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DESERTIFIKATION/010: Indien - Dürren setzen Landwirtschaft zu, Bauern diversifizieren Anbau (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland GmbH
IPS-Tagesdienst vom 14. März 2013

Indien: Dürren setzen Landwirtschaft zu - Bauern diversifizieren Anbau

von Manipadma Jena


Bild: © Manipadma Jena/IPS

Indigene Dongria Kondh im Osten verstehen viel von dürreresistenter Landwirtschaft
Bild: © Manipadma Jena/IPS

Hyderabad, Indien, 14. März (IPS) - In Indien, einem Land mit 1,2 Milliarden Einwohnern, nehmen Dürren enorme Ausmaße an. Nach Angaben der Indischen Organisation für Weltraumforschung erlebte der Subkontinent im Zeitraum 1801 bis 2002 42 große Dürren. 1979 sank die Getreideproduktion um 20 Prozent. 1987 wurden rund 58,6 Millionen Hektar kultiviertes Land geschädigt. 285 Millionen Menschen waren betroffen.

In den letzten zehn Jahren wurde Indien von drei größeren Dürreperioden heimgesucht. Einem diesjährigen Bericht der Weltbank zufolge ließ der Wassermangel im Jahr 2012 das Bruttoinlandsprodukt des asiatischen Giganten um ein halbes Prozent sinken. 70 Prozent aller Inder leben in ländlichen Regionen, 58 Prozent betreiben ausschließlich Landwirtschaft. 355 Millionen müssen mit weniger als umgerechnet 1,25 US-Dollar am Tag auskommen. Sie sind auf ausreichend Regen angewiesen, um ihre Felder zu bestellen.

Die Subsistenzbauern im ostindischen Bundesstaat Odisha machen etwa ein Viertel der gesamten Bevölkerung aus. Odisha hat sich den Ruf einer 'Hungerzone' erworben. Nachdem die Farmer schlimme Erfahrungen mit angeblich besonders ertragreichen Reissorten und chemischen Düngemitteln in Trockengebieten gemacht haben, kehren sie zunehmend zu traditionellen Anbaumethoden zurück,

Diversifizierter Anbau, organischer Dünger und traditionelles Saatgut aus den Getreidebanken von Frauenkollektiven helfen den Bauern über die vier magersten Monate des Jahres hinweg und stärken ihre Fähigkeit zur Selbstversorgung. Viele Farmer begnügen sich aber nicht mehr allein mit dem überlieferten Wissen, sondern versuchen sich den Klimaveränderungen anzupassen.

Harish Siraka von den indigenen Dongria Kondh im Bezirk Rayagada hat in den vergangenen zwei Jahren auf seiner Parzelle 14 verschiedene Getreidearten angebaut. "Ich ernte inzwischen 300 Kilo Getreide. Das sind 200 Prozent mehr als früher, als ich nur eine einzige ertragsreiche Sorte ausbrachte", sagt er.


Anpassung an den Klimawandel

Im Bezirk Koraput, ebenfalls in Odisha gelegen, passen sich die Bauern ihrer Umwelt an. In den Bergen säen sie besonders widerstandsfähiges Getreide aus, in geringerer Höhe und im Flachland dagegen wasserintensivere Pflanzen.

Die 46-jährige Chandra Pradhani, die aus dem kleinen Dorf Nuaguda stammt, hält sich an drei Prinzipien: der Anbau muss organisch sein, die Ernten müssen Saatgut für die nächste Saison hergeben und Nachhaltigkeit muss gewährleistet sein. Sie beherzigt diese Grundsätze nicht nur bei der Nahrungsproduktion, sondern auch bei der Energieerzeugung, der Bodenbehandlung, der Schädlingsbekämpfung und dem Lagern von Saaten.

"25 Prozent des urbaren Landes in Indien, vor allem in Trockengebieten, wird mit traditionellen Methoden bestellt", erklärt der renommierte Agrarexperte M. S. Swaminathan. "Dürren in Trockengebieten wirken sich anders aus als in wasserreichen Gebieten", sagt Debjeet Sarangi von der Bauernorganisation 'Living Farms'. In Regionen, in denen klimabedingt regelmäßig zu wenig Regen fällt, sollten im Landwirtschaftsbudget immer Mittel zur Katastrophenprävention vorhanden sein, fordert er. Unter anderem müsse das Anpflanzen von weniger wasserintensiven Saaten wie Hirse gefördert werden.

Der Dürrebekämpfung räumt die indische Regierung mittlerweile Priorität ein, insbesondere in einer Zeit, in der der Klimawandel für unregelmäßige Niederschläge sorgt. Noch bis zum 15. März beraten in Genf Teilnehmer eines hochrangigen Treffens der Vereinten Nationen über Vorgehensweisen gegen Dürren (HMNDP). Es müssten umfassende Anstrengungen zur Verbesserung von Frühwarnsystemen unternommen und Strategien umgesetzt werden, die die Nahrungssicherheit verbessern, sagte Laxman Singh Rathore vom Ministerium für Erdwissenschaften.

Als Mitglied des internationalen Organisationskomitees für HMNDP steht Indien unter Druck, eine Reihe von Problemen anzugehen, die Dürren verstärken. Obwohl 2012 ein semi-arides Jahr gewesen sei, habe Indien Anfang dieses Jahres Nahrungsmittelvorräte von 66 Millionen Tonnen vorweisen können, schrieb der Experte Devinder Sharma in der 'Times of India'. In diesem Fiskaljahr könnten die Exporte 9,5 Millionen Tonnen erreichen. Die Reis-Ausfuhren hätten 2011/2012 bereits die Marke von neun Tonnen überschritten.


Keine drohende Hungersnot

In den vergangenen zwölf Jahren betrug das Wachstum bei der Nahrungsmittelproduktion im Durchschnitt drei Prozent, mehr als der Bevölkerungszuwachs von etwa 1,5 Prozent jährlich in den vergangenen zehn Jahren. Obwohl Indien ein schwächeres Agrarwachstum verzeichnet als einige andere asiatische Staaten, muss der Subkontinent nicht länger mit dürrebedingten Hungersnöten fertig werden, wie dies vor 20 Jahren der Fall war.

"Alle Anzeichen sprechen dafür, dass die indische Wirtschaft inzwischen zwar 'dürreresistent' ist, aber dennoch nicht sicher vor Dürren", meinte Jatin Singh vom privaten Wetterdienst 'SkyMet Weather Services'. Wie aus dem Krisenplan des indischen Agrarministeriums hervorgeht, ist "Dürre keine Katastrophe, wohl aber ein Managementproblem".

Obwohl die Landwirtschaft im Fiskaljahr 2011/2012 einer offiziellen Untersuchung nur 14 Prozent des indischen Bruttoinlandsprodukts ausmachte, darf ihre Bedeutung bei der Aufrechterhaltung der Ernährungssicherheit in Dürreperioden nicht unterschätzt werden. Kleinbauern, die nur ein oder zwei Hektar Land besitzen, stellen 80 Prozent aller Arbeitskräfte in ländlichen Raum und sind die am höchsten verschuldete Bevölkerungsgruppe. (Ende/IPS/ck/2012)


Links:

http://www.isro.org/
http://www.hmndp.org/
http://articles.timesofindia.indiatimes.com/2013-02-28/edit-page/37331351_1_food-wastage-gm-crops-food-production
http://agricoop.nic.in/DroughtMgmt/cmp2012.pdf
http://www.ipsnews.net/2013/03/india-strives-to-become-drought-proof/

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Quelle:
IPS-Tagesdienst vom 14. März 2013
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veröffentlicht im Schattenblick zum 15. März 2013