirken durchgeführt und kommt zu dem Ergebnis: Berlin verliert seit 2001 stetig Straßenbäume. Es ist ein schleichender Prozess, der mittel- bis langfristig zu hohen Verlusten führt, die später kaum noch auszugleichen sind. Wenn nicht jetzt entschieden gegengesteuert wird, verliert Berlin sein positives grünes Stadtbild und damit auch viel Lebensqualität.

Durch Aussagen des Senates entsteht der Eindruck, dass der Straßenbaumbestand konstant bleibt bzw. sogar stark zugenommen hat. Fakt ist, es handelt sich um Zahlenschieberei: So wurden Bäume, die auf Stadt- und Parkplätzen stehen, zu Straßenbäumen gezählt. Fazit, der Straßenbaumbestand in Berlin steigt nicht durch Neupflanzungen, sondern durch Korrekturen in der Statistik.

In allen Bezirken außer in Mitte und Friedrichshain-Kreuzberg wurden im Zeitraum 2005-2007 mehr Bäume gefällt als gepflanzt. Die Zahlen sind alarmierend, so hat Steglitz-Zehlendorf 1.650 Baumfällungen und nur 411 Nachpflanzungen vorgenommen, Reinickendorf hat über 1.713 Bäume gefällt und nur 863 nachgepflanzt, Pankow hat 2.771 Bäume verloren und gerade mal 1.269 neue gesetzt und Spandau hat zwar nur 630 gefällt aber auch nur ganze 65 neu gepflanzt, ein Ersatz von gerade über 10 Prozent.

Die Ursache für den "Straßenbaum-Schwund" ist eine rigide Sparpolitik oft kombiniert mit Gleichgültigkeit oder Hilflosigkeit. So fehlen in vielen Bezirken Haushaltsmittel für Baumnachpflanzung und kontinuierliche fachliche Baumpflege. Schon heute ist in den Bezirken ein Defizit von über zehn Millionen Euro für Pflege und Nachpflanzungen festzustellen.

Zudem wurde und wird Personal reduziert, so dass die meisten Bezirke Aufträge an Firmen vergeben, obwohl dies teuerer ist als mit eigenem Personal die Aufgaben zu erfüllen. Da zunehmend Fachpersonal fehlt, können kaum Kontrollen durchgeführt werden, so dass viele Bäume durch Baustellenplanung und Bautätigkeit unnötig geschädigt werden.

Privatspenden, die einen kleinen Beitrag für Baumnachpflanzung leisten können, werden von manchen Bezirken nicht angenommen, da der Aufwand vom Personal nicht bewältigt werden oder die Spende vom Grünfächenamt nicht mehr kofinanziert werden kann. Jetzt gerade hat die Gartenamtleiterkonferenz (GALK) beschlossen, die Spendenhöhe auf bis zu 1000 Euro festzulegen, d.h. der Pate soll alle Kosten für eine Baumpflanzung tragen. Ein hilfloser Akt, der dazu führt, dass es weniger Spender gibt und das Budget noch knapper wird.

"Wir fordern eine aktive Baumschutzpolitik, der Senat darf sich nicht wegducken. Das System gefährdet unseren Baumbestand, es muss unbedingt grundlegend geändert werden. Die Bezirke müssen personell und finanziell wieder in die Lage versetzt werden, den Berliner Straßenbaumbestand zu erhalten. Auch die Bezirke sind gefordert, Druck von unten zu machen. Sie müssen aber auch die Gelder, die der Senat für Baum- und Grünflächenpflege zuweist, für diesen Zweck einzusetzen. Immer wieder geht der Griff in die "Grünkasse" für andere Belange. Unsere Straßenbäume sind in Gefahr nicht durch Stürme oder Klimaveränderungen, sondern in erster Linie durch eine kurzsichtige Sparpolitik", so Anke Willharms, BUND-Projektleiterin "Bäume für Berlin.

Neben der kontinuierlichen ausreichenden Finanzierung fordert der BUND vom Senat unbedingt ein kurzfristiges Sonderprogramm, mindestens in Höhe von zehn Millionen Euro, aufzulegen, um die nötigsten Nachpflanzungen und Pflegemaßnahmen zu finanzieren. Die Umfrage ergab, dass es an Berlins Straßen bereits heute schon über 21.000 leere Baumscheiben gibt, Stellen, wo früher mal Bäume gestanden haben.

"Wer über 40 Millionen für Anschlüsse an den Autobahnabschnitt A 100 ausgeben kann, sollte lieber die Mittel für sinnvollere Aufgaben ausgeben. Bäume nutzen allen Berliner, sie sind Staubfänger, spenden Schatten und tragen zu einem guten Mikroklima in der Stadt bei, ganz abgesehen davon, dass sie zur Steigerung der Lebensqualität in der Stadt enorm beitragen", fordert Anke Willharms.


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Quelle:
Presseinformation Info 12, 02.04.2009
Herausgeber:
Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland e.V.
Landesverband Berlin
Crellestraße 35, D-10827 Berlin
Tel. 030/78 79 00-0, Fax: 030/78 79 00-18
E-Mail: kontakt@bund-berlin.de
Internet: www.bund-berlin.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 4. April 2009