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STATISTIK/110: Nachhaltigkeit 2011 - Eurostat-Monitorbericht veröffentlicht (DNR EU)


Deutscher Naturschutzring (DNR)
Dachverband der deutschen Natur- und Umweltschutzverbände
EU-Koordination

EU-News - Freitag, 02. März 2012 / Politik & Recht

Nachhaltigkeit 2011 - Eurostat-Monitorbericht veröffentlicht


Über die Nachhaltige Entwicklung der Europäischen Union und die Fortschritte der EU-Ziele hat das Statistische Amt der EU (Eurostat) einen 382-Seiten-Bericht veröffentlicht. Das Ergebnis ist durchwachsen.

Der Fortschrittsbericht orientiert sich an den für die EU-Nachhaltigkeitsstrategie festgelegten Herausforderungen, Indikatoren, Hauptzielen und Leitprinzipien:

• sozioökonomische Entwicklung (reales Bruttoinlandspodukt pro Kopf)
• nachhaltige Produktions- und Konsummuster (Ressourcenproduktivität)
• sozialer Zusammenhalt (Risiko zu verarmen und für soziale Ausgrenzung)
• demografischer Wandel (Beschäftigtenrate älterer Arbeitnehmer)
• Öffentliche Gesundheit (Lebenserwartung und gesunde Lebensjahre)
• Klimawandel und Energie (Treibhausgasemissionsen, Konsum Erneuerbarer)
• Nachhaltiges Verkehrswesen (Energiekonsum des Verkehrs in Relation zum BIP)
• Natürliche Ressourcen (Index für in der EU verbreiteten Vögel, Erhalt der Fischbestände)
• Globale Partnerschaften (öffentliche Entwicklungshilfe)
• Gute Regierungsführung (ohne Leitindikator)

Insgesamt gibt es über 100 Einzelindikatoren, die zu der Ermittlung der Leitindikatoren beitragen.


Bewertung der Leitindikatoren

In der Bewertung durch die beteiligten wissenschaftlichen Institute spielt der Einfluss der globalen ökonomischen und finanziellen Krise eine große Rolle, denn diese hatte weitreichende Folgen auch für viele der untersuchten Daten. Im Vergleich mit dem im Jahr 2009 veröffentlichten Fortschrittsberichtes konnten - symbolisiert durch eine Sonne - Fortschritte im Bereich Klimaschutz und Energieverbrauch bei Erneuerbaren verzeichnet werden. Auch beim sozialen Zusammenhalt prangt eine "Sonne" für "deutlich günstige Veränderungen".

"Wechselhaft" oder ein "gemäßigt günstiger Wandel" wurde folgenden Bereichen bescheinigt: sozio-ökonomische Entwicklung, öffentliche Gesundheit und dem "Vogelindikator"/natürliche Ressourcen.

Eine "schwarze Wolke" für "gemäßigt ungünstige Veränderungen" bekamen fünf der elf Leitindikatoren: Konsum und Produktion sind lange noch nicht nachhaltig, weil die Ressourcenproduktivität zwar gewachsen ist, der Materialverbrauch aber auch. Die Beschäftigungsrate älterer Arbeitnehmer liegt unter der 50-Prozent-Marke und der Energiehunger des Verkehrs ist gestiegen statt gesunken. Sehr bedenklich ist auch die Überfischung der Meere und die damit einhergehende Gefährung der Fischbestände. Und das selbst gesteckte Ziel für 2010, im Durchschnitt 0,56 Prozent des Bruttonationaleinkommens für öffentliche Entwicklungshilfe auszugeben, wurde ebenfalls nicht erreicht; 2015 will die EU bei 0,7 Prozent liegen - theoretisch. Einzelne Indikatoren haben sich "deutlich ungünstig" verändert

Im Umweltbereich gibt es einige Indikatoren, deren Entwicklung mit einer Gewitterwolke und damit als deutlich ungünstig bewertet wurden. Dazu zählen unter dem Leitindikator der Ressourcenproduktivität beispielsweise der wachsende Stromverbrauch von Haushalten, die größer werdende Anzahl an AutobesitzerInnen oder die steigende Menge gefährlicher Abfälle. Dafür gibt es positive Tendenzen bei ökologischem Landbau, Öko-Kennzeichnungen und Recycling/Kompostierung.

Extrem negativen Einfluss auf die Lebenserwartung und die in Gesundheit verbrachten Lebensjahre haben auch bodennahes Ozon und Luftverschmutzung mit Feinstaub. Im Klimabereich ist die Energieabhängigkeit nach wie vor ein ernstes Problem. Und der Schutz natürlicher Ressourcen bleibt bei zunehmendem Flächenverbrauch kritisch. Im Vergleich zu auf Arbeit veranschlagten Steuern schneiden die umweltbezogenen Abgaben immer noch sehr schlecht ab (Indikator unter guter Regierungsführung).


Umweltverbände begleiten Prozess kritisch

Schon 2009 bei der Vorstellung des letzten Fortschrittsberichtes hatten Umweltverbände beklagt, dass die EU-Nachhaltigkeitsstrategie nicht ausreiche, um Ökologie, Soziales und Ökonomie langfristig auf ein nachhaltiges Niveau zu bringen (EU-News 28.09.2009).

Nachhaltige Entwicklung steht als Ziel der EU seit 1997 in den Verträgen. Eine eigene EU-Nachhaltigkeitsstrategie wurde 2001 in Göteborg verabschiedet, im Juni 2006 überarbeitet. Alle zwei Jahre gibt es einen Fortschrittsbericht über die Erreichung der darin enthaltenen Ziele und Maßnahmen. Der vorliegende Bericht basiert auf Daten von 2010 bzw. 2011.

In den letzten Jahren galt der "Frühjahrsgipfel" des Europäischen Rates als der Termin, an dem die EU-Nachhaltigkeitsziele überprüft wurden. Doch seitdem die Europa-2020-Strategie die Lissabon-Strategie - in die nach längeren Kämpfen der Zivilgesellschaft die Nachhaltigkeitsstrategie integriert worden war - abgelöst hat, scheint das Thema eine andere Richtung zu nehmen. Welche Richtung die "Green Economy"-Debatte nimmt und welche Beschlüsse auf dem Rio+20-Gipfel im Juni in Brasilien getroffen werden, muss sich noch ausweisen. [Juliane Grüning]


Nachhaltige Entwicklung - Eurostat Monitoringbericht 2011
http://epp.eurostat.ec.europa.eu/cache/ITY_OFFPUB/KS-31-11-224/EN/KS-31-11-224-EN.PDF

Zum Weiterlesen/historische Entwicklung:
Sonderheft zum EU-Rundschreiben 05.06
http://www.eu-koordination.de/PDF/eur0605-sh.pdf


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Quelle:
EU-News, 02.03.2012
Deutscher Naturschutzring e.V. (DNR)
EU-Koordination
Marienstraße 19-20, 10117 Berlin
E-Mail: eu-info@dnr.de
Internet: www.eu-koordination.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 6. März 2012