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ARTENRAUB/086: Afrika - Gnadenlose Jagd auf Nashörner (Securvital)


Securvital 4/2012 - Oktober-Dezember
Das Magazin für Alternativen im Versicherungs- und Gesundheitswesen

Bedrohte Tiere
Gnadenlose Jagd

Von Norbert Schnorbach



Der illegale Handel mit Elfenbein und Nashörner wirft so hohe Profite ab wie der Drogenhandel. In Afrika jagen Wilderer die vom Aussterben bedrohten Nashörner. Naturschützer haben kaum eine Chance dagegen.


Breitmaulnashörner sind friedliche Riesen, die sich von Gras und Blättern ernähren. Aggressiv werden sie nur, wenn sie sich angegriffen fühlen. Dann sind sie bereit, den Angreifer mit gesenktem Kopf auf die Hörner zu nehmen. Die bis zu drei Tonnen schweren Dickhäuter schlagen jedes Raubtier in die Flucht. Bis auf den Menschen. Gegen Jäger mit Schnellfeuergewehren und Helikoptern haben die Nashörner keine Chance.

Ausgerechnet ihre stärksten Waffen, die bis zu einem Meter langen Hörner, werden ihnen zum Verhängnis. Genau darauf haben es die Wilderer abgesehen. Als Trophäe oder als vermeintliches Potenz- und Wundermittel wird es auf dem Schwarzmarkt mit Gold aufgewogen. Die Jagd nach dem Horn hat die Rhinozerosse dezimiert. Einst waren sie auf dem ganzen Kontinent verbreitet, heute leben nur noch 20.000 Tiere im südlichen Afrika. In allen anderen Regionen ist das Breitmaulnashorn bereits ausgestorben.

Ihre Verwandten, die etwas schlankeren Spitzmaulnashörner, sind noch seltenere Tiere. Ganze 5.000 Exemplare leben noch. Die meisten in Südafrika, in ausgedehnten Naturschutzgebieten wie dem Krüger-Nationalpark. Dank intensiver Schutzmaßnahmen wächst ihre Zahl langsam wieder, schätzt die Umweltorganisation IUCN, die die "Rote Liste" der gefährdeten Arten überwacht. Doch die Naturschützer sind alarmiert. In jüngster Zeit hat die illegale Jagd auf Nashörner schlagartig zugenommen.

Bis vor wenigen Jahren fielen im südlichen Afrika durchschnittlich ein Dutzend Nashörner jährlich den einheimischen Wilderern zum Opfer, berichtet Ranveig Eckhoff vom Global Nature Fund. Doch dann stieg die Zahl der toten Rhinozerosse sprunghaft an: 330 im Jahr 2010 und 448 im Jahr 2011. In diesem Jahr sind es noch mehr. Jede Woche finden die Wildhüter in den Schutzgebieten etwa zehn erschossene Tiere, so die International Rhino Foundation. Organisierte Trupps von Wilderern töten sie, um die Hörner abzuschneiden.


So teuer wie reines Gold

Die Jagd auf die geschützten Nashörner ist ein blutiges Geschäft mit enormen Profiten wie beim Drogenhandel. Obwohl die Hörner nur aus Keratin bestehen, ähnlich wie auch menschliche Fingernägel und Haare, werden sie von illegalen Händlern in Asien so teuer wie reines Gold verkauft. Interessenten finden sich insbesondere in China und Vietnam. Hier gilt Nashornpulver schon seit langem als wundertätiges Heilmittel gegen alle möglichen Krankheiten und neuerdings auch als ein Sammlerobjekt und Statussymbol. "Die Neureichen suchen etwas, dass selten, exotisch und teuer ist, um so ihren Erfolg zur Schau zu stellen", meint Doug Henrie von der Umweltorganisation Education for Nature.

In Vietnam gibt es zudem ein populäres Gerücht, das die Preise für Rhinozeros-Horn zusätzlich in die Höhe treibt, berichtet die Umweltstiftung WWF. Ein hochrangiger Politiker habe seine Krebserkrankung mit dem Hornpulver geheilt, wird dort erzählt. Obwohl es keinerlei wissenschaftlichen Beleg für solche Heilwirkungen gibt, boomt der Schwarzmarkt seitdem umso mehr.

Bis zu 200.000 Euro werden nach Informationen der Umweltschützer für ein einziges Horn gezahlt. Das erklärt, warum Nashornjäger neuerdings auch in Europa aktiv werden. In Zoos und Museen suchen sie nach Rhinozeros-Hörnern. Vor einigen Monaten klärte die Polizei einen dreisten Fall in Süddeutschland auf: Vier Diebe hatten sich ins öffentliche Museum in Offenburg eingeschlichen und die beiden Hörner eines präparierten Nashornschädels abgeschlagen und gestohlen. Kein Einzelfall: Europaweit gab es nach Polizeiangaben in letzter Zeit 70 Fälle von Nashorndiebstahl aus Museen oder privaten Sammlungen.

"Wenn jetzt sogar in Europa Jagd auf Nashörner gemacht wird, ist es leicht vorstellbar, welcher Überlebenskampf gerade in den afrikanischen Savannen tobt", warnt Volker Homes vom deutschen WWF. Die Naturschützer versuchen dort, die bedrohten Tiere nicht nur durch Wildhüter in den Nationalparks, sondern auch mit moderner Technik zu schützen. In Südafrika statten sie Nashörner mit winzigen Chips aus. Dafür werden die Tiere betäubt und in den Hörnern jeweils ein Mini-Ortungsgerät versteckt, das als Sender funktioniert. Bei ungewöhnlichen Bewegungsmustern alarmiert es die Wildhüter. Die Geräte wurden an einer kleinen Gruppe Nashörner erfolgreich getestet. Außerdem ist eine Datenbank im Aufbau, um das Erbgut aller Nashörner zu katalogisieren. Damit könnten Wilderer und illegale Händler abgeschreckt und die Täter konsequenter verfolgt werden.


In Vietnam ausgestorben

Um die kriminellen Machenschaften einzudämmen, sind internationale Maßnahmen nötig. Im Prinzip gibt es eine gute Gesetzesgrundlage, um den Handel mit Nashorn zu unterbinden. 175 Staaten haben das sogenannte Washingtoner Artenschutzabkommen unterzeichnet. Es verfolgt das Ziel, den Handel mit geschützten Wildtieren und Pflanzen zu kontrollieren. Doch es gibt zu große Lücken - beim Zoll, bei der internationalen Polizeifahndung und in den Naturschutzgebieten selbst, wo es an gut ausgerüsteten Wildhütern mangelt.

Die Wirtschaftsentwicklung in Asien vergrößert das Problem. Je größer die Zahl der Reichen, desto mehr steigt die Nachfrage auf dem Schwarzmarkt, auch durch die Trophäensammler und Spekulanten, die auf weiter steigende Preise für die immer selteneren Tiere spekulieren. Wohin das führt, zeigt das Beispiel Vietnam: Dort sind die Nashörner der einhornigen asiatischen Art (Java-Nashorn) dezimiert worden. Vor zwei Jahren hat man zum letzten Mal ein freilebendes Tier beobachten können. Seitdem ist das Nashorn in Vietnam ausgestorben.


Bildunterschriften der im Schattenblick nicht veröffentlichten Abbildungen der Originalpublikation:

- In Südafrika schützen bewaffnete Wildhüter die Nashörner. Trotzdem fallen viele Tiere der zunehmenden Wilderei zum Opfer

- Das Objekt der Begierde: Doppeltes Horn eines jungen Breitmaulnashorns.

- Friedliche Begegnung: Manche Tiere haben sich an die Wildhüter gewöhnt.

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Quelle:
Securvital 4/2012 - Oktober-Dezember, Seite 32 - 34
Das Magazin für Alternativen im Versicherungs- und Gesundheitswesen
Herausgeber: SECURVITA GmbH - Gesellschaft zur Entwicklung
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Redaktion: Norbert Schnorbach (V.i.S.d.P.)
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veröffentlicht im Schattenblick zum 26. Oktober 2012