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VERKEHR/659: Autobahn Privatisierung - Wehret den Anfängen (BUND SOR)


BUND Regionalverband Südlicher Oberrhein
An die Medien, 20. Mai 2009

Autobahn Privatisierung - Wehret den Anfängen

Nicht nur am Oberrhein: Die Bundesregierung privatisiert 370 Kilometer Autobahn


Die Lkw-Maut sorgt für ein umweltfeindliches neues Gewinnmodell: Einige Unternehmen und Konzerne wollen über privatisierte Autobahnen Milliarden aus der Straßengebühr für Lastwagen verdienen. Sechs Projekte sind (für den Anfang!) in Planung. Ein erstes Projekt wurde im Mai 2009 am Oberrhein angegangen. Während die Privatisierung der Bahn bundesweit ein wichtiges und umstrittenes Thema ist, läuft die beginnende Autobahnprivatisierung noch ohne große öffentliche Debatten.

Die Privatisierung der Autobahn lohnt sich für die Betreiber nur, wenn möglichst viele PKW und LKW die Autobahn nutzen. Eine Verlagerung auf die Bahn ist nicht im Sinne der privaten Betreiber. Nachhaltigkeit, Ressourcen- und Klimaschutz wird durch die Privatisierung nicht erreicht.

Stellen Sie sich vor der Staat, also wir alle, besäßen zwei Garagen. Diese zwei Garagen, wurden mit unseren Steuergeldern gebaut, gepflegt, repariert und brächten lohnende Mieteinahmen. Jetzt bietet sich ein privater Unternehmer an, eine zusätzliche Garage zu bauen und alle drei Garagen 30 Jahre lang zu reparieren. Er will (und bekommt!) allerdings nicht die Miete für die eine, neue Garage sondern für alle drei Garagen... Ersetzen Sie jetzt einfach den Begriff Garage durch Autobahnspur, und den Begriff Miete durch LKW-Maut...


TAB 2 Einige Fragen zur Autobahnprivatisierung:

- Warum darf der Staat von uns allen bezahlte Autobahnen einfach auf Zeit "verschenken"? - Glauben Sie, dass zukünftig die Transporte von Menschen und Gütern von der Autobahn auf die Schienen verlegt werden, wenn viele Menschen und Güter auf der Autobahn viel Profit bringen? - Haben Sie schon einmal die Qualität der staatlichen schweizer Autobahnen, mit der zweifelhaften "Qualität" der privaten italienischen Autobahnen verglichen? - Warum haben die Verantwortlichen nichts aus den Ursachen der Finanz- und Wirtschaftskrise (Privatisierung / Deregulierung) und aus den Cross Border Leasing Pleiten gelernt? - Wer kennt eigentlich den genauen Inhalt der Privatisierungsverträge? Genau dieses Unwissen über die Vertragsdetails hat die Cross Border Leasing Pleiten mit verursacht.

Im Mai 2009 fand die offizielle Übergabe der Konzession zum Betreibermodell Autobahn A5 Malsch-Offenburg statt. Das Regierungspräsidium Karlsruhe hatte im Februar den Zuschlag an die "Via Solutions Südwest GmbH & Co. KG" erteilt. Die Konzession beinhaltet den 6-spurigen Ausbau der A5 im Abschnitt Baden-Baden / Offenburg sowie den Betrieb und die Instandhaltung der A5 zwischen Malsch und Offenburg über einen Zeitraum von 30 Jahren.

Die Teilprivatisierung öffentlicher Aufgaben bedeutet, dass die SteuerzahlerInnen langfristig nicht nur die Baukosten und Zinsen zahlen müssen, sondern über die LKW-Maut, auch die Gewinne des privaten Konsortiums. Aus den Fehlern der Finanz- und Wirtschaftskrise (Privatisierung / Deregulierung) wurde nichts gelernt. Die finanziellen Risiken tragen wie immer die SteuerzahlerInnen. "Laut Medienberichten werden 400 Millionen Euro mit Bankdarlehen finanziert. 200 Millionen kommen demnach von der Europäischen Investmentbank (EIB, Luxemburg). Eigentümer der EIB sind die Mitgliedstaaten der EU. Weitere 200 Millionen Euro steuert laut Vinci ein Bankenkonsortium bei, dem die spanischen Banken Banco Bilbao Vizcaya Argentaria und Santander, die belgische Bank KBC und die niederländische Bank NIBC angehören. Bei den Bankdarlehen handele es sich um solche »ohne Rückgriff auf die Gesellschafter«, teilte Vinci mit. Das heißt, dass Via Solutions Südwest nicht für die Kredite haften muss. Eigenes Geld und eigene Kredite werden den Angaben zufolge nur in Höhe von 110 Millionen Euro in den A5-Ausbau investiert." (Quelle: Baden-Online)

Bei Erarbeitung der vom Bundesrechnungshof sehr kritisch bewerteten Privatisierung der Autobahn hatten die Beamten im Verkehrsministerium "professionelle Hilfe". Lobbyisten der Bauindustrie "halfen" den Beamten bei "fachspezifischen Fragen" zu PPP weiter, wie die Bundesregierung 2006 zugeben musste. Externe Lobbyisten der Bauindustrie in den Ministerien und als Volksvertreter getarnte Industrielobbyisten... So wird der Staat zu Beute für privaten Gewinninteressen und die Umwelt leidet.

Nur wenn möglichst viel energiefressender und klimabelastender Verkehr über die privatisierten Autobahnen läuft, lohnt sich dass PPP Model für die Betreiber, sagt auch der Bundesrechnungshof. Verkehrsvermeidung und Verkehrsverlagerung sind, Lobby sei Dank, im Zeitalter schwindender Energiereserven und des Klimawandels dann kein Thema mehr.

Axel Mayer, BUND-Geschäftsführer

http://vorort.bund.net/suedlicher-oberrhein/autobahn-privatisierung- kosten.html


Der Bundesrechnungshof hat sich in einer kaum bekannten Studie
http://bundesrechnungshof.de/veroeffentlichungen/sonderberichte/V3- 2006-0201.pdf/view?searchterm=ppp
zu "Öffentlich private Partnerschaften (ÖPP) im Bundesfernstraßenbau" am 5.01.2009 sehr kritisch geäußert.

In einer Presseerklärung
http://vorort.bund.net/suedlicher-oberrhein/ausbau-autobahn-a5-via- solutions-suedwest.html
vom 4.5.2009 zeigt der BUND auch die ökologischen Folgen des des Autobahnausbaus auf.


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Quelle:
Mitteilung an die Medien vom 20.05.2009
Herausgeber:
Bund für Umwelt- und Naturschutz Deutschland e.V.
BUND Regionalverband Südlicher Oberrhein
Wilhelmstr. 24a, 79098 Freiburg
Tel.: 0761/30383, Fax: 0761/23582
E-Mail: bund.freiburg@bund.net
Internet: www.bund-freiburg.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 21. Mai 2009