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ARTENRAUB/081: Indien - Jagd auf Elefanten auf Andamanen, Tierschützer wollen Wilderei verhindern (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland gGmbH
IPS-Tagesdienst vom 9. Oktober 2012

Indien: Jagd auf Elefanten auf Andamanen - Tierschützer wollen Wilderei verhindern

von Malini Shankar


Elefanten sind auf den Andamanen und Nikobaren gefährdet - Bild: © Malini Shankar/IPS

Elefanten sind auf den Andamanen und Nikobaren gefährdet
Bild: © Malini Shankar/IPS

Port Blair, Indien, 9. Oktober (IPS) - In Indiens Naturschutzwoche vom 1. bis 7. Oktober schlug die Nachricht ein wie eine Bombe: Auf der Andaman Trunk Road, die die Städte der Inselgruppe Andamanen und Nikobaren, Port Blair und Mayabunder, verbindet, wurde Elfenbein im Wert von 336.000 US-Dollar beschlagnahmt.

Beobachter wie Denis Blair von der Zeitung 'Andaman Chronicle' in Port Blair gehen davon aus, dass die Elefanten Wilderern zum Opfer fielen. Obwohl die Dickhäuter unter ein indisches Schutzgesetz für wildlebende Tiere fallen, bewahrt sie auf der zwischen dem Golf von Bengalen und der Andamanensee gelegenen Inselgruppe niemand davor, erlegt zu werden. Naturschützer wollen dies ändern.

Wilde Elefanten, die für den Transport von Baumstämmen auf die Andamanen und Nikobaren verbracht wurden, und die von den ehemaligen britischen Kolonialherren als Fleischlieferanten eingeführte Axishirsche müssen um ihr Überleben fürchten, weil sie als invasive Arten betrachtet werden.

Indiens Wissenschaftler und Tierschützer sind sich uneinig, wie das Problem am besten angegangen werden könnte. Dem obersten Wildhüter Shashi Kumar zufolge liegen keine verlässlichen Schätzungen zur Größe der Hirschpopulation auf den Inseln vor. 86 der 130 Elefanten, die als Arbeitstiere auf die Andamanen kamen, seien inzwischen gezähmt und fielen unter die Obhut der Forstbehörde, erklärte er.

Nach der Beendigung der Holzfällerarbeiten wurden 40 Elefanten auf der Interview-Insel rund 900 Kilometer südöstlich von Kalkutta ausgesetzt. Zehn weitere Tiere wurden in den Urwäldern der Nördlichen Andamanen 20 Seemeilen südwestlich der politisch zu Myanmar gehörenden Kokosinseln sich selbst überlassen.


Studie warnt vor Verdrängung einheimischer Arten

Laut einer kürzlich veröffentlichten Studie der in Pondicherry ansässigen 'Foundation for Ecological Research, Advocacy and Learning' (FERAL) hat die Anwesenheit von Pflanzenfressern dazu geführt, dass einige einheimische Arten verschwunden sind. Die Umweltorganisation sieht den Artenreichtum der Inselkette akut gefährdet, sollte das Problem nicht unter Kontrolle gebracht werden.

Der Untersuchung zufolge sind auch Vertreter der Forstbehörde der Ansicht, dass die Hirsche das Habitat schädigen. Wie groß diese Schäden sind und welche Auswirkungen sie auf das Ökosystem haben, wurde noch nicht geklärt.

Auch K. Sivakumar, ein Experte für bedrohte Tierarten am 'Wildlife Institute of India' in Dehradun, kritisiert, dass die von außen eingeschleppte Art das empfindliche Ökosystem der Inselgruppe schwächt. Die Vermehrung der Hirsche auf den Andamanen zu beschränken, ist seiner Meinung nach weder empfehlenswert noch machbar. Er rät dazu, die Hirsche zu keulen. Auch ihre Umsiedlung lehnt er ab, da die Tiere die Gefangennahme und den Transport kaum überleben würden. Geburtenkontrolle bei den Elefanten hält er angesichts der geringen Zahl der Tiere für eine durchaus realistische Option.

Bittu Sahgal vom 'Sanctuary Asia Magazine' in Mumbai kritisiert, dass für eine schonende Entfernung der Hirsche kein Geld zur Verfügung stehe. Er wies darauf hin, dass auch wild lebende Hunde auf den Andamanen den Artenreichtum vor Ort gefährdeten.

Doch das Keulen wildlebender Tiere birgt durchaus Gefahren: So werden Elefanten und Axishirsche in Indien auf der Liste der gefährdeten Arten geführt. Die Jagd auf sie ist in den meisten Teilen des Subkontinents verboten. Doch auf den Andamanen und Nikobaren werden sie von den Einheimischen gejagt. Auch Wilddiebe machen sich den Umstand zunutze, dass es auf den Inseln mit der Einhaltung des Gesetzes nicht so genau genommen wird. Darauf lässt auch der Fund der großen Menge an Elfenbein schließen.

Umweltschützer in ganz Indien protestieren unterdessen gegen das Keulen wildlebender Tiere. "Dies ist der widerlichste Weg, um die Zahl der Tiere zu begrenzen", sagte die Naturschützerin und Parlamentarierin Maneka Gandhi. "Die Elefanten könnten stattdessen auf das Festland zurückgebracht werden, sobald Auffangstationen eingerichtet sind. Die Hirsche sollten dagegen an Ort und Stelle bleiben. Es wäre einfach, ein System der Geburtenkontrolle einzuführen und Raubtiere wieder auf den Inseln anzusiedeln." (Ende/IPS/ck/2012)


Links:

http://www.academia.edu/1442426/The_effect_of_introduced_herbivores_on_vegetation_in_the_Andaman_Islands
http://www.feralindia.org/drupal/
http://www.ipsnews.net/2012/10/culling-or-conservation/

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Quelle:
IPS-Tagesdienst vom 9. Oktober 2012
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veröffentlicht im Schattenblick zum 10. Oktober 2012