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STADT/325: Grünanlagen - Die Retter der Stadtluft (Unser Wald)


Unser Wald - 3. Ausgabe, Mai/Juni 2012
Zeitschrift der Schutzgemeinschaft Deutscher Wald

Die Retter der Stadtluft

von Sandra Butz



Nichts ist schöner, als im Frühling die vielen Knospen an den Bäumen und Sträuchern aufblühen zu sehen oder im Sommer unter den breiten Kronen der Bäume im Stadtpark vor der Sonne Zuflucht zu suchen. Grünanlagen inmitten von Straßenschluchten unserer Städte sind optische Hingucker und wundervolle Erholungsmöglichkeiten zugleich.

Ihr Anblick wirkt sich positiv auf unsere Psyche aus und sie verbessern obendrein das gesamte Stadtklima. Kurzum: sie sind ein Muss für ein angenehmes und gesundes Leben in der Stadt, doch diese Tatsache wird leider noch oft übersehen.

Besonders deutlich wird die Bedeutung von Stadtgrün, wenn man das Klima in der Stadt mit dem auf dem Land vergleicht. Städte sind Wärmeinseln. Aufgrund der vielfach versiegelten Bodenflächen und der fehlenden Vegetation kühlt sich die Stadt nicht so ab wie die bewachsenen Freiflächen auf dem Land. Im Sommer ist der Wärmeinsel-Effekt besonders deutlich zu spüren. Schon morgens ist ein deutlicher Temperaturunterschied zwischen den ländlichen Regionen, dem näheren Umfeld der Stadt und dem Stadtzentrum zu spüren - in der City kann es schon zu Beginn des Tages bis zu sechs Grad wärmer sein. Dieser Effekt steigert sich von Stunde zu Stunde. Die bebauten Flächen nehmen wie Wärmespeicher tagsüber die Wärme der Sonnenstrahlen auf und speichern sie in sich. In der Nacht wird diese aufgestaute Wärme nur langsam wieder an die Umgebung abgegeben - die Lufttemperatur sinkt dadurch kaum. Zusätzlich verhindert die Bebauung der Städte das Einströmen kühlerer Luft aus dem Umland. Durch diese fehlende Luftzirkulation ist die Stadtluft trockener und wärmer als Landluft. Die relative Luftfeuchtigkeit in der Stadt liegt im Sommer etwa 8% unter der auf dem Land.

Im Herbst scheint das Leben in der Stadt wiederum angenehmer zu sein: die jährliche Niederschlagsmenge ist auf dem Land bis zu zehn Prozent höher als in der Stadt und auch die mittlere Windgeschwindigkeit ist im Vergleich zu den urbanen Zonen höher. In der Stadt gibt es etwa zwanzig Prozent mehr windstille Phasen als auf dem Land, allerdings besteht in den Straßenschluchten eine wesentlich größere Gefahr starker Böen, die große Schäden anrichten können. Durch solch eine Windböe verlor die Stadt Bonn in Jahr 2007 über 50 alte stattliche Bäume innerhalb von Sekunden.

Im Winter sinkt die Luftqualität in der Stadt, da die Dunstglocke über den Dächern durch die Abluft aus den Heizungsschornsteinen noch dichter wird. Auf der anderen Seite gibt es in den Städten und den urban geprägten Bereichen fünf Prozent weniger Schnee und wesentlich weniger Frost als auf dem Land.

Der Vergleich der Wetter- und Luftbedingungen auf dem Land und in der Stadt macht deutlich, wie groß die Unterschiede aufgrund der fehlenden Grünflächen sind und wie viel auch nur ein kleiner Park inmitten des Häuserdschungels ändern kann. Die Menschen in den Städten sind ganzjährig höheren Temperaturen und schlechterer Luft ausgesetzt, was sich sowohl psychisch als auch physisch auf die Lebens- und Wohnqualität auswirkt.

Was also tun? Wie und wo sollen die Grünflächen angelegt werden, wenn sie heutzutage nicht nur die Luftbelastung bei einem normalen Verlauf der Jahreszeiten ausgleichen sollen, sondern auch noch immer öfter auftretenden extremen Wetterlagen und Klimakatastrophen trotzen müssen?

Klimaforschern zufolge werden wir mit immer längeren Phasen extremer Trockenheit und Hitze zu kämpfen haben. Tropische Nächte mit schweißtreibenden Temperaturen werden keine Seltenheit mehr sein und nur die wenigsten werden dann noch erholt am nächsten Morgen aufwachen. Hier können Grünflächen Abhilfe leisten, denn dort kann Feuchtigkeit verdunsten und somit die Umgebung abkühlen. Laut Stiftung DIE GRÜNE STADT kann sich dieser Effekt, abhängig von der umgebenen Bebauung und der Größe der Grünanlage, über einige hundert Meter auswirken und für wohltuende Abkühlung in den Sommernächten sorgen. Die Technische Universität in Berlin hat herausgefunden, dass mehrere kleinere Grünflächen sehr viel effektiver sind als ein großer Park. Der "Kühleffekt" der Bäume und Sträucher wirkt sich in einem Umkreis von etwa 300 Metern aus.

Auch die immer häufiger auftretenden Starkregen oder Gewitter mit heftigen Regengüssen können die Stadt vor Probleme stellen. Die enormen Wassermengen treffen auf nur wenig unversiegelte und unbebaute Flächen, in denen sie versickern können. Das gesamte Regenwasser fließt in die Kanalisation der Stadt, die häufig mit einer so großen Niederschlagsmenge überfordert ist. Der Regen kann nicht so schnell abfließen, wie er auf die Straßen fällt. Überschwemmungen und Hochwasser sind die Folgen.

Wichtig für den Wirkungsgrad einer Grünfläche ist allerdings auch die Bebauung der Umgebung. Wohldurchdachte Frischluftschneisen können dafür sorgen, dass die Luft in den Häuserschluchten immer in Bewegung bleibt und eine Ansammlung von Schadstoffen an einem Ort verhindert wird. Stößt eine Windböe in der Stadt auf ein Hindernis wie zum Beispiel ein Haus, bilden sich Luftwirbel, die kühle Luft aus höheren Lagen an den Boden ziehen. Eine klimaoptimierte Stadtplanung muss also wohl durchdacht sein.

Doch nicht nur die klassischen Grünanlagen wie Parks mit Rasen, Bäumen und Sträuchern können das Stadtklima verbessern, auch begrünte Fassaden und Dächer können ihren Teil dazu beitragen und bieten zusätzlich noch einige kleine positive Nebeneffekte: Einerseits verhindern sie durch ihre Begrünung das Aufheizen von Beton- oder Steinfassaden und Dächern und andererseits haben die Pflanzen auf dem Dach und an der Außenwand auch einen Isoliereffekt, der die Wärme im Sommer draußen und im Winter drinnen hält. Zusätzlich unterstützt die Bepflanzung natürlich auf die gleiche Weise wie die größeren Parks die Abkühlung des aufgeheizten Stadtklimas. Dach- und Fassadenbegrünungen eignen sich ganz besonders dort, wo die bereits bestehende Bebauung keinen ausreichenden Platz für einen kleinen Park bietet.

Ein intaktes Stadtgrün hat aber auch noch andere positive Nebeneffekte. Städtische Grünanlagen haben einen wesentlichen Einfluss auf die Fauna, denn die Tiere brauchen auch trotz ihrer Anpassungen an ein Leben in der Stadt ihren grünen Lebensraum. Gesundes Grün in der Stadt fördert und schützt die Tierwelt und trägt wesentlich zur Erhaltung der städtischen Biodiversität bei.

Autorin
Sandra Butz
ist freie Mitarbeiterin der Redaktion;
E-Mail: unser-wald@sdw.de

Bildunterschriften der im Schattenblick nicht veröffentlichten Abbildungen der Originalpublikation:
- Die Krokusblüte in einem Park in Flensburg ist eine Freude für alle Sinne
- Besonders im Frühling ist diese Straße eine Augenweide

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Quelle:
Unser Wald - Zeitschrift der Schutzgemeinschaft Deutscher Wald
3. Ausgabe, Mai/Juni 2012, Seite 4-5
Herausgeber:
Bundesverband der Schutzgemeinschaft Deutscher Wald e.V., Bonn
Redaktion: Meckenheimer Allee 79, 53115 Bonn
Telefon: 0228 / 945 98 30, Fax: 0228 / 945 98 33
E-Mail: unser-wald@sdw.de
Internet: http://www.sdw.de
 
Erscheinungsweise: zweimonatlich
Bezugspreis: Jahresabonnement 17,50 Euro
einschl. Versandkosten und 7% MwSt.
Einzelheft: Preis 3,- Euro


veröffentlicht im Schattenblick zum 3. September 2012