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ARTENRAUB/117: Zugvögeln droht Ausrottung - Habitate zunehmend durch Menschen zerstört (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland GmbH
IPS-Tagesdienst vom 21. Mai 2013

Umwelt: Zugvögeln droht Ausrottung - Habitate zunehmend durch Menschen zerstört

von Silvia Romanelli



New York, 21. Mai (IPS) - Zugvögel sind so stark bedroht wie nie zuvor. Mehrere Arten könnten bereits in den nächsten zehn Jahren ausgerottet werden. Vor dem Internationalen Tag für Biodiversität am 22. Mai, der sich in diesem Jahr auf Wasserressourcen konzentriert, fordern Experten eine größere länderübergreifende Zusammenarbeit bei der Suche nach nachhaltigen und kosteneffizienten Lösungen für die Probleme des Artenverlustes und der Umweltschädigung.

"Die Grenzen beim Umgang mit Wasser und Ökosystemen entsprechen kaum den geopolitischen Grenzen", heißt es in dem Report 'Natural Solutions for Water Security', der von der Biodiversitäts-Konvention (CBD) veröffentlicht wurde.

Francisco Rilla vom 1979 in Bonn unterzeichneten Übereinkommen zur Erhaltung wandernder wild lebender Tierarten (Convention on Migratory Species) nennt fünf hauptsächliche Gründe für den Verlust der Artenvielfalt: die Zerstörung der Habitate, Übernutzung und Wilderei, Umweltverschmutzung, Klimawandel und die Einführung invasiver Spezies.

Wandernde Tierarten sind besonders anfällig, denn "damit sie sich regenerieren, reproduzieren und an jeder 'Station' ihrer Reise überleben können, sind sie vollständig abhängig von einem Netzwerk gut funktionierender Ökosysteme", erläutert Rilla.


Hälfte aller Feuchtgebiete vernichtet

Dem UN-Umweltprogramm UNEP zufolge sind viele Zugvögel, etwa Kraniche, Störche, Watvögel und Adler, tausende Kilometer auf Flugrouten unterwegs, die Länder, Kontinente und sogar die gesamte Welt umspannen. Diese Vögel nutzen Feuchtgebiete entlang ihrer Wanderstrecken, um sich dort auszuruhen, zu fressen und zu brüten. In den vergangenen 100 Jahren seien jedoch weltweit die Hälfte aller Feuchtgebiete - und damit auch natürliche Wasserspeicher - verschwunden, sagt UNEP-Sprecher Nick Nuttall.

Da ihre Habitate immer weiter geschädigt werden, droht einigen Zugvogelarten der Verlust von bis zu neun Prozent ihrer Populationen. Andere wie etwa der Löffelstrandläufer könnten binnen der nächsten zehn Jahre aussterben. Dies würde zu weiteren Veränderungen der Ökosysteme führen, die sich wiederum auf die menschliche Entwicklung auswirkten.

In einer Erklärung vor dem Welttag des Zugvogels am 11. und 12. Mai hatte UNEP-Exekutivdirektor Achim Steiner betont, dass Zugvögel "Teil des Lebensnetzes sind, das die Ökosystemdienstleistungen der Natur im Wert von mehreren Billionen Dollar unterstützt".

Nach Ansicht von Rilla spielt der Beitrag der Zugvögel zu den Ökosystemdienstleistungen auch in finanzieller Hinsicht eine wachsende Rolle. Im März 2007 begann UNEP auf Bitten der acht größten Industriestaaten und mehrerer Entwicklungsländer mit der Initiative 'The Economics of Ecosystems and Biodiversity' (TEEB). Damit sollen die wirtschaftlichen Vorteile der Artenvielfalt untersucht und für die Politik nutzbar gemacht werden.

Als ein Beispiel für die Anwendung von TEEB nennt Nuttall die Unterstützung Kenias durch UNEP bei der Berechnung des ökonomischen Wertes der Ökosystemdienstleistungen, die durch den Mau-Wald nordwestlich der Hauptstadt Nairobi generiert werden. Der gesamte Wert des Gebietes wurde auf 1,5 Milliarden US-Dollar jährlich geschätzt. Daraufhin wurden der Wald und weitere wasserliefernde Ökosysteme, die die kenianischen Städte versorgen, regeneriert.

Der CBD-Bericht hebt die Vorteile hervor, die aus der Nutzung natürlicher Infrastrukturen wie Wälder und Feuchtgebiete erwachsen. Diese seien den vom Menschen gebauten Dämmen, Leitungen, Wasseraufbereitungsanlagen und Kanalisationssystemen vorzuziehen. Werden beispielsweise die Ökosysteme der Küsten gestärkt, können sie als Pufferzonen Ortschaften vor Stürmen schützen, die Biodiversität der Böden wiederherstellen und Wasser für den landwirtschaftlichen Anbau speichern. Damit wird auch die Ernährungssicherheit erhöht. Die Regenerierung von Wäldern kann die Risiken für Erosion mildern und die Wasserqualität optimieren.

Dieser als 'Ecosystem-based Adaption' (EbA) bekannte Ansatz, der Artenvielfalt und Ökosystemdienstleistungen in Klimaanpassungsstrategien zusammenführt, werde nach wie vor zu selten genutzt, kritisiert der Bericht.


Wasserprobleme auf natürliche Weise lösen

Auch der Agrarsektor, der 70 Prozent zum globalen Wasserverbrauch beiträgt, könnte sich diese Vorgehensweise zunutze machen. "Mit nachhaltigeren Formen der Landwirtschaft können Wasserprobleme gelöst und die Artenvielfalt unterstützt werden", sagt Nuttall.

Bei einer Untersuchung der Bedingungen von tausenden Kleinbauern in Afrika fanden UNEP und die UN-Konferenz über Handel und Entwicklung heraus, dass diejenigen, die auf eine organische oder nahezu organische Produktion umgestiegen sind, im Durchschnitt doppelt so viel ernten als früher, teils weil die organische Materie wie ein Schwamm den Wassergehalt der Böden festhält und damit die Anbauperioden verlängert. Die Vereinten Nationen haben 2013 zum Internationalen Jahr der Wasserkooperation erklärt. (Ende/IPS/ck/2013)


Links:

http://www.cbd.int/idb/doc/2013/booklet/idb-2013-booklet-en.pdf
http://www.cbd.int/idb/
http://www.cms.int/
http://www.unep.org/
http://www.ipsnews.net/2013/05/migratory-flyways-decimated-by-human-expansion/

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IPS-Tagesdienst vom 21. Mai 2013
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veröffentlicht im Schattenblick zum 22. Mai 2013