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PROTEST/094: Philippinen - Verrottender Sondermüll aus Kanada im Hafen von Manila (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland GmbH
IPS-Tagesdienst vom 17. März 2015

Philippinen: Verrottender Sondermüll im Hafen von Manila - Umweltschützer drängen Kanada zur Rücknahme

von Diana Mendoza


Bild: © Mit freundlicher Genehmigung von Diana Mendoza

Filipinos fordern die Rückführung von 50 Containern mit kanadischem Müll
Bild: © Mit freundlicher Genehmigung von Diana Mendoza

Manila, 17. März (IPS) - Die philippinischen Medien nennen ihn den 'rennenden Priester'. Der katholische Geistliche und Aktivist Pater Robert Reyes hat sich kürzlich einem Protestlauf von Umweltschützern durch die Straßen des Finanzviertels Makati in der Hauptstadtregion Manila angeschlossen, um die Rücksendung von 50 Sondermüllcontainern aus Kanada zu fordern. Der gefährliche Abfall lagert seit mehr als 600 Tagen im Hafen von Manila.

Gemeinsam mit Mitgliedern der Umweltorganisationen 'BAN Toxics', 'Ecowaste Coalition' und 'Greenpeace' hat sich Reyes an der Initiative "BasuRUN' beteiligt, deren Name sich von 'basura' (spanisch für 'Müll') ableitet, einem Wortrelikt aus der spanischen Kolonialzeit (1565-1898).

Der Demonstrationszug bis zur Botschaft Kanadas setzte die Regierung des nordamerikanischen Landes weiter unter Druck. "Umweltbewussten Kanadiern mit Bürgersinn ist die Regierung von Premierminister Stephen Harper peinlich", sagt der Geistliche. "Wir fordern Premier Harper dringend zum Handeln auf. Nehmen Sie Ihre illegal eingeführte Müllladung sofort zurück!"


Giftmüll hängt seit fast zwei Jahren in Manila fest

Im Juni 2013 hatte die philippinische Zollbehörde die Container mit Haushalts-Sondermüll und anderen toxischen Stoffen aus Kanada beschlagnahmt. Als Empfänger war die Firma 'Consignee Plastics Inc.' angegeben. Der Inhalt der Ladung bestand angeblich aus Plastikmaterial zu Recyclingzwecken.

Greenpeace fand allerdings heraus, dass es sich unter anderem um Windeln erwachsener Krankenhauspatienten und Damenbinden handelte. Von dem Sickerwasser aus diesen Containern gehe eine Gefahr für Umwelt und Gesundheit aus, so die Umweltschützer. In Manila leben derzeit rund 1,6 Millionen Menschen.

Die kanadischen Behörden erklärten gegenüber den Aktivisten, sie hätten keine rechtliche Handhabe, um den Absender, eine Privatfirma, zur Rücknahme der Ladung zu zwingen. Doch Richard Gutierrez, Exekutivdirektor von BAN Toxics, beruft sich auf die Basler Konvention, wonach sich jedes Land um seinen eigenen Müll kümmern muss.

Der 1982 unterzeichnete Vertrag, dem inzwischen 182 Staaten beigetreten sind, regelt die grenzüberschreitende Verbringung gefährlicher Abfälle und ihre Entsorgung. Demnach ist der Handel mit Giftmüll verboten. Das ausführende Land, in diesem Fall Kanada, ist dazu verpflichtet, die beschlagnahmte Ladung zurückzunehmen und die Kosten für den Transport zu tragen. Sowohl Kanada als auch die Philippinen sind Vertragsstaaten des Basler Übereinkommens.

"Die Weigerung Kanadas, die illegale Schiffsladung zurückzunehmen, stellt einen eklatanten Verstoß gegen das Basler Übereinkommen dar", so Gutierrez. "Der Handel mit Sondermüll ist nicht einfach nur eine Angelegenheit zwischen privaten Handelspartnern. Es geht vielmehr um den Schutz menschlichen Lebens und der Gesundheit."

Der Aktivist weist darauf hin, dass mit dem Import auch gegen mehrere philippinische Gesetze verstoßen wurde. Laut BAN Toxics bringt die Lagerung des Giftmülls den philippinischen Staat zudem um tägliche Einnahmen von etwa 3.000 US-Dollar. Hinzu kommen Verluste in Höhe von 1,9 Millionen Dollar, die den Eigentümern der Containerschiffe in Form von Liegegebühren entstanden sind.

An den Protesten gegen die toxischen Abfälle beteiligen sich auch die Umweltgruppen 'Mother Earth Foundation' und 'Global Alliance for Incinerator Alternatives' (GAIA) sowie der philippinische Verband der Krankenpfleger 'Ang Nars'.


UN: Sondermüll verletzt Menschenrechte

Baskut Tuncak, Sonderberichterstatter der Vereinten Nationen über Giftmüll, hat die wohlhabenden Länder aufgefordert, die Menschenrechte zu respektieren, indem sie keine Abfälle mehr in arme Staaten ausführen. "Der wiederholte internationale Sondermülltransfer in Entwicklungsländer verstößt gegen die Rechte von Menschen, die sich häufig in einer ungeschützten Situation befinden, und widerspricht den Prinzipien der Gleichheit und Nicht-Diskriminierung", sagte er Anfang des Jahres.

Wie aus einer 2010 veröffentlichten Untersuchung der Fachpublikation 'Environmental Health Perspectives' (EHP) hervorgeht, setzten chemische Schadstoffe, die in Giftmüll in Deponien in Indien, auf den Philippinen und in Indonesien enthalten sind, allein in jenem Jahr mehr als acht Millionen Menschen der Gefahr von Krankheit, Behinderung und frühem Tod aus. Die Studie spricht von einem Verlust von insgesamt 828.722 Jahren bei guter Gesundheit. In den Abfällen sind demnach toxische Metalle wie Quecksilber, Blei und Kadmium enthalten.

Aus einer 2014 von BAN Toxics und der 'Ateneo School of Government' der Universität Manila herausgegebenen Studie geht hervor, dass Giftmüll aus dem Ausland die Filipinos vielfältigen Umwelt- und Gesundheitsrisiken aussetzt. Genannt wurden unter anderem Elektroschrott sowie medizinische und Krankenhausabfälle, die Quecksilber, Blei, Kadmium, Polybromierte Diphenylether (PBDE) und Polybromierte Biphenyle (PBB) enthalten.


Zusatz zu Basler Übereinkunft von Philippinen bisher nicht ratifiziert

Antonio La Vina, Rektor der Ateneo School of Government, meint dazu: "Wir müssen der übrigen Welt klar signalisieren, dass wir keine Müllkippe für Giftmüll aus Kanada oder aus anderen Staaten sind." Die kanadischen Abfälle deuteten auf ein noch größeres Problem hin. Solange nämlich die Philippinen die Ratifizierung einer Ergänzung des Basler Übereinkommens hinauszögerten, die weniger entwickelten Länder den Import gefährlicher Abfälle aus Industriestaaten verbietet, werde das Land weiterhin als Müllhalde missbraucht.

Zahlen der Datenbank 'UN Comtrade' zufolge wurden zwischen 1998 und 2008 etwa 4,7 Millionen Tonnen Sondermüll aus Industrieländern in weniger entwickelte Staaten geschafft. (Ende/IPS/ck/2015)


Link:

http://www.ipsnews.net/2015/03/canadas-waste-still-rotting-in-a-philippine-port/

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IPS-Tagesdienst vom 17. März 2015
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veröffentlicht im Schattenblick zum 19. März 2015

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