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ATOM/020: Japan - Strom sparen nach Fukushima, neue Bewegung stärkt Kernkraftgegner (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland gGmbH
IPS-Tagesdienst vom 23. August 2011

Japan: Strom sparen nach Fukushima - Neue Bewegung stärkt Kernkraftgegner

Von Suvendrini Kakuchi


Tokio, 23. August (IPS) - In Japan hat die Atomkatastrophe in Fukushima eine neue Bewegung ins Leben gerufen. Sie nennt sich 'Setsuden', was soviel heißt wie 'Strom sparen'. Von ihr erhoffen sich die Atomkraftgegner im Lande Rückenwind.

"Die Öffentlichkeit steht hinter Setsuden, weil sie fürchtet, dass es zu ähnlichen Blackouts kommen könnte wie nach dem Atomunfall in Fukushima", meint dazu Kazuko Sato vom 'Soft Energy Project', einer Nichtregierungsorganisation, die sich für erneuerbare Energien stark macht. Die Herausforderung besteht ihrer Ansicht nach darin, die Setsuden-Befürworter mit der Anti-Atomlobby zusammenzuführen.

"Um sauberen Ökostrom zu einem nationalen Anliegen zu machen und Japans Abhängigkeit von der Kernkraft zu verringern, ist es wichtig, die Setsuden-Bewegung auch auf die Gefahr hin, dass das Interesse nur von kurzer Dauer sein könnte, zu fördern ", sagt Sato. Derzeit decken erneuerbare Energien wie Sonnen- und Windkraft noch nicht einmal zwei Prozent des japanischen Strombedarfs.

Tokio, einst bekannt für seine Häuserfronten aus Neonlichtern, ist zu einer Stadt mit dunklen Gebäuden und langsam fahrenden Zügen geworden. Tafeln an den größeren Kreuzungen zeigen täglich den Stand des städtischen Stromverbrauchs an. So erfahren die Bürger, ob noch genügend Energie vorhanden ist oder ein Blackout bevorsteht.

Auch wenn Hisayo Takada, Energieexperte bei Greenpeace-Japan, dem neuen Trend eine gewisse Bedeutung beimisst, so geht er nicht davon aus, dass er die Menschen gegen die Atomkraft aufbringen wird. "Setsuden kommt vor allem Symbolkraft zu: als Akt der Solidarität in schwierigen Zeiten. Wichtiger wäre es, eine gemeinsame Front gegen den gefährlichen Atomstrom aufzubauen", betont er gegenüber IPS.

Das Erdbeben und der Tsunami vom 11. März hatten Japans größten Atommeiler in Fukushima zerstört und die Regierung gezwungen, ihre nationale Atomenergiepolitik zu überdenken. Von den 54 Atomreaktoren sind nur noch 15 in Betrieb, die zum Teil Sicherheitstests durchlaufen. Dies hat nach Angaben der Vereinigung der Elektrizitätswerke dazu geführt, dass die zehn größten Atommeiler mit 83 Milliarden Kilowattstunden neun Prozent weniger Strom generieren als im letzten Jahr. Kernkraft deckt derzeit nur noch 30 Prozent des nationalen Strombedarfs.


Erinnerungen an Nachkriegszeit

Dem bekannten japanischen Autor Kazutoshi Hanto zufolge erinnern die derzeitigen Energiesparbemühungen an die Zeit des Wiederaufbaus nach dem Ende des zweiten Weltkrieges 1945. "Die nationale Einheit, wie sie durch Setsuden verkörpert wird, spiegelt die frühen Nachkriegsbemühungen der Japaner, gemeinsam das Land wiederaufzubauen."

Die Regierung von Ministerpräsident Naoto Kan hat sich zum Ziel gesetzt, ein Fünftel des nationalen Energiebedarfs künftig aus erneuerbaren Quellen wie Sonne und Wind zu decken. So sollen Gesetze den Ankauf von Ökostrom zu Preisen reglementieren, die von der Regierung festgelegt werden. Derartige Schritte sind nach Ansicht von Umweltschützern seit langem überfällig.

Größere japanische Unternehmen zeigen inzwischen ein wachsendes Interesse daran, Energie sparende Produkte herzustellen. 'Toshiba' und 'Mitsubishi Electric' haben ihre Bereitschaft zur Zusammenarbeit bei der Entwicklung einer neuen Generation von Häusern signalisiert, die mit Solarzellen und Strom sparenden Haushaltsgeräten ausgestattet werden sollen.

Die Angst vor einer nuklearen Verseuchung im Zuge des Fukushima-Unfalls ist omnipräsent und sorgt für eine zunehmende Ablehnung der Atomkraft. "Die schwierigen Zeiten, mit denen wir uns konfrontiert sehen, bieten Chancen, die wir nicht ungenutzt verstreichen lassen dürfen", meint Sato vom 'Soft Energy Project'. "Damit Japan nach der Krise wieder aufersteht, müssen wir einen nachhaltigen Ansatz für ein sicheres Japan verfolgen." (Ende/IPS/kb/2011)


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http://www.k5.dion.ne.jp/~npo-sep/english/sepindex1.htm
http://www.ipsnews.net/news.asp?idnews=104839

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veröffentlicht im Schattenblick zum 24. August 2011