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GLOBAL/123: UN - Umweltgangstern das Handwerk legen, Interpol startet 'Infra-Terra' (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland GmbH
IPS-Tagesdienst vom 2. Dezember 2014

UN: Umweltgangstern das Handwerk legen - Interpol startet 'Infra-Terra'

von Thalif Deen


Bild: © Jorge Luis Baños/IPS

Mahagoni-Stämme, die die kubanischen Behörden im Feuchtgebiet Ciénaga de Zapata konfisziert haben
Bild: © Jorge Luis Baños/IPS

New York, 2. Dezember (IPS) - Eine von Interpol angeführte und von den Vereinten Nationen unterstützte Koalition aus internationalen Organisationen dringt auf die Anerkennung einer neuen Kategorie von Straftätern: den Umweltverbrechern. Dieser Personenkreis, der mit Wilderei, dem illegalen Handel mit bedrohten Arten, dem Raubbau an den Wäldern oder anderer Verbrechen an der Natur in Verbindung gebracht wird, soll aufgespürt und mit schweren Strafen belegt werden.

Die globale Aktion ist der erste Vorstoß dieser Art, der die Straffreiheit im Umkreis eines Deliktes beenden soll, dass nicht nur eine Gefahr für die natürlichen Ressourcen, sondern auch für die Sicherheit, politische Stabilität, Wirtschaft und das kulturelle Erbe vieler Länder ist.

Ende November hatte Interpol, die weltgrößte internationale Polizeiorganisation, Steckbriefe von neun flüchtigen Wilderern verbreitet. Bei einer der Personen handelt es sich um Feisal Mohamed Ali, den mutmaßlichen Kopf eines Elfenbein-Schmugglerrings, wie die 'UN Daily News' berichtete. Die Wilderei vor allem in Zentralafrika im letzten Jahrzehnt hat den Verlust von mindestens 60 Prozent der Elefantenpopulation verursacht, heißt es in den UN-Nachrichten.


Als schweres Verbrechen einstufen

Die internationale Koalition hofft nun auf Hinweise aus der Bevölkerung, um die neun Verdächtigen dingfest zu machen. Mit diesem ersten Vorstoß ist nach Ansicht von Rob Parry-Jon von der Naturschutzorganisation WWF die klare Botschaft verbunden, dass die Umweltkriminalität alles andere als ein Kavaliersdelikt sei. "Es geht nicht darum, dass ein Tier illegal erschossen oder ein Baum heimlich gefällt wird. Vielmehr geht es bei der Umweltkriminalität um eine hochorganisierte Verbrechensform mit schlimmen Auswirkungen."

Wie Parry-Jon weiter erklärte, bemühen sich der WWF, das Wildlife-Schutzbündnis TRAFFIC und auch die Strafverfolgungsbehörden seit langem um eine strafrechtliche Verfolgung schwerer Umweltstraftaten. Mit ihrer neuen Initiative 'Infra-Terra' (International Fugitive Round Up and Arrest) zur Fahndung nach Umweltverbrechern leiste Interpol dazu einen entscheidenden Beitrag. Unterstützung kommt vom Internationalen Konsortium für die Bekämpfung von Artenschutzvergehen (ICCWC), dem Sekretariat des Washingtoner Artenschutzabkommens (CITES), dem UN-Büro für Drogen- und Verbrechensbekämpfung (UNODC), der Weltbank und der Weltzollorganisation.

Ben Janse van Rensburg, Leiter der CITES-Stelle zur Durchsetzung des Artenschutzabkommens, bezeichnete die Fahndung nach den neun Umweltgangstern als einen Riesenschritt nach vorn. Wie er betonte, werden Wildlife-Verbrechen zunehmend als schwere Vergehen betrachtet. "Wir werden nichts unversucht lassen, um die Gangster zu finden, zu verhaften und sie der Justiz vorzuführen."

Die Interpol-Initiative stößt bei der internationalen Umweltbewegung auf breite Unterstützung. So erklärte Nathalie Frey von 'Greenpeace': "Zwar befasst sich Interpol bereits seit einigen Jahren intensiver mit Umweltvergehen. Doch beobachten wir zum ersten Mal, dass sich die Fahnder um Informationen und Hinweise aus der Bevölkerung bemühen." Dass Umweltkriminelle beim Namen genannt werden und ein Gesicht erhalten, signalisiere die Entschlossenheit der Gesetzesvollzieher, Verbrechen wie den illegalen Holzeinschlag und den unerlaubten Fischfang ebenso ernst zu nehmen wie Mord und Diebstahl.

Um die Umweltvergehen jenseits aller Grenzen effektiv bekämpfen zu können, bedarf es eines länderübergreifenden Rechtsrahmens, der schlimme Formen der Umweltkriminalität als Schwerverbrechen anerkennt und mit Gefängnisstrafen von mehr als vier Jahren ahndet. Auf diese Weise würden die Verbrechen in die Reichweite der UN-Übereinkommen gegen die grenzüberschreitende organisierte Kriminalität (UNTOC) rücken, wodurch wiederum eine internationale Zusammenarbeit und gegenseitige rechtliche Unterstützung möglich wäre, um Umweltverbrechern das Handwerk zu legen.

Die Art der Verbrechen steht auch mit anderen Formen der organisierten Kriminalität wie Menschenhandel und Waffenschmuggel in einem Zusammenhang. Der WWF und TRAFFIC argumentieren, dass Umweltverbrechen sowohl sektorenübergreifende als auch sehr schwere Straftaten sind.

Nathalie Frey zufolge ist die Umweltkriminalität ein einträgliches Geschäft. Die jährlichen Einnahmen aus Vergehen wie der Wilderei, dem illegalem Holzeinschlag, Artenschmuggel, der illegalen Fischerei, dem illegalem Bergbau oder der ungeregelten Giftmüllentsorgung werden auf 70 bis 213 Milliarden US-Dollar geschätzt. Ermöglicht würden die verbrecherischen Handlungen durch die Zusammenarbeit krimineller Netzwerke mit korrupten Regierungsvertretern.


Verlust von Tropenwäldern und Arten

Die Folgen sind verheerend, wie sich am Beispiel des illegalen Holzeinschlags zeigen lässt. Gerade in vielen holzproduzierenden Ländern ist er einer der Hauptverantwortlichen für die Vernichtung riesiger Waldflächen, die auch für das Überleben bedrohter Arten besonders wichtig sind. "Trotz aller Versuche, den Handel mit Edelhölzern zu regulieren, werden die Verbrauchermärkte nach wie vor mit illegalen Tropenhölzern überschwemmt", warnt Frey. Das spiegelt sich auch in den von Interpol veröffentlichten Zahlen wider. Danach hat der illegale Holzeinschlag an den Waldwirtschaftsaktivitäten der wichtigsten Tropenholzproduzentenländer einen Anteil von 50 bis 90 Prozent.

Nach Ansicht von Frey muss CITES mehr tun als bisher, um seine Mitgliedstaaten zur rigorosen Umsetzung von Umweltschutzgesetzen und -kontrollen zu bewegen. Den illegalen Handel mit Arten zu dulden, wie im Fall des kongolesischen Afromosia-Baumes geschehen, bedeute ein Versagen, die Art vor dem Aussterben zu schützen. Der Mangel an Kontrollen und die systemischen Schwächen seien der Umweltkriminalität förderlich.

Afromosia ist ein wertvolles tropisches Hartholz, für das zwar besondere Handelsbestimmungen gelten, die aber nicht eingehalten und kontrolliert werden. Industrielle Holzfäller haben in der Demokratischen Republik Kongo in der Regel freie Bahn, die Bäume zu fällen. Angenommen wird, das fast 90 Prozent der Hölzer illegal geschlagen werden. Frey zufolge ist es Aufgabe von CITES, die Legalität zu verifizieren. Doch noch sind hunderte CITES-Genehmigungen nicht geklärt. Ebenso fehlt es in dem Land an Mitteln und Wegen, um die Herkunft der Hölzer aufzuspüren.

Wie die UN Daily News berichtet, ist Wildlife-Kriminalität eine ernste Gefahr für die Sicherheit, politische Stabilität, Wirtschaft, natürlichen Ressourcen und das kulturelle Erbe vieler Länder. Um dieser Bedrohung wirksam zu begegnen, reiche es nicht, allein die Umwelt- oder Artenschutzbehörden zu bemühen.

Im vergangenen Juni hatten das Weltumweltprogramm (UNEP) und Interpol in einem gemeinsamen Bericht darauf hingewiesen, dass die Umweltkriminalität als eine zunehmend globale Herausforderung wahrgenommen wird, die es zu bekämpfen gelte. Dem Report zufolge bringt allein der illegale Handel mit Holzkohle einer ostafrikanischen Terrororganisation Jahreseinnahmen zwischen 38 und 56 Millionen Dollar ein.

In der Demokratischen Republik Kongo und der Zentralafrikanischen Republik finanziert der illegale Handel mit Elfenbein verschiedene Milizen. Und auch im Sudan, im Tschad und im Niger profitieren Gangs von dem Geschäft mit Elefantenstoßzähnen. Ende November hat Uganda den Verlust von rund 1.400 Kilogramm Elfenbein aus den Räumen seiner Artenschutzbehörde bekannt gegeben. (Ende/IPS/kb/2014)


Link:

http://www.ipsnews.net/2014/11/led-by-interpol-u-n-tracks-environmental-criminals/

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IPS-Tagesdienst vom 2. Dezember 2014
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veröffentlicht im Schattenblick zum 4. Dezember 2014