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ARTENSCHUTZ/082: Uruguay - Meeresschildkröten unter Kälteschock, Klimawandel behindert Migration (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland gGmbH
IPS-Tagesdienst vom 27. Juli 2012

Uruguay: Meeresschildkröten unter Kälteschock - Klimawandel behindert Migration

von Inés Acosta


Meeresschildkröte wird nach Kälteschock behandelt - Bild: © Victoria Rodríguez/IPS

Meeresschildkröte wird nach Kälteschock behandelt
Bild: © Victoria Rodríguez/IPS

Montevideo, 27. Juli (IPS) - Grüne Meeresschildkröten tummeln sich in diesen Wochen massenhaft an den Stränden Uruguays zwischen dem Atlantik und dem Rio de la Plata. Sie leiden an starker Unterkühlung. Experten vermuten, dass eine abrupte Veränderung der Wassertemperatur die Tiere daran gehindert hat, wärmere Gewässer aufzusuchen. In der südlichen Hemisphäre ist zurzeit Winter.

Etwa hundert Schildkröten der Art 'Chelonia mydas', die an der südöstlichen Küste des südamerikanischen Landes gestrandet sind, wurden inzwischen zu Rettungsstationen gebracht. Mitte Juli wurden etwa 50 Tiere binnen von nur drei Tagen an Land gesichtet.

Die Weltnaturschutzunion (IUCN) rechnet die Grüne Meeresschildkröte zu den gefährdeten Arten. Sie wächst normalerweise an den Küsten Uruguays heran und begibt sich im Winter in die wärmeren Gewässer Brasiliens. Die gepanzerten Tiere werden häufig auf Felsen entlang der uruguayischen Atlantikküste und an Stränden am Rio de la Plata beobachtet.


Bis zu 500 Kilo Gewicht

Ausgewachsene Exemplare können eine Größe von anderthalb Metern und ein Gewicht von 500 Kilogramm erreichen. Die Schildkröten in Uruguay sind jedoch noch jung und durchschnittlich erst 40 Zentimeter groß.

Wie Andrés Estrades vom Karumbé-Meeresschildkrötenzentrum erklärt, wurden Schildkröten bereits in früheren Winter durch die niedrigen Wassertemperaturen an die Strände getrieben. "Der Durchschnitt lag aber bei etwa zehn Tieren während der gesamten Saison", sagte er. "So viele wie jetzt waren es noch nie, und die Kälte hat gerade erst begonnen."

'Karumbé' bedeutet in der Ureinwohnersprache Guaraní 'Schildkröte'. 1999 hatte eine Gruppe junger Wissenschaftler das Zentrum gegründet, die die Meerestiere und vor allem die Schildkröten in Uruguay schützen wollten. Das Veterinär-Zentrum und ein kleines Museum befinden sich auf dem Gelände des zoologischen Gartens 'Villa Dolores' in Montevideo.

In diesem Winter hat das Karumbé-Zentrum bereits 32 junge Exemplare von 'Chelonia mydas' im Alter von zwei bis zwölf Jahren aufgenommen. Laut Estrades wogen sie zwischen vier und 15 Kilo. Die übrigen geretteten Tiere kamen in Hilfsstationen in Rocha und Maldonado. Etwa 20 lagen tot am Strand.

Nach Angaben des Zentrums landen Schildkröten nicht nur während der Kälte im Winter an. Über das Jahr werden im Durchschnitt 120 Tiere gefunden. Die Hälfte von ihnen hat Plastikgegenstände geschluckt, 15 Prozent haben sich in Fischernetzen verfangen und weitere 15 Prozent leiden an Unterkühlung. Bei den übrigen werden andere Krankheiten festgestellt.

Karumbé hat über das soziale Internet-Netzwerk 'Facebook' eine Sensibilisierungskampagne gestartet und erklärt der Öffentlichkeit, was getan werden muss, wenn eine Schildkröte am Strand entdeckt wird. Die Tiere sollten keinesfalls ins Meer zurückgebracht werden, sondern durch Decken und warmes Wasser gewärmt werden, bis ein herbeigerufener Experte vor Ort ankommt.

Die Grünen Meeresschildkröten sollen bis zum Frühjahr in Karumbé versorgt werden und bei geeigneten Wetterverhältnissen im Meer ausgesetzt werden.


Tiere kamen nicht rechtzeitig zum Meer zurück

Estrades erklärt sich die große Zahl gestrandeter Schildkröten in diesem Jahr auch dadurch, dass Tiere, die im Rio de la Plata weit ins Landesinnere vorgedrungen waren, nicht mehr rechtzeitig zum Ozean zurückkamen. "Als die Wassertemperatur plötzlich abfiel, bekamen sie einen Kälteschock."

Zurzeit liegt die Temperatur bei zehn Grad Celsius und damit um zwei Grad unter dem Durchschnitt für die Jahreszeit. Estrades geht davon aus, dass dieser Unterschied für die Meeresschildkröten bereits fatale Folgen haben könnte. Die auffälligen Schwankungen bei den höchsten und niedrigsten Werten bringt er mit dem Klimawandel in Verbindung.

In anderen Jahreszeiten haben Biologen beobachtet, dass sich das Meer vor Uruguay zunehmend erwärmt und dort inzwischen auch Arten wie die Echte Karettschildkröte auftauchen, die früher nicht in der Region vorkamen. (Ende/IPS/ck/2012)


Links:

http://www.iucn.org/
http://www.karumbe.org/
https://www.facebook.com/karumbe.org
http://www.ipsnoticias.net/nota.asp?idnews=101253
http://www.ipsnews.net/2012/07/sea-turtles-trapped-by-sudden-drop-in-temperature-in-uruguay/

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IPS-Tagesdienst vom 27. Juli 2012
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veröffentlicht im Schattenblick zum 28. Juli 2012