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KATASTROPHEN/140: Das übersehene Problem - Dürren in der Karibik (DGVN)


DGVN Webseite - Den Klimawandel bekämpfen

Katastrophen - 21.07.2016

Das übersehene Problem: Dürren in der Karibik

von Frank Kürschner-Pelkmann


"Dürren sind Ereignisse, die ganz langsam beginnen und deren Auswirkungen sich erst in Monaten oder sogar Jahren akkumulieren. Sie treten unregelmäßig auf, und deshalb sind sie viele Jahre lang in der Karibik unbeachtet geblieben." Das erfährt man aus einem kürzlich veröffentlichten Bericht der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen FAO [1].

Der Bericht "Drought Characteristics and Management in the Caribbean" ("Merkmale und Umgang mit Dürren in der Karibik") soll dafür sensibilisieren, dass nicht nur die viel beachteten Flutkatastrophen die Ernährung und das Überleben der Menschen in der Karibik bedrohen, sondern zunehmend auch lang anhaltende Dürren.


Der Klimawandel verursacht immer mehr Dürren

Die zunehmende Zahl von Dürren in der Karibik kann auf den globalen Klimawandel zurückgeführt werden. Im FAO-Bericht wird festgestellt: "Es wird erwartet, dass der Klimawandel zu einer Erhöhung der Durchschnittstemperaturen mit einer größeren Zahl heißer Tage und Nächte sowie deutlich höheren nächtlichen Temperaturen führen wird. Die jährlichen Niederschlagsmengen werden voraussichtlich bis zum Ende des Jahrhunderts abnehmen und dies besonders in den Regenzeiten. Die kombinierte Wirkung von höheren Temperaturen, damit verbundener größerer Verdunstung und geringeren Niederschlägen wird wahrscheinlich dazu führen, dass die Karibik intensivere und häufigere Dürren erleben wird."

Die Wetterbeobachtung in der karibischen Region hat ergeben, dass die Regenzeiten unzuverlässiger beginnen und häufig früher enden als früher. Das trifft vor allem die große Zahl von Kleinbauern hart, die vom Regenfeldbau abhängig sind, also über keine Bewässerungssysteme verfügen.


Mehr Wasserstress und Nutzungskonflikte

Als Konsequenz aus mehr Dürren und unberechenbar gewordenen Regenzeiten erlebt die Bewässerungslandwirtschaft in der Region eine rasche Expansion. Das hat allerdings den negativen Effekt, dass der Wasserstress in vielen Staaten weiter zunimmt.

Auch Viehzuchtbetriebe sind stark von Dürrekatastrophen und Wassermangel betroffen. Ebenso werden Wirtschaftszweige wie die Forstwirtschaft und der Tourismus durch zeitweiligen oder chronischen Wassermangel beeinträchtigt. Es wird erwartet, dass sich die Nutzungskonkurrenz um das knapper werdende kostbare Gut in den nächsten Jahrzehnten verschärfen wird.

Außerdem zeigt sich in der karibischen Landwirtschaft, dass Dürren ohnehin bestehende Probleme verstärken. Dazu gehören zum Beispiel veraltete Anbaumethoden, zunehmende Bodenerosion und ein Mangel an Technologie und Inputs. Die Folge ist, dass in vielen Inselstaaten zwar mehr als 15% der Bevölkerung in der Landwirtschaft tätig sind, ihr Anteil am Sozialprodukt aber gering ist. Vor allem die Kleinbauernfamilien zählen zu den ärmsten Bevölkerungsschichten.


Die Folgen steigender Lebensmittelpreise

Als Folge von Missernten steigen die Lebensmittelpreise. Zu diesem Problem heißt es im FAO-Bericht: "Die Armen sind verletzlich gegenüber den Preissteigerungen, die mit den Dürren einhergehen, und müssen einen hohen Prozentsatz ihrer Einkommen für Lebensmittel aufwenden."

Dieser Prozess wird dadurch verschärft, dass verschiedene Karibikstaaten in Meerwasserentsalzungsanlagen investieren. Der Inselstaat Antigua und Barbuda deckt bereits 70% seines Wasserbedarfs auf diese Weise. Das so gewonnene Wasser ist aber sehr viel teurer als Grund- oder Oberflächenwasser, was sich direkt auf die Lebensmittelpreise auswirkt. Es wird von den FAO-Fachleuten befürchtet, dass dies vor allem die Ernährungssituation von Kindern armer Familien weiter verschlechtern wird.


Schwache staatliche Strukturen verschärfen die Probleme

Mit deutlichen Worten wird im Bericht ein Defizit an wirkungsvollen staatlichen Konzepten und Maßnahmen als Reaktion auf vermehrte Dürren diagnostiziert. So wird beklagt, dass wirkungsvolle staatliche Strukturen, Expertise und Finanzen für den Umgang mit Dürren fehlen. Auch mangele es an nationaler Koordination, politischen Entscheidungen und Planungen. Viele Programme zur Erhöhung der Widerstandsfähigkeit gegenüber Dürrekatastrophen seien bisher nicht über eine Entwurfsphase hinausgekommen, andere nur mangelhaft umgesetzt worden.


Gefragt sind politische Entschlossenheit und Partizipationsmöglichkeiten

Deep Ford, der FAO-Regionalkoordinator für die Karibik, stellte bei der Präsentation des Berichtes zu den dürrebedingten Problemen fest: "Sie können überwunden werden durch eine große politische Entschlossenheit, die zu einer Partizipation aller gesellschaftlichen Akteure bei politischen Entscheidungen und Planungsprozessen ermutigt und eine nachhaltige Entwicklung der Wasserressourcen angesichts der bevorstehenden Herausforderungen ermöglicht."

In verschiedenen Ländern ist die Notwendigkeit erkannt worden, ein integriertes Management der Wasserressourcen umzusetzen. Die Länder können dabei auf die Unterstützung internationaler Organisationen wie der FAO zählen. Angesichts verheerender Flut- und Sturmkatastrophen besteht nach FAO-Einschätzung aber weiterhin die Tendenz, die Risiken durch Dürrekatastrophen zu unterschätzen und zu wenig dagegen zu unternehmen.

Es bleibt zu hoffen, dass der FAO-Bericht als Weckruf wahrgenommen und zur Grundlage politischer und administrativer Veränderungen gemacht wird. Regierungen und staatlichen Institutionen müssen die Fähigkeit erlangen, Maßnahmen des Umweltschutzes, der Vorbereitung auf drohende Dürrekatastrophen, der wirkungsvollen Reaktion auf solche Ereignisse und des Wiederaufbaus zu planen und umzusetzen. Unverzichtbar ist dabei eine starke Beteiligung der Zivilgesellschaft und vor allem der direkt Betroffenen.

Der vollständige Bericht kann als pdf-Datei [2] heruntergeladen werden.


Bildunterschriften der im Schattenblick nicht veröffentlichten Abbildungen der Originalpublikation:
  • Wie in Kuba gehört die Landwirtschaft weiterhin zu den wichtigen Wirtschaftszweigen in der Karibik. Aber immer mehr Dürren bedrohen die Ernteerträge. Foto: FAO
  • In vielen karibischen Staaten gehört Mais zu den wichtigsten Anbauprodukten. Gibt es ausreichend Niederschläge, gedeiht Mais in dieser Weltregion gut, aber Dürren können zum völligen Ernteausfall führen. Foto: FAO/Guiseppe Bizzarri


[1] http://klimawandel-bekaempfen.dgvn.de/auswirkungen-anpassung/fao-ernaehrungs-und-landwirtschaftsorganisation-der-vereinten-nationen/

[2] http://www.fao.org/3/a-i5695e.pdf

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Quelle:
DGVN Webseite - Den Klimawandel bekämpfen
Katastrophen - 21.07.2016
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veröffentlicht im Schattenblick zum 22. Juli 2016

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