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AFRIKA/023: Sambia - Hilfe für die Kafue Flats Feuchtgebiete, Anrainer ziehen die Notbremse (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland gGmbH
IPS-Tagesdienst vom 22. November 2010

Sambia: Hilfe für die Kafue Flats - Anrainer ziehen die Notbremse

Von Lewis Mwanangombe

Tonga-Rinder im Feuchtgebiet 'Kafua Flats' - Bild: © Lewis Mwanangombe/IPS

Tonga-Rinder im Feuchtgebiet 'Kafua Flats'
Bild: © Lewis Mwanangombe/IPS

Lusaka, 22. November (IPS/IFEJ*) - Im Süden Sambias erstrecken sich die 'Kafue Flats', eines der artenreichsten Feuchtgebiete des afrikanischen Landes. Hier im Einzugsbereich des Kafue-Flusssystems tummeln sich Gazellen, Büffel und Antilopen, und zahlreiche Vogelarten wie der bedrohte Braunkehlreiher und der Klunkerkranich ziehen ihre Kreise.

Aus der Perspektive der Menschen, die seit vielen Generationen in den Kafue Flats leben, hat sich die Natur stark verändert. Einst war die Region nur spärlich besiedelt. Tonga-Hirten ließen ihre Rinder in dem üppigen Grün grasen, das in der Trockenperiode sprießt, wenn sich das Wasser zurückgezogen hat. "Als wir hier aufwuchsen, gab es viel mehr Wild", sagt der lokale Chief Mwanachingwala.


Mit den Zuckerrohrplantagen kam die Zerstörung

In den späten sechziger Jahren jedoch wurden im Feuchtgebiet viele Zuckerrohrpflanzungen angelegt. Seitdem hat sich die Region sehr stark verändert. Tausende Arbeitssuchende zogen aus anderen Teilen Sambias in die Nähe der Stadt Mazabuka. Nicht alle fanden jedoch die erhofften Stellen auf den Landgütern. Laut Statistiken aus dem Jahr 2000 waren 3.250 Arbeiter ständig in der Zuckerindustrie beschäftigt. Weitere 8.000 hatten saisonal begrenzte Jobs.

Rund 22.000 Menschen campierten in informellen Siedlungen auf einem Grundstück der 'Zambia Sugar Company'. Weitere 10.000 hatten sich im Umkreis niedergelassen und wohnten in großer Enge in behelfsmäßigen schilfgedeckten Hütten.

Manche von ihnen versuchten ihr dürftiges Einkommen durch Fischfang aufzubessern. Doch da die Zuckerrohrindustrie große Mengen Wasser für die Bewässerung der Plantagen abzog, litten die Fischbestände. Auch gelangten Pestizide in den Fluss, die das Feuchtgebiet empfindlich belasteten. Sie förderten das Wachstum von Wasserhyazinthen, de mit ihren absterbenden Pflanzenteilen dem Wasser Sauerstoff entzogen und somit die Fische vertrieben.

Auch der in den siebziger Jahren stromaufwärts errichtete Itezhitezhi-Damm richtete in den Kafue Flats schwere Schäden an. Ziel des Projekts war es, in der Regenzeit Wasser zu stauen, das auf dem Höhepunkt der Trockenperiode zwischen Oktober und November wieder in den Fluss geleitet werden sollte, um die Turbinen eines 250 Kilometer entfernten Kraftwerks anzutreiben. Dort wird etwa ein Drittel des gesamten im Land erzeugten Stroms produziert. Doch der Dammbetrieb brachte das natürliche Wassersystem durcheinander, was sich wiederum negativ auf zahlreiche Tier- und Pflanzenarten auswirkte, deren Lebenszyklen dem ständigen Wechsel von Flut und Trockenheit angepasst waren.

Die zunehmende Erosion des Feuchtgebietes veranlasste Umweltschützer und lokale Bevölkerung schließlich dazu, die Reißleine zu ziehen. Sie sorgten dafür, dass der Dammbetrieb umgestellt wurde, um den Wasserlauf den früheren Verhältnissen wiederanzunähern. Die Zuckerrohrplantagen stellen inzwischen durch Filter sicher, dass geringere Mengen an Pestizide in den Fluss gelangen. Und Anwohner schafften ein rund 50.000 Hektar großes Schutzgebiet für Touristen, die ihnen zusätzliche Einkünfte verschaffen.

"In der ersten Phase des Partnerschaftsprojekts entwickelten wir eine umfassende Strategie für Wasserressourcenmanagement", erklärte der ehemalige Mitarbeiter der Umweltorganisation WWF, Nalumino Nyambe. "Computermodelle simulierten mögliche Szenarien, deren Auswirkungen wir studieren konnten."


Natürliche Filter halten Plantagen-Abwässer rein

Die Zuckerrohrproduzenten begrenzen den Nährstoffgehalt ihrer Abwässer mit Schilf- und Papyruspflanzen, die die Düngesubstanzen zurückhalten. Die Pflanzen werden außerdem zur Herstellung von Körben verwendet.

Die Idee für das Schutzgebiet kam von Chief Mwananchingwala. Er war mit seinem Vorschlag zunächst auf heftigen Widerstand gestoßen. Viele Bewohner der Region fürchteten, kostbares Weideland zu verlieren. Mit Gemeindeland und von Großbauern geschenkten Grundstücken konnte sein Plan jedoch umgesetzt werden. Inzwischen haben sich dort sogar wieder die seltenen Moorantilopen angesiedelt.

Die sambische Wildschutzbehörde unterstützt das Vorhaben. Sie erlaubt zudem die Durchführung von Ökotourismusprojekten, deren Erträge zur Finanzierung von Schulen und Krankenhäusern verwendet werden. Herdenbesitzer, die durch die Einrichtung des Schutzgebietes Nachteile in Kauf nehmen mussten, wurden entschädigt. Nyambe ist der Ansicht, dass die Maßnahmen zugunsten des Kafue-Flusses vor allem deshalb Erfolg hatten, weil alle Akteure mit längerfristigen Interessen in der Region beteiligt worden sind. Umweltschützer hoffen nun, dass das Projekt als Modell für den Erhalt weiterer Feuchtgebiete in Sambia dienen kann. (Ende/IPS/ck/2010)

* Dieser Beitrag ist Teil einer Serie von IPS und der 'International Federation of Environmental Journalists' (IFEJ) zum Thema nachhaltige Entwicklung.

http://www.ifej.org


Links:
http://wwf.websitezambia.net/
http://www.ipsnews.net/news.asp?idnews=53564


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Quelle:
IPS-Tagesdienst vom 22. November 2010
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veröffentlicht im Schattenblick zum 23. November 2010