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ARTENRAUB/150: Karibik - Feuerfische plündern Korallenriffe (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland GmbH
IPS-Tagesdienst vom 3. März 2014

Karibik: Feuerfische plündern Korallenriffe

Von Christopher Pala


Bild: © Christopher Pala/IPS

Die Stacheln der Feuerfische scheiden ein Gift aus, das Schmerzen verursacht, aber nicht zum Tode führt.
Bild: © Christopher Pala/IPS

Nassau, Bahamas, 3. März (IPS) - Appetit auf einen Feuerfisch? In der Karibik ist das kein Problem - ganz im Gegenteil. Denn dort kommt die aus dem Pazifik eingeschleppte Art inzwischen in dichten Schwärmen vor. Je mehr sie gejagt und verspeist wird, umso besser für die lokalen Korallenriffe, denen sie derzeit den Garaus macht.

In welcher Geschwindigkeit die invasiven Feuerfische die einheimischen Arten vernichten, die für die Reinigung der Korallenstöcke zuständig sind, zeigt eine neue Untersuchung. Ein Jahr nachdem sich die rötlich-braun-weiß gestreiften Jäger in den Korallenriffen eingenistet haben, sind die einheimischen Spezies um die Hälfte dezimiert.

"Sie fressen alles, was sie kriegen können, ohne selbst bedroht zu werden", meint die Hauptautorin der Studie, Stephanie Green von der Staatlichen Universität von Oregon. Deshalb seien sie auch nicht scheu und ließen sich relativ leicht fangen.

Wissenschaftler nehmen an, dass die Feuerfische in den 1980er Jahren von privaten Sammlern im Atlantik ausgesetzt wurden und in spätestens 20 Jahren die einheimischen Spezies ausgerottet haben werden. Dann geht es auch mit den Korallenriffen bergab, die als natürliche Wellenbrecher eine wichtige Rolle für den Küstenschutz spielen.


Plage

"Die Feuerfische sind überall", bestätigt Pericles Maillis, Rechtsanwalt, Umweltaktivist und ehemaliger Vorsitzender der lokalen Umweltschutzbehörde 'Bahamas National Trust'. Er setzt sich seit langem für die Förderung des kommerziellen Feuerfischfangs ein, um der erstmals 2004 vor der Küste gesichteten Art beizukommen. Seit 2010 ist sie zur wahren Plage geworden.

Im Atlantik bevölkern sie inzwischen ein 3,3 Millionen Quadratkilometer großes Gebiet. Ihre Schwärme sind hunderte Male dichter als in ihren natürlichen Lebensräumen. "Nur im Pazifik, ihrem Heimatgewässer, hält sich die Population aus uns unbekannten Gründen in Grenzen", meint Mark Hixon von der Universität von Hawaii. "Wir nehmen an, dass sie dort einen natürlichen Feind haben, der ihre Jungtiere frisst."

Die Feuerfische selbst verschlingen nicht nur die kleinen Rifffische, sondern machen sich auch über den Nachwuchs der größeren Arten her. Schnappern, Zackenbarschen und Co. werden somit die nachfolgenden Generationen förmlich weggefressen.

Auf dem Fischmarkt von Nassau scheint die Entwicklung bisher noch niemanden zu stören. So meint der Fischer Carson Colmar, er habe keinen Grund zu klagen; seine Rifffisch- und Hummerfänge seien bisher nicht zurückgegangen. Dass er inzwischen auch Feuerfische harpuniert, begründet er damit, dass sie so leicht zu fangen sind. "Ich verkaufe rund 50 die Woche", sagt er. "Gäbe es mehr Abnehmer, würde ich mehr fangen." Die Filets verkauft er für acht US-Dollar das Pfund. Die gleiche Menge Schnapper und Zackenbarsche kostet zwölf Dollar.

Dass die Feuerfische auf den Bahamas nicht allzu sehr nachgefragt werden, hat damit zu tun, dass ihre Stacheln auf den Rückenflossen ein Gift enthalten. Schon ein kleiner Stich ist schmerzhaft, aber nicht tödlich. Viele Verbraucher sind deshalb der Meinung, dass der Fisch für den Verzehr ungeeignet ist.

In den USA hingegen sind Feuerfische inzwischen fester Bestandteil der Speisekarte, wie Lad Akins, der Gründer der Umweltorganisation REEF, berichtet, die sich seit fast einem Jahrzehnt für die Kontrolle der nachtaktiven Feuerfische einsetzt. Der kommerzielle Fang von Feuerfischen hat sich in Florida, wo RIFF angesiedelt ist, innerhalb eines Jahres auf fast 6,1 Tonnen 2012 verfünffacht. Dennoch hat sich die Strategie als wenig flächendeckend herausgestellt, weil die Tiere einzeln harpuniert werden müssen.


Von Tauchern effektiv bekämpft

Bisher zeigen lediglich die Korallenschutzanstrengungen von Tauchsportunternehmen Früchte. Angesichts der Gefahr, die die schwimmenden Allesfresser für das Ökosystem und somit für das Tauchgeschäft bedeuten, sind sie dazu übergegangen, die Spezies systematisch auszurotten.

In Bonaire, einem Taucherparadies in Niederländisch-Westindien, war der erste Feuerfisch 2009 gefangen worden. Innerhalb von zwei Jahren verbreitete sich die invasive Art auf erschreckende Weise, wie Fadilah Ali von der Universität von Southampton berichtet. Doch nur 300 Freiwillige, die mit Spezialharpunen ausgestattet wurden, erlegten mehr als 10.000 Feuerfische und sorgten dadurch für einen Rückgang der Spezies in der Region. "Heute sind bei einem normalen Tauchgang nur noch einige wenige zu entdecken", erläutert sie.

Green zufolge könnte eine Vielzahl von Riffen überleben, würden die Sporttaucher auch in anderen Gebieten aktiv werden. Ihrer Meinung nach müssten auch die Mangrovengewässer, die lokalen Fischarten als Laichplätze dienen, von den eingeschleppten Vielfraßen gereinigt werden.
(Ende/IPS/kb/2014)


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veröffentlicht im Schattenblick zum 5. März 2014