Schattenblick →INFOPOOL →UMWELT → INTERNATIONALES

LATEINAMERIKA/017: Peru - Riesiger Staudamm bedroht Amazonas-Wälder und 70 Dörfer (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland gGmbH
IPS-Tagesdienst vom 7. September 2010

Peru: Riesiger Staudamm bedroht Amazonas-Wälder und 70 Dörfer

Von Milagros Salazar

Von Inambari-Staudamm bedrohte Wälder in Cusco - Bild: Milagros Salazar/IPS

Von Inambari-Staudamm bedrohte Wälder in Cusco
Bild: Milagros Salazar/IPS
Puno, Peru, 7. September (IPS) - Im Amazonas-Regenwald am Rande der peruanischen Anden will die Firma Egasur ein Wasserkraftwerk bauen. 70 Dörfer im Südosten des südamerikanischen Landes müssten weichen, weil das Gebiet im Umfeld der Inambari-Brücke geflutet würde. Die Bewohner der Region wehren sich gegen das Projekt.

Der geplante Staudamm in Inambari ist mit einer Kapazität von 2.200 Megawatt und einer Investition von fünf Milliarden US-Dollar das größte Staudammprojekts Lateinamerikas. 37.800 Hektar Land sollen dafür in Anspruch genommen werden. Insgesamt will die Regierung in Kooperation mit dem Nachbarland Brasilien fünf neue Staudämme im Land bauen. Zusammen sollen sie eine Kapazität von 6.000 Megawatt aufbringen.

Umweltorganisationen sind der Ansicht, dass diese Projekte in erster Linie Brasilien nutzen - das Land ist verpflichtet, dem großen Nachbarn über eine Laufzeit von 30 Jahren einen bisher nicht spezifizierten Anteil der produzierten Energie zu überlassen. Und so traf sich am 24. August der peruanische Präsident Alan García mit brasilianischen Geschäftsleuten und stellte ihnen ein neues Energie- und Bewässerungskonzept vor. Das dafür notwendige Wasser soll aus dem Fluss Marañón entnommen werden.

An der Brücke Inambari treffen drei Regionen zusammen: Puno, Cusco und Madre de Dios. Sie liegen zwischen dem Amazonas-Regenwald und den peruanischen Anden. Das Gebiet erstreckt sich zum Teil über den Nationalpark Bajuaja-Sonene.


10.000 Menschen betroffen

32 Dörfer in Puno, 28 in Cusco und zehn in Madre de Dios müssten für das Staudammprojekt des Unternehmens Egasur evakuiert werden. Einer Untersuchung der Gesellschaft für den Bau der Fernverkehrsstaße Transoceánica zufolge sind insgesamt 10.000 Menschen betroffen. Laut Egasur ist die Zahl zwar weitaus geringer, genaue Angaben macht das Unternehmen allerdings nicht.

"Wir machen uns Sorgen um unser Land", sagt Lucy Chuquimamani aus Puerto Manoa. Die Bewohner der Ortschaft sind unter den ersten, die umgesiedelt werden sollen. Überall steht die Forderung "Nein zum Projekt Inambari" an den Häuserwänden. "Glaubt man dem Unternehmen, dann werden alle von dem Staudamm profitieren", sagt Chuquimamani. "Aber nicht nur sollen wir vertrieben werden, auch der Wald wird zerstört."

"In unserer Wäldern leben Flachlandtapire, Rotwild, Tiger, und gefährdete Nagetiere wie die Pakas", erzählt Alejandro Ríos, Gemeindevorsteher von Mazuco, der Hauptstadt von Madre de Dios. Die Vegetation biete außerdem vielen Vogelarten Lebensraum, was viele Touristen in die Gegend ziehe. Wenn das Staudammprojekt verwirklicht werde, würden diese Tiere sterben, fürchtet Ríos. "Die Firma Egasur muss uns sagen, wie sie das verhindern will."


Umweltverträglichkeitsprüfung zu oberflächlich

Für das Projekt wurde eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchgeführt. Die Bewohner der Region um die Brücke Inambari halten diese aber für zu oberflächlich. So kritisiert auch Alejandro Ríos: "In der Umweltverträglichkeitsprüfung von Egasur ist die Artenvielfalt gar kein Thema." Er fordert von dem Unternehmen, eine vollständige Bestandsaufnahme der Pflanzen und Tiere in der Gegend zu machen.

Sowohl für die Fische als auch für den Wald ist es notwendig, dass das Wasser auch über die Ufer tritt - beispielsweise, wenn es viel regnet. Die Sedimente, die der Fluss mit sich trägt, düngen auf natürliche Weise den Waldboden. Umgekehrt finden die Fische Nahrung auf dem Weg durch den Wald. Aber auch Niedrigwasser ist wichtig. Schildkröten legen ihre Eier am Flussufer ab. Wenn das Flussbett künstlich vergrößert wird und einen dauerhaft hohen Wasserstand hat, können sich die Schildkröten nicht fortpflanzen.

Nicht zuletzt trägt der Staudamm auch zum Klimawandel bei. Dort, wo das Wasser aufgestaut wird und er Fluss über die Ufer tritt, werden organische Stoffe aufgeschwemmt. Dadurch wird Methan freigesetzt - ein Treibhausgas, das etwa 25-mal so klimaschädlich ist wie Kohlendioxid.

Die meisten Dorfgemeinschaften haben eine schwache Verhandlungsposition: Ihnen gehört das Land nicht, auf dem sie leben und wirtschaften. Allerdings nutzen sie es schon seit mehreren Generationen. Die Bewohner von San Lorenzo gehören zu den wenigen, die Landtitel für den Boden, den sie bewirtschaften, besitzen. Sie hoffen, dadurch von Egasur als ernsthafte Verhandlungspartner angesehen zu werden. Doch auch sie befürchten, dass das Unternehmen Zusagen nicht einhalten wird. (Ende/IPS/jt/2010)


Links:
http://www.inambari.pe/
http://www.ipsnoticias.net/nota.asp?idnews=96295

© IPS-Inter Press Service Deutschland gGmbH
vormals IPS-Inter Press Service Europa gGmbH


*


Quelle:
IPS-Tagesdienst vom 7. September 2010
IPS-Inter Press Service Deutschland gGmbH
vormals IPS-Inter Press Service Europa gGmbH
Marienstr. 19/20, 10117 Berlin
Telefon: 030 28 482 361, Fax: 030 28 482 369
E-Mail: redaktion@ipsnews.de
Internet: www.ipsnews.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 9. September 2010