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AGRARINDUSTRIE/001: Keine Weltbank-Kredite für die Palmölindustrie (ROBIN WOOD-Magazin)


ROBIN WOOD-Magazin Nr. 107/4.2010
Zeitschrift für Umweltschutz und Ökologie

tropenwald
Keine Weltbank-Kredite für die Palmölindustrie

Von Peter Gerhardt


Die Weltbank muss ihren Investitionsstopp für Palmöl-Projekte aufrecht erhalten. Das fordert ROBIN WOOD gemeinsam mit vielen weiteren internationalen Umwelt- und Menschenrechtsorganisationen. Die Weltbank hat sich im August 2009 selbst ein Moratorium auferlegt, das sie jetzt wieder zur Debatte stellt.

Selbst erklärtes Ziel der Weltbank ist es, Armut zu bekämpfen und die nachhaltige Entwicklung auf dieser Welt zu fördern. Daran lässt auch die vollmundige Selbstdarstellung der Bank im Internet keine Zweifel aufkommen "Our mission is to fight poverty - Armutsbekämpfung ist unsere Mission" heißt es dort. Soweit die Theorie. Dass die Weltbänkler dieses hehre Ziel im Tagesgeschäft in vielen Fällen über Bord geschmissen haben, dürfte sich inzwischen herumgesprochen haben. Mit Weltbankgeldern sind viele ökologisch verheerende Mammutprojekte wie Großstaudämme und Pipelines erst möglich gemacht worden. Entwicklungsorganisationen wie Urgewald, FIAN und der evangelische Entwicklungsdienst ziehen in "Vorsicht Weltbank" eine vernichtende Bilanz: Menschenrechte, Umwelt und Klimaschutz kommen bei den Projekten der Weltbank regelmäßig unter die Räder.

Es überrascht deshalb nicht wirklich, dass die Weltbank auch beim schmutzigen Palmöl-Geschäft mit Krediten zur Stelle war. Seit 1965 hat die Weltbank-Gruppe sage und schreibe mehr als zwei Milliarden Dollar in 45 Palmöl-Projekte weltweit investiert, obwohl die Palmölindustrie mitverantwortlich ist für Regenwaldzerstörung, Landraub und die weltweite Klimakatastrophe. Von diesem Geldsegen hat auch der weltgrößte Palmölhändler Wilmar profitiert. Über Wilmars Skandale haben wir im ROBIN WOOD-Magazin schon häufiger berichtet. Wilmar ist in zahlreiche Landkonflikte mit der lokalen Bevölkerung verwickelt und expandiert vor allem in Indonesien mit seinen Plantagen auf Kosten der noch vorhandenen Wald- und Naturflächen. Internationale Konzerne wie Unilever (Rama, Knorr, Langnese etc.) kaufen Wilmars Raubbau-Palmöl und stellen daraus bekannte Markenprodukte her.

Ausgerechnet ein Kredit für Wilmar war Anlass für das Moratorium der Weltbank. Die zur Weltbankgruppe gehörende International Finance Cooperation (IFC) hatte dem Skandalkonzern eine Finanzspritze genehmigt. Der IFC ist innerhalb der Weltbank für die Förderung von privatwirtschaftlichen Unternehmen zuständig. Nach einer Beschwerde von Umwelt- und Menschenrechtsorganisationen leitete der Ombudsmann des IFC (Compliance Advisory Ombudsman) eine Untersuchung ein. Ergebnis: Wilmar war im indonesischen West-Kalimantan in zahlreiche Landrechtskonflikte verwickelt. Im August 2009 erklärte Weltbank- Präsident Robert Zoellick daraufhin ein Moratorium seiner Bank für alle weiteren Palmöl-Investments.

Die Palmöl-Lobby übt nun Druck auf die Bank aus, das Moratorium wieder zu lockern und industriefreundliche Investitions-Leitlinien für den Palmöl-Sektor zu beschließen. Die Weltbank hat deshalb zur Zeit einen Revisionsprozess eingeleitet, um ihren Investitionsstopp wieder in Frage zu stellen, und ein erster Leitlinien-Entwurf lässt nichts Gutes erwarten. Zwar werden darin die negativen Auswirkungen des Palmölbooms fein säuberlich aufgelistet, es gibt aber keinen Plan, wie die Bank weiteren Schaden bei fortgesetzten Investitionen vermeiden will.

Die Politik der Weltbank wird von den Mitgliedsstaaten, als deren Anteilseigner, bestimmt. Bei Entscheidungen in den Führungsgremien der Weltbank sind die Stimmen der einzelnen Staaten entsprechend ihres Kapitalanteils gewichtet. Die USA, als größter Einzahler, halten über 15 Prozent der Stimmen. Deutschland folgt nach Japan und China auf Platz vier. Die Bundesregierung hat deshalb jetzt eine hohe Verantwortung und kann maßgeblich verhindern, dass die internationalen Palmölkonzerne mit frischem Weltbankgeld ihr Zerstörungswerk fortsetzen. Das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit (BMZ), mit Dirk Niebel als Minister an der Spitze, gibt dabei die Richtung vor.

ROBIN WOOD fordert deshalb von Minister Niebel, sich dafür einzusetzen, dass die Weltbank dauerhaft auf die Förderung von industriellen Ölpalmen-Plantagen verzichtet. Stattdessen müssen kleinbäuerliche Strukturen mit Krediten unterstützt werden. Die Weltbank sollte ihrem Anspruch gerecht werden, die Armut zu bekämpfen. Sie sollte daran mitwirken, die Zivilgesellschaft zu stärken und insbesondere die Situation der UreinwohnerInnen in Ländern wie Indonesien zu verbessern.

Peter Gerhardt, Tropenwaldreferent von ROBIN WOOD in Hamburg peter.gerhardt@robinwood.de


Die Weltbank ist während des zweiten Weltkrieges von der internationalen Staatengemeinschaft ins Leben gerufen worden - ursprünglich, um den Wiederaufbau Europas zu finanzieren. Wenn heute von der Weltbank die Rede ist, dann ist damit eigentlich die Weltbankgruppe gemeint, die ihren Hauptsitz in Washington D.C. hat. Innerhalb der Weltbankgruppe gibt es fünf eigenständige Institutionen, darunter die International Bank for Reconstruction and Development (IBRD) sowie die International Finance Cooperation (IFC).


Bildunterschrift der im Schattenblick nicht veröffentlichten Abbildung der Originalpublikation:
Hier vernichtet Wilmar, laut Save Our Borneo, Regenwald in Zentral Kalimantan, Indonesien, Mai 2010


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Quelle:
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veröffentlicht im Schattenblick zum 22. Dezember 2010