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GLOBAL/098: UNEP 2.0 - Das UN-Umweltprogramm nach Rio+20 (FUE Rundbrief)


Forum Umwelt & Entwicklung - Rundbrief 1/2013
Markt oder Staat - Wer gibt den Ton an?

UNEP 2.0
Das UN-Umweltprogramm nach Rio+20

von Jürgen Maier



Ende Februar fand in Nairobi die erste Sitzung des UN-Umweltprogramms UNEP nach dem Rio-Gipfel 2012 statt. Wir erinnern uns: eines der wenigen konkreten Ergebnisse des Gipfels war die Aufwertung von UNEP. Zu einer vollwertigen UN-Sonderorganisation hat es in Rio zwar noch nicht gereicht, aber immerhin zu diversen Schritten in die richtige Richtung.


Einer davon war es, die Mitgliederzahl von 53 auf Zeit gewählten Staaten auf universelle Mitgliedschaft auszuweiten. Alle 193 UN-Mitgliedsstaaten sind jetzt automatisch auch Mitgliedsstaaten von UNEP. In Nairobi tagte der Verwaltungsrat erstmals in dieser Universalbesetzung - und änderte auch gleich seinen Namen. UN Environment Assembly heißt er jetzt, die Umweltversammlung der Vereinten Nationen.


Mehr Geld, mehr Verantwortung - mehr Taten?

Zugegeben, bisher waren auch schon immer mehr als die 53 formalen Mitglieder bei den Verwaltungsratssitzungen anwesend. Aber selbst wenn es nur psychologischer Natur sein mag, wenn man gleichwertiges Mitglied ist, nimmt man eben doch anders an einer Sitzung teil und übernimmt auch Verantwortung für die Umsetzung von Beschlüssen.

Auch der Beschluss von Rio, dass UNEP nun einen substantiell erhöhten Anteil am regulären Budget der Vereinten Nationen bekommen soll, wurde in die Tat umgesetzt. UNEP kann jetzt mit dem Generalsekretär darüber verhandeln. Bisher bekommt es gerade mal 0.6 Prozent des regulären UN-Haushalts, und wie viel es künftig werden wird, bleibt abzuwarten. Man hofft zwar, dass die freiwilligen Beiträge der Staaten zum »UNEP Environment Fund«, mit dem bisher der weitaus größte Teil der UNEP-Aktivitäten bestritten wurde, deswegen nicht zusammenschrumpfen, allerdings dürften dennoch viele Staaten ihre bisher freiwilligen Beiträge lediglich in die neuen Pflichtbeiträge umwandeln und weniger zusätzliche freiwillige Beiträge geben. Aber auch das würde die Planbarkeit erhöhen und die Möglichkeiten zur Einflussnahme finanzkräftiger Mitgliedsstaaten senken.

UNEP-Chef Achim Steiner war wie immer optimistisch: »Ministers responsible for the environment implemented the strengthening and upgrading of UNEP to an institution better equipped and resourced to serve the planet and its people to meet the ever growing challenges posed by ecosystem degradation to the growth of greenhouse gas levels in the atmosphere while catalyzing transformational change to seize the equally fast growing opportunities for a sustainable development path change.«(1)

Ein weiterer Beschluss war, kommenden Oktober in Japan eine zwischenstaatliche Konferenz einzuberufen, mit der die im Januar nach langen Verhandlungen unter der Regie von UNEP in Genf beschlossene Quecksilber-Konvention formell in Kraft gesetzt werden soll.

Ein potenziell wichtiger Tagesordnungspunkt war auch die Wechselwirkung zwischen Wissenschaft und Politik. So etwas ist immer heikel - die Politik könnte ja potenziell unter Druck gesetzt werden, wenn die Wissenschaft feststellt, dass Handlungsbedarf besteht. Der Vorschlag der EU, regelmäßige Konferenzen zur »Lage des Planeten« abzuhalten, war deshalb von vornherein nicht sehr aussichtsreich. Immerhin war es UNEP gelungen, mit der Einrichtung des Weltbiodiversitätsrats IPBES eine weitere Einrichtung zu platzieren, mit der die Wissenschaft ihre Erkenntnisse besser in die Biodiversitäts-Verhandlungen einspeisen kann. Allerdings kann diese erhöhte Wechselwirkung durchaus auch zum Nachteil der Wissenschaft werden - die ausgesprochen guten Global Environment Outlook-Berichte von UNEP würden sicherlich leiden, wenn die Politik auf diese Berichte mehr Einfluss nehmen würde.

Nicht fehlen durfte auf der Agenda natürlich die »Green Economy«, eine auf UNEP zurückgehende Initiative die beim Rio+20-Gipfel allerdings auf eher begrenzten Zuspruch stieß. In Nairobi wurde die Partnership for Action on a Green Economy (PAGE) präsentiert, mit der Länder unterstützt werden sollen, die ihre Wirtschaft grüner machen wollen. PAGE soll zunächst bis zu 30 Länder unterstützen und ist ein Gemeinschaftsprojekt von UNEP, der Internationalen Arbeitsorganisation ILO, der UN-Organisation für Industrielle Entwicklung (UNIDO) sowie dem UN-Institut für Training und Forschung (UNITAR).


SDGs in den Startlöchern

Ein interessantes Thema war die breitere Nachhaltigkeits-Agenda. Da sind einmal die Sustainable Development Goals (SDGs), die die Vereinten Nationen zusammen mit den aktualisierten Millenniums-Entwicklungszielen 2015 beschließen wollen. UNEP ist hier gefordert, seinen Beitrag zu leisten - die Sitzung beschloss, dass UNEP ein SDG zu nachhaltigen Konsum- und Produktionsmustern befürwortet. Für Unsicherheit sorgte das Verhältnis des aufgewerteten UNEP zum potenziell ebenfalls aufgewerteten, aber noch nicht bestehenden Nachfolgegremium der CSD (Commission on Sustainable Development), das neue High Level Panel.

Ein weiteres Thema war auch die Aufforderung von Rio, »neue Mechanismen zu prüfen«, mit denen die Transparenz und wirksame Beteiligung der Zivilgesellschaft im neuen UNEP verbessert werden soll. Sehr weit kam die Initiative aber nicht - insbesondere Regierungen aus Entwicklungsländern legen sehr großen Wert darauf, dass der Charakter von UNEP als zwischenstaatliche Einrichtung nicht verwässert wird. Immerhin wurde beschlossen, bis nächstes Jahr ein Verfahren zu entwickeln für die Akkreditierung von NGOs und für ihre Beteiligung an der Arbeit von UNEP.


Autor Jürgen Maier ist Geschäftsführer des Forums Umwelt und Entwicklung.


(1) http://www.unep.org/newscentre/default.aspx?DocumentID=2704&ArticleID=9417&l=en.

Weitere Informationen: http://www.unep.org/gc/gc27/


Das Forum Umwelt & Entwicklung wurde 1992 nach der UN-Konferenz für Umwelt und Entwicklung gegründet und koordiniert die Aktivitäten der deutschen NRO in internationalen Politikprozessen zu nachhaltiger Entwicklung. Rechtsträger ist der Deutsche Naturschutzring, Dachverband der deutschen Natur- und Umweltschutzverbände (DNR) e.V.

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Quelle:
Forum Umwelt & Entwicklung - Rundbrief 1/2013, S. 23
Herausgeber: Projektstelle Umwelt & Entwicklung
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veröffentlicht im Schattenblick zum 3. Juli 2013