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VERKEHR/1141: Überflutungsrisiken bei Stuttgart 21 - Katastrophe absehbar (Aktionsbündnis gegen Stuttgart 21)


Aktionsbündnis gegen Stuttgart 21 - 4. Juni 2018

Studie zu Überflutungsrisiken bei Stuttgart 21 vorgestellt

Die Katastrophe ist absehbar


Als unglaublich fahrlässig und verantwortungslos bezeichnen es Hans Heydemann und Christoph Engelhardt, dass in Zeiten des rapiden Klimawandels in einer extrem Starkregen gefährdeten Stadt wie Stuttgart ein Risiko-Projekt wie Stuttgart21 realisiert werden soll. Dipl.-Ing Heydemann und der Analyst und Physiker Dr. Engelhardt sind die Autoren einer Studie zu den "Überflutungsrisiken durch Stuttgart 21", die das Aktionsbündnis heute in Stuttgart veröffentlichte.

In ihrer 80-seitigen Arbeit beschreiben Heydemann und Engelhardt zunächst die topografische Ausgangslage, die in der Geschichte der Stadt zu zahllosen Überschwemmungskatastrophen geführt hat. Grund ist der Stuttgarter Kessel, eine Wetterfalle, die Stuttgart unter deutschen Großstädten das höchste Starkregen-Risiko beschert. Verstärkend kommt hinzu, dass der Kessel wie ein Trichter das Oberflächenwasser sammelt. Eine ähnlich hohe "Reliefenergie" hat nur Wuppertal, das erst in diesen Tagen wieder überflutet wurde mit erheblichen Gebäudeschäden und einer Sperrung des Hauptbahnhofs. Plötzliche Starkregenereignisse werden aufgrund des Klimawandels auch und besonders in Stuttgart zunehmen, wie der DWD und die Landesanstalt für Umwelt BaWü (LUBW) ermittelt haben.

Die Autoren halten die Entwässerungskapazität des Stuttgarter Kanalnetzes schon heute für unterdimensioniert. Stuttgart 21 würde die Risiken potenzieren. Da der geplante Bahnhofstrog sämtliche vier Abwasser-Hauptkanäle aus der Innenstadt durchschneiden würde, müssen diese "gedükert", d.h. wie in einem Siphon unter dem Bahnhofstrog durchgeführt werden, was die Abflussleistung erheblich einschränkt. Hinzu kommt: Aufgrund der Staumauer-Wirkung des den Talkessel in ganzer Breite durchquerenden, bis zu 6 m herausragenden Dachs des Tiefbahnhofs wird der Hochwasserabfluss an der Oberfläche erheblich behindert. Es bildet sich ein Stausee, der in kürzester Zeit zur Überflutung der unterirdischen Verkehrsanlagen führt, einschließlich des geplanten Tiefbahnhofs. Das wird mit hydraulischen Berechnungen untermauert.

Überdies würde auch angesichts der künftig ebenfalls zunehmenden lang anhaltenden, ergiebigen Regenfälle ein steigender Grundwasserspiegel den Bahnhofstrog aufschwimmen lassen können, wie 1993 im Falle des Bonner Schürmannbaus geschehen. Immerhin haben die S21-Planer dieses Risiko erkannt und versuchen ihm durch den Einbau sog. Notflutöffnungen in die Bahnhofswände zu begegnen. Dies würde jedoch wie die Flutung von oben zu erheblichen und kostspieligen Schädigungen der Bahnanlagen führen, sowie den längerfristigen Ausfall des Bahnhofs als Verkehrsknoten im Südwesten bedeuten.

Nicht zuletzt aufgrund dieser Risiken hätte das Projekt nie in Angriff genommen werden dürfen, so Aktionsbündnissprecher Dr. Norbert Bongartz - und wird über kurz oder lang eingestellt werden müssen. Ein Teil der Investitionen sind als verlorene Kosten (sunk cost) zu bewerten, ein anderer Teil kann durch intelligente Umnutzungen einer sinnvollen Verwendung zugeführt werden. Am 11. Juni wird sich der Verkehrsausschuss des Bundestags mit dem hierzu vorliegenden Konzept Umstieg21 in einer Anhörung ("Ausstieg und Umstieg bei dem Bahnprojekt Stuttgart 21") befassen.

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Quelle:
Aktionsbündnis gegen Stuttgart 21, 04.06.2018
Pressestelle
Donizettistraße 8 B, 70195 Stuttgart
E-Mail: info@kopfbahnhof-21.de
Internet: www.kopfbahnhof-21.de, www.umstieg-21.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 6. Juni 2018

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