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VERBAND/426: Der BUND Thüringen im Porträt (BUNDmagazin)


BUNDmagazin - 2/2010
Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland - BUND
Friends of the Earth Germany

ZUR ZEIT
Der BUND im Osten (II)
Gut verbunden

Von Severin Zillich


Thüringen hat es gut: Ist es doch mit fruchtbaren Böden und viel Wald gesegnet, dazu frei von Atom- und sogar Kohlekraftwerken in Wunder, dass sich der BUND hier stärker als anderswo auf den Naturschutz konzentriert. Ganz besonders fördert er den Biotopverbund.

Natur verbinden - dieses Ziel verfolgt der BUND Thüringen mit seinen zwei wichtigsten Projekten. Da ist zum einen das Grüne Band, die Perlenkette wertvoller Lebensräume an der einstigen innerdeutschen Grenze. Auf Thüringen entfällt der größte Abschnitt aller Bundesländer. Früh konnte der BUND hier, unterstützt vom Bund Naturschutz in Bayern, mit Karin Kowol eine hauptamtliche Betreuerin einstellen. Ihr langjähriges Werben dafür, den Todesstreifen in eine Lebenslinie umzuwandeln, hat sich gelohnt. Stieß die Idee, die verhasste Grenze als symbolträchtiges Refugium bedrohter Arten zu sichern, anfangs auf Misstrauen und Ablehnung, so erfreut sich das Grüne Band heute allseitiger Zustimmung.

Ähnlich viel Sympathie hat der BUND Thüringen mit seinem zweiten grünen Schwerpunkt gewonnen: dem Rettungsnetz für die Wildkatze. Unterstützt erst vom Land, dann von der Deutschen Bundesstiftung Umwelt, hat der BUND hier seit Mitte der 90er Jahre viel für eine Tierart erreicht, die über Jahrhunderte verfolgt wurde und, nachdem sie beinahe ausrottet war, fast völlig in Vergessenheit geriet. Projektleiter Thomas Mölich entwarf einen bundesweiten Wegeplan für die Wildkatze. Er skizzierte, wie die wichtigsten aktuellen und einstigen Lebensräume wieder verbunden werden können. Auf dieser Basis setzt sich der BUND heute bereits in neun Bundesländern für die Wildkatze und andere bedrohte Waldbewohner ein. Eine erste Lücke im Rettungsnetz wird derzeit zwischen Hainich und Thüringer Wald geschlossen. Viele Landes- und Bundesbehörden haben das Anliegen aufgegriffen, und auch die Forschung zur Wildkatze hat - etwa an der Uni Jena - ganz wesentliche Impulse erhalten.


Einflussreich trotz schmaler Basis

Aktiv ist der BUND Thüringen zudem in der »Hohen Schrecke«, einem wertvollen Buchenwald im Norden des Landes, und im Südharz, wo auf Gipskarst seltene Pflanzen wachsen, bedroht vom fortschreitenden Gipsabbau. Nicht ganz zufällig wird die Landesgeschäftsstelle von einem naturschutzbegeisterten Biologen geleitet: Burkhard Vogel, gebürtiger Saarländer, kam 1999 nach Erfurt. Mit etwa zehn Hauptamtlichen organisiert er die Aktivitäten des Landesverbandes, unterstützt von einem engagierten Vorstand und einigen starken BUND- Gruppen auf regionaler und lokaler Ebene. Die Zahl der Mitglieder liegt stabil bei knapp 2 000, hier und da entstehen neue Orts- und Kreisgruppen, die stellenweise viel bewegen.

Und doch ist die Basis eher schwach entwickelt, ein Schicksal, das der BUND Thüringen mit anderen Landesverbänden im Osten teilt. Als Grund vermutet Burkhard Vogel die vielen unfreiwilligen Mitgliedschaften zur DDR-Zeit. Zudem herrsche eine Tradition des Delegierens: »Warum soll ich mich einmischen, das macht doch der BUND schon Und bundesweit habe das Modell Bürgerinitiative an Attraktivität gewonnen: Menschen verbinden sich kurzfristig für ein konkretes Anliegen, um dann wieder auseinanderzugehen.

Doch sobald ein Konflikt überregionale Wurzeln hat (und auf welches Umweltproblem träfe das nicht zu?), sind Strukturen gefragt, wie sie der BUND bietet. Trotz schmaler Basis ist der Landesverband einflussreich, ja, er wird laut Burkhard Vogel sogar als die umweltpolitische Größe in Thüringen wahrgenommen. Speziell seit Antritt der neuen Großen Koalition sei der BUND in der Landespolitik so gut verankert wie noch nie. Auf Pressemitteilungen werde meist prompt reagiert (nicht nur erfreut, versteht sich). Und im Koalitionsvertrag verdankten sich viele Passagen - etwa zum Biotopverbund - der eigenen intensiven Lobbyarbeit.

Eine Thüringer Besonderheit ist die »Naturstiftung David«. Das Kapital der Stiftung entstammt einem außergerichtlichen Vergleich des BUND Thüringen mit der VEAG (heute: Vattenfall), nachdem eine Klage gegen das Pumpspeicherwerk Goldisthal nur noch geringen Erfolg versprach. Die unabhängige Stiftung fördert den Naturschutz sowie zukunftsträchtige Energien und führt auch eigene Projekte durch.


Nationaler Umweltskandal

Natürlich gibt es auch Konfliktthemen. So leistet der BUND seit Jahren Widerstand gegen die geplante »Rhöntrasse« von Fulda nach Meiningen. Sie würde viel Transit- und Schwerverkehr quer durch das wertvolle Biosphärenreservat Rhön lotsen. Der dunkelste Fleck auf Thüringens grüner Weste aber ist die beispiellose Umweltverschmutzung durch den Rohstoffkonzern K+S. Im größten Kaliabbaugebiet der Welt verpresst der Konzern an der Werra pro Jahr sechs bis sieben Millionen Kubikmeter des Abfallstoffes Salzlauge ins Erdreich. Zudem lagert unter freiem Himmel salzhaltiger Abraum an mehreren Stellen über hundert Meter hoch. Durch Auswaschung und über das Grundwasser gelangt die Lauge in Werra und Weser. Ihr seit Jahrzehnten stark überhöhter Salzgehalt entwertet eines unserer wichtigsten Flusssysteme auf Hunderten von Kilometern. Dazu der Landesvorsitzende Ron Hoffmann: »Was sich der Düngemittelhersteller hier leistet, ist ein Umweltskandal von nationalem Ausmaß. Werra und Weser müssen endlich wieder Süßwasser führen!« Abhilfe könnte eine Salzwasser-Pipeline zur Nordsee schaffen. Wie der BUND Thüringen dazu steht, darüber (und über vieles mehr) informiert die Homepage und der frisch gedruckte Jahresbericht.

BUND Thüringen, Tel. (03 61) 5 55 03-10, bund.thueringen@bund.net; den Jahresbericht 2009 gibt's gedruckt oder als Download unter www.bund-thueringen.de


Bildunterschriften der im Schattenblick nicht veröffentlichten Abbildungen der Originalpublikation:

• Schüler entdecken die Artenvielfalt des Grünen Bandes - mit Norbert Wirsching vom BUND Römhild (oben). Vorbereitung eines Wildkatzenkorridors in der Rhön (u.).

• Seit Jahrzehnten strömt salzhaltiges Abwasser in die Werra.


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Quelle:
BUNDmagazin 2/2010, S. 30-31
Herausgeber:
Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland e.V. (BUND)
Friends of the Earth Germany
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Das BUNDmagazin ist die Mitgliederzeitschrift
des BUND und erscheint viermal im Jahr


veröffentlicht im Schattenblick zum 26. Juli 2010