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SCHADSTOFFE/224: Schimmelpilze im Verborgenen - ein Risiko für sensibilisierte Menschen (umg)


umwelt · medizin · gesellschaft - 3/2010
Humanökologie - soziale Verantwortung - globales Überleben

Schimmelpilze

Schimmelpilze im Verborgenen - ein Risiko für sensibilisierte Menschen

Von Paul Layher


Schimmelpilze und jegliches unerwünschte mikrobielle Leben in diesem Zusammenhang sind in jedem Falle ein hygienisches Problem und in keinem Wohnumfeld tolerierbar. Dabei geht es nicht nur um den sichtbaren Befall an typischen Außenecken geometrischer Wärmebrücken oder falscher Möblierung und falschen Nutzerverhaltens, sondern vor allem um die im Verborgenen wachsenden, unsichtbaren Kulturen.
Beispiele aus der sachverständigen Praxis zeigen, dass Schimmelpilze für direkt davon betroffene Menschen ein besonderes gesundheitliches Problem und eine immense Einschränkung der Lebensqualität bedeuten. Eine präventiv verhinderte Exposition entlastet somit das Immunsystem und steigert die Abwehrkräfte.


Energiekrise und Innendämmung

Mit Beginn der ersten Anzeichen einer Energiekrise der 1970er Jahre wurden Überlegungen zu wärmedämmenden Maßnahmen angestellt und verstärkt ausgeführt. Damals handelte es sich meist um die recht einfach anzubringenden Isoliertapeten, auch Styropormaterialien, raumseitig direkt auf den Putz gekleistert und übertapeziert (Abb. 1).

Zu diesem Zeitpunkt gab es überwiegend noch undichte Fenster, was bedeutet, dass die meiste Raumluftfeuchtigkeit, welche durch übliches Bewohnen verursacht, über die Fugen und Ritzen der undichten Fenster auch überwiegend ablüften konnte. Ein entsprechender Anteil an Feuchtigkeit kondensierte trotzdem an den kritischen Ecken, insbesondere den Stellen, an welchen sich Fugen in der Isolierung respektive Wärmedämmung befanden. Die wichtigsten Fragen bauphysikalischer Grundlagen sind hier raumseitige Kondensation, das Verhalten von Tauwasser im Winter, bezogen auf den jeweiligen Wandaufbau und dessen raumseitiger Beschichtung. Tauwasser entsteht grundsätzlich bei Frost mit Außentemperaturen unter 0 °C, folgend dann im Wandaufbau. Je niedriger die Außentemperaturen und je länger andauernd - umso größer die Menge an Tauwasser, während Kondensatfeuchtigkeit ein ganzjähriges Problem darstellen kann. Gerade bei längeren Perioden mit niedrigen Außentemperaturen entsteht innerhalb eines Wandaufbaus immer mehr Feuchtigkeit, bei fehlender Trocknungsmöglichkeit und zunehmender Anreicherung kühlt das Bauteil umso stärker aus. Daraus folgend erhöht sich parallel das Risiko raumseitiger Kondensation, was durch normales Lüften kaum mehr geregelt werden kann. Hierfür muss umso mehr geheizt und gelüftet werden.

Durch eine raumseitige Dämmung fehlt der unmittelbare Anschluss der Außenwand an die Raumluft, weshalb die Wandoberflächen beispielsweise auch nicht mehr durch die Heizung erwärmt werden können. Des Weiteren fehlt die Möglichkeit einer natürlichen Rücktrocknung zur Raumseite hin. Eine regelmäßige Lüftung vorausgesetzt, entsteht an den hier beschriebenen kritischen Stellen dennoch Kondensat mit nicht mehr direkt erkennbarem mikrobiellem Wachstum wie auf dem folgenden Bild erkennbar. Hierbei handelt es sich um einen akuten mikrobiellen Befall hinter Gipskartonplatten (Abb. 2).

Eine raumseitig angebrachte Innendämmung ohne die Möglichkeit, Feuchtigkeit aufzunehmen, zu puffern und zeitversetzt wieder abgeben zu können, wie beispielsweise eine absolut hohlraumfrei angebrachte Kalziumsilikatplatte oder Biotherm-Putz der Fa. HAGA, führt zwangsläufig zu Folgeschäden mit mikrobieller Problematik.

Das größte Problem mikrobiellen Wachstums bzw. mikrobieller Kontamination stellen heutzutage die Trockenbauplatten mit und ohne Styropor dar, welche meist mit Hohlräumen zwischen Außenwand und Innendämmung ausgeführt werden, aufgrund der batzenförmigen Anbringung. Hierbei handelt es sich teilweise um "Altlasten" der 1960er Jahre und Bau-Ausführungen bis heute. Obwohl das bauphysikalische Problem längst bekannt ist und in der Fachpresse ausreichend beschrieben wurde, empfehlen Handwerksmeister diese Bauweise zur Energieeinsparung nach wie vor. Insbesondere Warmluft-Konvektionsströmung führt dort ganzjährig, vor allem auch im Sommer, zu absoluter Kondensatbildung innerhalb der Hohlräume zwischen Außenwand und den Trockenbauplatten ohne jegliches Rücktrocknungspotential. Parallel der Konvektionsströmung werden Stäube als organisches Material und mikrobielles Substrat mit Sporen vermischt aufgrund der Luftkonvektion dort hineintransportiert. Aufgrund von Nahrungsangebot, Feuchtigkeit und Temperatur ist es nur noch eine Frage der Zeit hinsichtlich des Beginns mikrobiellen Wachstums.

Erschwerend kommt hinzu, dass die Mauerwerksfugen meist nur teilgefüllt sind. Bei einem Nassputz sind diese in der Regel voll verfugt, außerdem ist durch den monolithischen, hohlraumfreien Aufbau ein relativ unproblematischer Feuchtigkeitstransport innerhalb des Wandaufbaus möglich. Im Bereich der Fugen kann verstärkt Feuchtigkeit der Fassade eindringen, außerdem stellen diese Fugen eine erhöhte Wärmebrückenbildung dar. Bei dieser "trockenen" Ausführungsvariante früherer Zeiten hat man durch die trockene Ausbauweise weniger Wasser am Bau selbst sowie weniger Austrocknungszeiten benötigt. Vielfach wurde dies auch in Eigenleistung ausgeführt, doch mittel- bis langfristig zeigt sich hier ein gravierender Denkfehler.

Nicht zu vergessen sind auch alle diffusionsundurchlässigen Anstriche wie Latexfarben, mehrmaliges Überstreichen selbst mit Dispersionen sowie Vinyltapeten und sonstige kunststoffähnliche Wand- und Deckenbeschichtungen. Abgehängte Decken, nicht selten noch mit der alten Rauhfasertapete als mikrobiellem Nährboden dahinter, sind ebenfalls riskante Kondensationspunkte mit Trocknungsbremse.

Bei falscher, zu dichter Möblierung ohne die Möglichkeit thermischer Erwärmung der Oberflächen an Außenwänden entsteht ein ähnlicher Effekt wie bei Innendämmung (Abb. 4).

Hinzu kommen sämtliche Möbeleinbauten, gerade Küchenzeilen an Außenwänden, passgenaue Einbauschränke, oft Jahrzehnte lang eingebaut ohne Kenntnis dahinter liegender Probleme (Abb. 5). Hierbei handelt es sich nicht selten um Stachybotrys chartarum unter bzw. hinter Küchenschränken. Nahrungsgrundlage in einer Küche gibt es ausreichend, insofern ist dessen Bestand und Lebensgrundlage gesichert.

Bei all den hier beschriebenen Maßnahmen sind energetisch kritisch zu betrachtende Bauteilanschlüsse, wie Balkon- und Terrassentüren, nicht umfassend gedämmte Betonstürze und Betonbalkone, aber auch Wohnungen im EG gegenüber ungedämmten Kellern und Tiefgaragenstellplätzen, nicht zu vergessen.


Fenster und Rollläden

Verstärkt wird jegliche Kondensat-Problematik nach typischerweise durchgeführter Erneuerung der Fenster (Abb. 6). Dabei kommt es zu einer deutlichen Verschiebung des Taupunktes innerhalb der Wandflächen, denn das neue Fenster passt ohne weitere wärmedämmende Maßnahmen nur noch geometrisch in die Öffnung der Wand, niemals jedoch mehr bauphysikalisch gesehen!

Eigentlich sollte durch den Einbau neuer Fenster Energie gespart werden. Praktisch notwendig wird hier nun eine zusätzliche Erhöhung der Oberflächentemperatur kritischer Außenwandecken, also noch mehr heizen und noch mehr lüften. Dies kann durch ausschließlich Mehr-Lüften nicht mehr geregelt werden. Nur durch die Erhöhung der effektiven Raumlufttemperatur sowie an kritischen Bauteilen deren Oberflächentemperaturen kann eine Kondensation verhindert werden. Sehr gut geeignet sind hierzu Randleistenheizungen, noch besser ist die Installation einer Wandheizung, vorzugsweise verstärkt ausgebildet an den Bereichen geometrischer Wärmebrücken. Mit einer richtig ausgelegten Oberflächentemperierung lässt sich die Kondensation bei vernünftiger Belüftungssituation der Wohnräume restlos eliminieren.

Ohne die Anbringung eines Voll-Wärmeschutzes, auf die neuen Fenster und deren Einbauposition innerhalb der Außenwand abgestimmt, entstehen weitere Wärmebrücken bzw. werden vorhandene in ihrer Intensität und Auswirkung zusätzlich verstärkt. Hier ist im Besonderen der Anschluss an Laibung sowie Fenstersims energetisch und hinsichtlich der Luftdichtigkeit zu betrachten. Gerade bei der meist unzureichenden bzw. nicht vollständig ausgeführten Luftdichtigkeit entsteht hier ein verstärkter Luftstrom, als so genannter Flaschenhalseffekt zu beobachten. Ein bauphysikalisch genereller Schwachpunkt wird durch unvollständige Dämmung und fehlerhafte Bauteilanschlüsse extrem belastet und führt zu regelrechten Wasserläufen im Mauerwerk (Abb. 7). Dass dieser immer wieder nass werdende Putz nicht mehr hält und zu bröckeln beginnt, kann nur die Folge sein. Die bereits beschriebene Situation mit Staub und Sporen bei entsprechender Feuchtigkeit und Temperaturen wiederholt sich an weiterer Stelle, nur weitaus näher am Patienten als bisher. Bei jeder Öffnung des Fensters wird durch geringste Erschütterungen mikrobielles Material in die Raumluft getrieben.

Eine ähnliche Situation verbirgt sich an Balkon- und Terrassentüren, verstärkt ausgebildet im Sockelbereich und Estrich-/Fußbodenaufbau. Hier wird beim Gehen zur Türe bereits durch geringste Vibrationen mirkobielles Material im Bodenaufbau mobilisiert und durch Öffnen einer Balkontüre regelrecht aufgewirbelt. In Rollladenkästen, Deckel und Rollladenpanzer versteckt ist ein weiteres Kondensatproblem (Abb. 8). Über bzw. durch den Gurt werden hier Sporen und weiteres mikrobielles Material direkt in Wohn- bzw. Schlafraum eingebracht.


Dachaufbau und Luftdichtigkeit

Dem Dach eines Hauses kommt eine besondere Bedeutung des direkten Wetterschutzes von außen bei, es sollte wind- und regendicht sein. Nicht alle Dächer erfüllen diese Mindestanforderungen, doch bei allen energetischen Sanierungsmaßnahmen, Dämmung von Dachböden usw., aber auch bei heutigem Neubau, ist die konsequente Ausführung einer raumseitigen Luftdichtigkeit sämtlicher Bauteilanschlüsse zwingend erforderlich. Die bereits beschriebene Warmluftkonvektion hinter Innendämmungen führt zu einem vergleichsweise ähnlichen Problem. Staub mit Sporen vermischt und Kondensat gelangen bei undichter Dampfbremse in die Dämmebene. Egal ob Dampfsperre oder Dampfbremse, beides muss absolut luftdicht angeschlossen sein, damit es zu keiner unerwünschten Konvektion führt. Neben dem schwindenden Wärmedämmeffekt, denn ein nasser Pullover wärmt auch nicht mehr, kommt vor allem das mikrobielle Wachstum mit ins Spiel. Über dieselben Undichtigkeiten in der Dampfbremse, über welche letztendlich der Warmluftverlust entstand, gelangen auch Sporen und weiteres mikrobielles Material, je nach Windlast von außen unterschiedlich beinflusst, in das Gebäude bzw. in den Wohnraum zurück (Abb. 9).

Nach unserer langjährigen Erfahrung können wir ohne umfassende Recherchen und Überprüfung einer Wohnung mit Dachschrägen und deren Bauteilanschlüsse eine Dachgeschoßwohnung als Wohnraum für sensibilisierte Menschen nicht empfehlen. Insbesondere sensibilisierten Patienten wird hier zur erhöhten Vorsicht geraten. Zur Überprüfung der Luftdichtigkeit ist der BlowerDoor Test mit dem n50-Wert (Luftwechselrate je Stunde) nur eingeschränkt geeignet, es sollte immer eine Überprüfung mit Nebel zum erhöhten Sicherheitsnachweis der tatsächlichen Luftdichtigkeit bzw. der Leckageortung und deren Nachweis erfolgen. Dies betrifft Neubau genauso wie Renovierung und Altbau.

Wenn bei dem BlowerDoor Test aufgrund der Vorgehensweise zum Nachweis des n50-Wertes im Unterdruckverfahren gegenüber dem Überdruckverfahren vorgegangen werden muss, kann es dadurch bedingt zu einer massiven Kontamination der Raumluft kommen. Dies ist hauptsächlich der Fall, wenn der Test zu einem späteren Zeitpunkt wiederholt wird. Neben teilweise hohen Sporenzahlen gegenüber der Außenluft, auch toxischer Arten wie Stachybotrys chartarum, nicht selten in der Dämmebene, kann nun in der ganzen Raumluft nachweisbar werden. Dies trifft auch bei Mineralwolle und nicht nur bei organischen Baustoffen zu. Insbesondere Dächer aus den Jahren ca. 1995-2000 können Mineralfasern alter Generation enthalten. In diesen Fällen halten wir absolut gar nichts von einem BlowerDoor Test nach n50 Kriterien, schon überhaupt nicht im Unterdruckverfahren, denn das Bewusstsein der Wichtigkeit hinsichtlich eines luftdichten Bauteilanschlusses ließ damals noch sehr zu wünschen übrig. Das Risiko jeglicher Kontamination des Wohnraumes wäre zu hoch!

Die hier beschriebene Problematik verkeimter Dämmebenen führt je nach Lage des Gebäudes und aktueller Witterungseinflüsse, insbesondere auf das Dach bezogene Windlasten, zu einer sekundären Belastung der Wohnräume mit Sporen, Mykotoxinen und Stoffwechselprodukten. In den heißen Sommermonaten kommt es außerdem häufig zu einem verstärkten mikrobiellen Wachstum in der Dämmebene, dessen Einwirkung auf den Wohnraum selten durch ein gesteigertes Lüftungsverhalten während der Sommermonate kompensiert werden kann.

Fehlerhafte Ausführung von luftdichtem Anschluss an Bauteilen kann in den Wintermonaten bei Frost bzw. Schnee relativ leicht an frühzeitigem Abtauen erkannt werden (Abb. 10).


Wasserschäden

Mit Ausnahme von Überschwemmung und Wassereinbruch findet ein Wasserschäden meist im Verborgenen statt, so dass dieser oft über Jahre und Jahrzehnte nicht entdeckt wird (Abb. 11). Nach der Entdeckung treten dann weitere Probleme auf, nämlich mit der Versicherung. In aller Regel darf ohne deren Zustimmung derselben nichts verändert oder begonnen werden, bevor der Schaden nicht begutachtet wurde. Hier beginnt aus reichlich praktischer Erfahrung das tatsächliche Problem erst recht, denn bis wirklich einer kommt, vergeht wertvolle Zeit! Sachverständige, welche keine Ahnung haben, was präventiv bezüglich Schimmelpilzen zu tun ist, lassen Öffnungen vornehmen und akut befallene Materialien ausbauen und offen durch Wohnräume tragen. So genannte Fachfirmen im Auftrag von Versicherungen interessieren sich für die Trocknung von Wasserschäden, haben in der Regel aber wenig Wissen über Schimmelpilze und deren potentielles Risiko und wissen ebenfalls nicht, was sie letztendlich veranstalten. Vollkommen verdreckte Trocknungsgeräte, welche wochen- oder monatelang ohne jegliche Wartungs- und Reinigungsarbeiten bereits in diversen belasteten Wohnungen gelaufen sind, bringen die Gattung und Art von Schimmelpilzen vollends herein, welche bislang noch nicht vorhanden war (Abb. 12).

Wird eine Estrich-Dämmschichttrocknung erforderlich, so sollte diese ausschließlich im Vakuum-Unterdruckverfahren und mit HEPA-gefilterter Abluft durchgeführt werden. Würde die Trocknung im Überdruckverfahren ausgeführt, entsteht ein immenses Problem sekundärer Kontamination, angefangen von mikrobiellem Material, Stäuben bis zu jeglicher denkbarer Faserbelastung. Auch hierbei soll es möglichst schnell gehen und wenig kosten. Fakt ist jedoch, dass dann jegliches Inventar so stark kontaminiert ist, dass eine aufwändige Feinreinigung erforderlich wird, was im Ganzen hätte vermieden werden können.

Ein wichtiger Hinweis für den Fall bei Wasserschäden: Das Inventar und Eigentum der Mieter ist über die Hausratversicherung versichert. Dies bedeutet, dass im Falle eines Wasserschadens mit Schimmelwachstum und sekundärer Kontamination die Hausratversicherung als Ansprechpartner gewählt werden muss, auch wenn durch einen nicht verschuldeten Leitungsbruch etc. der Gesamtschaden verursacht wurde. Häufig erfolgt der Hinweis von Bearbeitern einer Gebäudeversicherung, dass der Schaden am Mobiliar und Feinreinigung nicht übernommen wird, nicht jedoch der wichtige Hinweis auf eine Kostenübernahme durch die Hausratversicherung. Insofern sind viele Betroffene in ihrer hoffnungslosen Lage verzweifelt, obwohl es eigentlich eine Kostenübernahme gäbe. Dasselbe gilt für erforderliche Umzüge, Einlagerungskosten und Hotelkosten, je nach Vertragsgestaltung und der eigentlichen Ursache des Wasserschadens.

Darüber hinaus zieht sich die tatsächliche Sanierung und Wiederherstellung des Wohnraumes über Monate hin, während das Inventar zusätzlich kontaminiert wird. Bedauerlicherweise wird hier extrem gespart, so dass jedem nur geraten werden kann, die Sache möglichst schnell und selbst in die Hand zu nehmen.


Sanierung und Feinreinigung

Liegt ein akuter Schimmelbefall vor, so ist je nach Sensibilisierungsgrad der Bewohner kurzfristiger Handlungsbedarf erforderlich. Dies ist aus baubiologisch-umweltmedizinischer Sicht erstes Kriterium, an zweiter Stelle kommt dann die Beurteilung hinsichtlich entsprechender Vorschriften zur Beseitigung mikrobiellen Befalls etc. Hierzu zählen neben den beiden Leitfäden von Umweltbundesamt und Landesgesundheitsamt Baden-Württemberg die Information Nr. 858 der Berufsgenossenschaft der Bauwirtschaft (BG BAU 2006, LGA B-W 2004, 2006; UBA 2002, 2005). Wenn diese Informationen berücksichtigt werden und der Präventionsgedanke oberstes Gebot ist, dürfte nichts schief gehen. Gerade bei einem hoch sensibilisierten Patienten muss erhöhte Vorsicht angewandt werden, bis so eine Wohnung wieder uneingeschränkt benützt werden kann.

Übergangsweise kann mittels leistungsfähiger Luftreiniger eine akute Raumluftbelastung durch Kontamination deutlich reduziert werden. In der Praxis gibt es ausreichend Beispiele, um Zeit für erforderliche Überlegungen hinsichtlich der weiteren Vorgehensweise zu gewinnen. Vor allem sollten keine Hau-Ruck Aktionen zu einer "Verschlimmbesserung" führen, denn dabei werden vorhandene Sensibilisierungen möglicherweise nur verstärkt.

Bei Rückbau und Beseitigung zur Sanierung der Räume kann mittels Einsatz technischer Hilfsmittel wie Filtration der Raumluft, auch wenn diese in den Außenbereich abgeleitet wird, jegliche Sekundärkontamination verhindert werden. Werden Abluftströme mikrobiell kontaminierter Luft, wie offiziell zugelassen, ohne Filtration in den Außenbereich geleitet, so werden Sporen beim nächsten Nachbarn oder um Hausecken herum wieder eingetragen. Hier ist neben Verantwortungsbewusstsein Innovation und Mit-Denken gefordert, eine Entscheidung über den Preis geht meist vom Ergebnis her gesehen daneben!

Nach unserer Erfahrung kommt man bei einer Belastung und vorhandenen immunologischen Reaktionen um eine sorgfältige Feinreinigung sämtlichen Inventars nicht herum. Dies sollte obligatorisch ausgeführt werden, so wie auch in der Pressemitteilung Nr. 26/2009 des Umweltbundesamtes veröffentlicht, und aktueller Stand seriöser Unternehmen sein (UBA 2009)!


Haushaltsübliche Schimmelpilze

Schimmelsporen sind ubiquitär in unserer Außenluft, jahreszeitbedingt in unterschiedlicher Konzentration vorhanden und kommen durch Lüftung regelmäßig in Innenräume. Solange diesen kein Nährboden und passendes Klima geboten wird, besteht in der Regel kaum ein Risiko.

Eine bis heute nicht auszurottende Unart sind Teppichböden, bei guter Pflege Jahrzehnte alt und ideales Terrain für jegliches mikrobielles Leben. Gesteigert werden kann dies wie häufig in der Praxis erlebt, wenn der Teppich nicht mehr gefällt und durch einen weiteren Teppichboden oder Laminat überdeckt wird, ja sogar Klickparkett liegt darauf schön weich. Eine zusätzliche Wärmedämmung vom Fußboden her und der gute Trittschall sind Argumente von Verkäufern.

Je dichter eingepackt, umso auffälliger das mikrobielle Spektrum. Stachybotrys chartarum findet sich häufig in diesen Dämm-Schichten, denn alles an Staub wird hier durch Schimmelpilze verzehrt und aufgeräumt. Zurück bleiben dann die Sporen, Mykotoxine und sonstiges mikrobielles Material, ausreichend für eine Sensibilisierung bzw. um ein gesundheitliches Problem aufrecht zu erhalten.

Für die laufende Pflege sind Staubsauger nicht zu entbehren. Hier gibt es deutliche Unterschiede! Aus unserer Erfahrung sollte jeder Staubsauger mindestens einen HEPA-Filter besitzen. Ein optimaler Staubsauger hat diesen HEPA-Filter vor dem Motor sitzen, denn durch die Abwärme des Motors würde es im HEPA-Filter auffällig warm, mikrobielles Leben bekommt Stress und deren dann lebensbedrohliche Situation verursacht eine erhöhte MVOC Abgabe, ggf. auch Mykotoxine usw.
Im Bereich chemischer Schadstoffe hat diese Bauart die Besonderheit, eher Schadstoffmoleküle zurückzuhalten als wenn der HEPA-Filter hinter dem Motor sitzt und durch die auffällige Erwärmung geradewegs wieder ausgeheizt werden.

So ein Staubsauger sollte regelmäßig gewartet werden. Wartung ist nicht gleichbedeutend mit Warten! Ein regelmäßiger Tausch von Filter- und Staubbeutel sollte selbstverständlich sein. Doch auch hier wird manchmal an der falschen Stelle gespart. Großzügiges Wechseln und regelmäßiges Reinigen des Staubsaugers bringen die erste Entlastung betroffener Patienten. Kaum zu glauben, der Staubbeutel der Abb. 13 stammt aus dem Sauger einer MCS-Patientin.

Die häufig angebotenen Wassersauger sind keine Alternative, auch nicht mit HEPA-Filter, denn eine Reinigung und Desinfektion der Geräte ist praktisch kaum möglich. In der Zwischenzeit entsteht also ein Bio-Film der individuellen Art.

Im Bereich Waschmaschine sind häufig massive Biofilmbeläge vorhanden, teilweise werden Hefen und Bakterien regelrecht kultiviert (Abb. 14). Zur Verhinderung sollte nach jedem Waschgang das Waschmittelschubfach komplett herausgenommen und dahinter trocken gewischt werden. Da der Spülgang in aller Regel nicht mehr aufgekocht oder auf die entsprechend gewählte Waschtemperatur gebracht wird, würden bei einem vorhandenen Biofilm dessen Keime geradewegs wieder hineingespült werden.


Schluss

Die hier dargestellten Beispiele sind ein Auszug praktischer Erfahrung. Es bedarf immer einer individuellen Analyse und Beurteilung, welche in den meisten Fällen ohne einen Ortstermin zur persönlichen Inaugenscheinnahme nicht gegeben werden können.


Kontakt:
Paul Layher
Sachverständiger für Feuchte- und Schimmelpilze
Baubiologie Layher
Häfnersweg 132, 71522 Backnang
Tel.: 07191/950012
Fax: 07191/950014
info@baubiologie-layher.de
www.baubiologie-layher.de


Nachweise

BG-BAU - BERUFGENOSSENSCHAFT DER BAUWIRTSCHAFT (Hrsg.) (2006): Gesundheitsgefährdungen durch biologische Arbeitsstoffe bei der Gebäudesanierung - Handlungsanleitung zur Gefährdungsbeurteilung nach Biostoffverordnung (BioStoffV). BG Information Nr. 858. www.bgbau-medien.de/site/asp/dms.asp?url=/zh/bgi858/Titel.htm [letzter Zugriff: 10.9.2010].

LGAB-W-LANDESGESUNDHEITSAMTBADEN-WÜRTTEMBERG(2004): Schimmelpilze in Innenräumen - Nachweis, Bewertung, Qualitätsmanagement, Stuttgart, http://www.gesundheitsamt-bw.de/SiteCollectionDocuments/Fachservice/Fachpublikationen/1190712-Schimmelbericht-qm12.04.pdf [letzter Zugriff: 10.9.2010].

LGA B-W - LANDESGESUNDHEITSAMT BADEN-WÜRTTEMBERG (Hrsg.) 2006): Handlungsempfehlung für die Sanierung von mit Schimmelpilzen befallenen Innenräumen, 2.Aufl., Stuttgart, http://www.gesundheitsamt-bw.de/SiteCollectionDocu ments/Fachservice/Fachpublikationen/1154726-Handlungsempfehlung%20für%20die%20Sanierung%20von%20mit%20Schimmelpilzen%20befallenen%20Innenräumen.pdf [letzter Zugriff: 10.9.2010].

UBA-UMWELTBUNDESAMT (Hrsg. 2002): Leitfaden zur Vorbeugung, Untersuchung, Bewertung und Sanierung von Schimmelpilzwachstum in Innenräumen ("Schimmelpilz-Leitfaden"), Berlin, http://www.umweltdaten.de/publikationen/fpdf-l/2199.pdf [letzter Zugriff: 10.9.2010].

UBA - UMWELTBUNDESAMT (Hrsg.) 2005): Leitfaden zur Ursachensuche und Sanierung bei Schimmelpilzen in Innenräumen ("Schimmelpilzsanierungs-Leitfaden"), Dessau, http://www.umweltdaten.de/publikationen/fpdf-l/2951.pdf [letzter Zugriff: 10.9.2010].

UBA - UMWELTBUNDESAMT (2009): Schimmelbefall in der Wohnung - Fachgerecht sanieren ohne Desinfektionsmittel, Pressemitteilung Nr. 26/2009, 19.5.2010, Dessau, http://www.umweltbundesamt.de/uba-info-presse/2009/pdf/pd09-026_schimmelbefall_in_der_wohnung.pdf [letzter Zugriff: 10.9.2010].


Bildunterschriften der im Schattenblick nicht veröffentlichten Abbildungen der Originalpublikation:

Abb. 1: Styropor-Innendämmung, links Wandputz
Abb. 2: Rückgebaute Gipskartonplatten in einem Bad
Abb. 3: Mauerwerk mit Gipskarton auf Styropor beplankt
Abb. 4: Außenwand unter Einbauküche
Abb. 5: Hinter einem Schlafzimmer-Einbauschrank
Abb. 6: Schimmelproblematik nach Fenstererneuerung
Abb. 7: Fehlende Dämmung am Bauteilanschluss
Abb. 8: Mikrobiell belasteter Rollladenpanzer
Abb. 9: Dämmebene massiv mikrobiell befallen
Abb. 10: Ausführungsfehler der Dampfbremsebene als Baumangel
Abb. 11: Akuter Befall auf Gipskarton nach Wasserschaden
Abb. 12: Filter eines neu installierten Trockners
Abb. 13: Prall gefüllter Staubbeutel eines Staubsaugers
Abb. 14: Negativbeispiel einer kontaminierten Waschmaschine


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Quelle:
umwelt · medizin · gesellschaft Nr. 3/2010, S. 200-206
23. Jahrgang
Verlag: UMG Verlagsgesellschaft mbH
Frielinger Str. 31, 28215 Bremen
Chefredaktion (V.i.S.d.P.): Erik Petersen
Tel.: 0421/498 42 51; Fax: 0421/498 42 52
E-Mail: umg-verlag@t-online.de
Internet: www.umwelt-medizin-gesellschaft.de

Erscheinungsweise: vierteljährig
Bezugspreis: Für Mitglieder der Umweltmedizinischen Verbände dbu, DGUHT, IGUMED
und Ökologischer Ärztebund sowie des weiteren beteiligten Verbands
DGMCS ist der Bezug der Zeitschrift im Jahresbeitrag enthalten.
Das Abonnement kostet ansonsten jährlich 38,- Euro frei Haus, Ausland 45,- Euro.
Einzelheft: 10,- Euro


veröffentlicht im Schattenblick zum 29. Januar 2011