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ARTENRAUB/005: Pakistan - Schneeleopard in Gefahr, Projekt beteiligt Hirten an Tierschutz (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland gGmbH
IPS-Tagesdienst vom 13. August 2010

Pakistan: Schneeleopard in Gefahr - Umweltprojekt beteiligt Hirten an Tierschutz

Von Zofeen Ebrahim


Karatschi, 13. August (IPS) - Seit mehr als zehn Jahren folgt Shafqat Hussain den Spuren des bedrohten Schneeleoparden. Er hörte die Wildkatze brüllen und stieß auf ihre Fährte. Der Traum des Pakistaners, das scheue Tier einmal mit eigenen Augen zu sehen, hat sich bisher allerdings nicht erfüllt.

Der Wissenschaftler, der am Trinity College im US-Bundesstaat Connecticut lehrt, wird nicht von Sensationslust getrieben. Ihm geht es vor allem darum, das Überleben des Schneeleoparden in dem asiatischen Land zu sichern. Die Weltnaturschutzunion (IUCN) hat die Raubkatze, die in zentral- und südasiatischen Bergregionen heimisch ist, auf ihre 'Rote Liste' der vom Aussterben bedrohten Arten aufgenommen.

Nach IUCN-Schätzungen zufolge gibt es auf der ganzen Welt nur noch 4.000 bis 7.000 Exemplare. Hussain nahm 2003 eine Untersuchung in Pakistan vor und kam zu dem Schluss, dass dort etwa 450 Schneeleoparden übrig geblieben sind. Die Population wachse nur sehr langsam, stellte er fest.

Das Washingtoner Artenschutzübereinkommen (CITES) verbietet den Handel mit den Tieren und ihren Körperteilen. Pakistanische Hirten haben allerdings noch andere Gründe, den Wildkatzen nach dem Leben zu trachten. Wie Hussain berichtete, werden immer wieder Leoparden getötet, die Ziegenherden angegriffen haben.

Um dies zu verhindern, gründete der Umweltaktivist 1999 in zwei Dörfern in der nordpakistanischen Region Baltistan ein Projekt zum Schutz des Schneeleoparden, das von der britischen 'Royal Geographic Society' und der US-Organisation 'Snow Leopard Conservancy' unterstützt wird. Inzwischen haben sich bereits acht weitere Dörfer beteiligt. Vor Hussain liegt allerdings noch ein weiter Weg, denn mehr als 200 Ortschaften liegen innerhalb des Habitats der Schneeleoparden.


Entschädigung für zerfleischte Ziegen

Hussain betonte im Gespräch mit IPS, dass er die Nöte der Viehzüchter durchaus verstehen könne. Er versuche mit seinem Projekt die Leoparden zu schützen und den Hirten zugleich Entschädigungen für den Verlust ihrer Ziegen zu zahlen. Bedingung dafür sei, dass die Dorfbewohner keine Schneeleoparden mehr töteten, erklärte der 41-Jährige.

Ghulam Mehdi hat über Hussains Projekt bereits Geld erhalten. Vor etwa sechs Monaten hatte eine Raubkatze seine Herde in einem Dorf in Balistan angefallen. Der 35-Jährige erhielt umgerechnet 52 US-Dollar Entschädigung. Der Hirte hat inzwischen alle Tiere für 2 US-Cent im Monat versichert.

Das Leoparden-Projekt hat alle Ziegen registriert, um einen Überblick über die Größe der Herden zu behalten. Entschädigungen gibt es allerdings nur dann, wenn ein Schneeleopard und nicht ein anderes Wildtier der Angreifer war.

Mehr als 5.000 Viehzüchter haben sich bereits dem Projekt angeschlossen. Hussain erklärt sich die große Resonanz damit, dass die Beteiligten selbst für die Verwaltung verantwortlich sind. Die Dorfbewohner haben auch gelernt, ferngesteuerte Kameras zu bedienen, mit denen sie die Schneeleoparden beobachten können.

Das Modell hat mittlerweile auch in Nachbarstaaten wie China, Nepal und Indien Schule gemacht. Der stellvertretende Generaldirektor der Umweltorganisation WWF in Pakistan, Ejaz Ahmad, ist ebenso wie Hussain davon überzeugt, dass solche Programme nur dann Erfolg haben, wenn die Dorfgemeinschaften aktiv daran beteiligt werden.

Tiere wie die Leoparden befänden sich an der Spitze der Nahrungskette. Wenn eine Wildkatzenart aussterbe, drohe das gesamte Ökosystem aus den Fugen zu geraten, warnte Hussain. Wilde Ziegen beispielsweise könnten sich dann so stark vermehren, dass die Böden auf den Weideflächen erodierten.


Menschen dringen in Habitat der Raubkatzen vor

Die zwischen 27 und 54 Kilogramm schweren und bis 1,30 Meter großen Wildkatzen leben außer in Pakistan vor allem in Bergregionen in Afghanistan, China, Indien, Kirgisistan, Kasachstan, der Mongolei, Tadschikistan und Usbekistan.

"Im Laufe der Jahre sind in Pakistan immer weniger Fälle von getöteten Schneeleoparden bekannt geworden", berichtete Ahmad. Damit sind die Chancen auf den Erhalt der Spezies gestiegen - denn der Mensch gilt als ihr größter Feind. Wie Hussain erklärte, greifen die Leoparden seit einigen Jahren auch deshalb häufiger Nutzvieh an, weil die Menschen aufgrund des rapiden Bevölkerungswachstums immer weiter in ihr Habitat vordringen. (Ende/IPS/ck/2010)


Links:
http://www.iucn.org/
http://www.cites.org/
http://www.nationalgeographic.com/field/explorers/hussain-shafqat- 09/
http://www.snowleopardconservancy.org/
http://ipsnews.net/news.asp?idnews=52466

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Quelle:
IPS-Tagesdienst vom 13. August 2010
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veröffentlicht im Schattenblick zum 17. August 2010