Schattenblick →INFOPOOL →UMWELT → INTERNATIONALES

CHEMIE/020: UN-Abkommen zu Quecksilber verabschiedet (DNR EU)


Deutscher Naturschutzring (DNR)
Dachverband der deutschen Natur- und Umweltschutzverbände
EU-Koordination

EU-News - Dienstag, 22. Januar 2013 / Chemie & Nanotechnologie

UN-Abkommen zu Quecksilber verabschiedet



In Genf haben sich am Wochenende rund 140 RegierungsvertreterInnen auf eine globale Quecksilber-Konvention verständigt. EU-Umweltkommissar Janez Potocnik begüßte das Abkommen als Erfolg, Umweltverbände befürchten, dass weder das Tempo der Umsetzung verbindlicher Ziele noch die Reichweite der freiwilligen Vereinbarungen ausreicht, um das giftige Schwermetall wirksam zu bekämpfen.

Zu den Ergebnissen zählen Export- und Importverbote zahlreicher quecksilberhaltiger Produkte bis 2020 - darunter quecksilberhaltige Batterien, bestimmte Arten von Kompaktleuchtstofflampen, Thermometer und Blutdruckmessgeräte sowie Seifen und Kosmetika. Ausnahmen soll es bei medizinischen Geräten geben, bei denen es zurzeit noch keine Alternativen gibt, und auch der Einsatz von Quecksilber als Konservierungsmittel in Impfstoffen soll weiter gestattet sein. Amalgamfüllungen sollen reduziert werden, aber es gibt kein explizites Verbot für die Verwendung bei zahnärztlichen Behandlungen. Goldminen und Kohlekraftwerke bleiben Quecksilberquellen

Die beiden laut UNEP größten Quellen von Quecksilberemissionen - kleinräumiger Goldbergbau und Kohlekraftwerke - unterliegen keinen verbindlichen Vereinbarungen. Vielmehr sollen Länder, in denen Gold mit Quecksilber gewonnen wird, in den ersten drei Jahren nach Inkrafttreten des Abkommens Strategien und nationale Pläne entwickeln, wie der Gebrauch des giftigen Schwermetalls zu reduzieren ist.

Die Quecksilberemissionen aus Kohlekraftwerken, der Zink- und Goldgroßindustrie, Müllverbrennungsanlagen und Zementfabriken sollen in Zukunft weltweit kontrolliert werden. Die Regierungen vereinbarten, sich um eine Reduzierung der Emissionen aus solchen Anlagen zu bemühen. Neue Kohlekraftwerke sollen mit Filtern ausgerüstet werden. Eine Vereinbarung über Grenzwerte wurde allerdings vertagt auf die erste Sitzung der Vertragsstaaten nach Inkrafttreten des Vertrages.

Etwas drei bis fünf Jahre wird es voraussichtlich dauern, bis das neue Abkommen ratifiziert ist. Hierzu müssen mindesten 50 Nationen ihre Unterschrift unter die Konvention leisten. Bis dahin soll es Finanzhilfen für Entwicklungsländer geben, Norwegen, die Schweiz und Japan haben Unterstützung zugesagt. Auch die Globale Umweltfazilität (GEF) soll für die Zeit nach Inkrafttreten der Konvention ein Finanzierungsprogramm erarbeiten.

Gemischte Reaktionen

"Der neue Vertrag ist ein kraftvoller Antriebsfaktor für ein umfassendes schrittweises Quecksilberverbot, und wir sind stolz darauf, dass viele Konzepte und Ideen der Europäischen Union ihren Weg in den Text gefunden haben. Die EU hat fast sieben Jahre lang für ein globales Quecksilberabkommen gekämpft - und jetzt sind wir am Ziel", kommentierte Umweltkommissar Potocnik das Ergebnis der Verhandlungen.

UNEP-Chef Achim Steiner begrüßte die Einigung. Die Menschen profitierten weltweit von den Beschlüssen, vor allem ArbeitnehmerInnen und die Goldgräberfamilien, die Völker der Arktis sowie Mütter und Kleinkinder dieser und kommender Generationen.

Die im Bündnis "Zero Mercury" zusammengeschlossenen Umweltverbände sehen in dem globalen Abkommen zwar eine "große Leistung", allerdings nur einen ersten Schritt. Denn der Vertrag führe nicht unmittelbar zu einer Reduktion des gefährlichen Schwermetalls. Damit beispielsweise alle Fischarten wieder essbar seien, müssten die Vereinbarungen verschärft werden. Durch die fehlenden verbindlichen Kontrollen für alte Kraftwerke werde das Vertragswerk außerdem erheblich geschwächt. Genauso kritisch sehen die Umweltverbände das fehlende Verbot von Quecksilber im Goldbergbau; nur mit einer vorgeschlagenen Reduzierung werde sich an den Praktiken auf absehbare Zeit nichts ändern.

Im Oktober soll das Abkommen offiziell unterzeichnet werden. Die Staatengemeinschaft will sich dafür im japanischen Minamata treffen; ein Ort, der durch chronische Quecksilbervergiftungen der Bevölkerung in den 1950er Jahren traurige Berühmtheit erlangt hat. Jahrzehntelang hatte eine Chemiefabrik quecksilberhaltige Abwässer ins Meer geleitet und die Hauptnahrungsquelle der AnwohnerInnen - Fische und Meeresfrüchte - damit verseucht. Fast 2000 Menschen starben, Tausende litten unter unheilbaren Nervenschädigungen. [jg]

UNEP-Berichterstattung und Dokumentation des Verhandlungsprozesses
http://www.unep.org/newscentre/Default.aspx?DocumentID=2702&ArticleID=9373&l=en

Pressemitteilung EU-Kommission
http://europa.eu/rapid/press-release_IP-13-28_en.htm

Reaktion Zero Mercury
http://www.zeromercury.org/index.php?option=com_content&view=article&id=263:mercury-treaty-rises-but-weak-emissions-regime-undercuts-progress-&catid=68:press-releases-2012&Itemid=82

*

Quelle:
EU-News, 22.01.2013
Deutscher Naturschutzring e.V. (DNR)
EU-Koordination
Marienstraße 19-20, 10117 Berlin
E-Mail: eu-info@dnr.de
Internet: www.eu-koordination.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 27. Januar 2013