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SOZIALES/063: Indien - Toiletten nach dem Tsunami 2004, Hygiene in Katastrophengebieten verbessert (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland GmbH
IPS-Tagesdienst vom 23. September 2014

Indien: Toiletten nach dem Tsunami 2004 - Hygiene in Katastrophengebieten verbessert

von Malini Shankar


Bild: © Malini Shankar/IPS

Nach dem Tsunami im Dezember 2004 sind auf den Andamanen und Nikobaren moderne sanitäre Anlagen entstanden
Bild: © Malini Shankar/IPS

Car Nicobar, 23. September (IPS) - Als der verheerende Tsunami am 26. Dezember 2004 die Küsten und Inseln Indiens erreichte, gehörten die Andamanen und Nikobaren sowie der Bundesstaat Tamil Nadu zu den am schwersten getroffenen Gebieten des Subkontinents. Seither hat sich in Sachen Sanitärversorgung in den ehemaligen Krisenregionen viel getan.

Die Volksgruppen auf den weit östlich des Festlandes zwischen dem Golf von Bengalen und der Andamanen-See gelegenen Inseln hatten sich bis zum Zeitpunkt der Naturkatastrophe von der modernen 'Entwicklung' ferngehalten und lebten von den reichen Fischbeständen in ihren Küstengewässern. Doch als die riesige Flutwelle ohne Vorwarnung ihre auf Bambusstelzen errichteten Holzhäuser mit sich riss, sahen sich die Überlebenden vor allem in der Hauptstadt Car Nicobar dazu genötigt, sich auf Neuerungen einzustellen.

Die größten Veränderungen hat es seither im Sanitärbereich gegeben. Vorher verrichteten die Einwohner der Inselgruppe ihre Notdurft zumeist im Freien und entsorgten ihren Müll in den Wäldern. Bevor nach dem Tsunami groß angelegte Hilfs- und Wiederaufbaumaßnahmen begannen, hatten viele ethnische Gemeinschaften die Versorgung mit Trinkwasser, etwa durch eine Entsalzungsanlage in dem Dorf Chaura, abgelehnt. Sie wollten kein Wasser trinken, das "aus einer Maschine" komme, erklärten die mehr als 1.200 Bewohner des Ortes.


Großes Loch als Gemeinschaftstoilette

Doch der Tsunami hatte die einst unerschöpflichen Süßwasserquellen auf den Vulkaninseln stark verschmutzt. Laut einem Bericht der Weltgesundheitsorganisation WHO von Anfang 2005 erkrankten Hunderte Überlebende in den Notunterkünften an Diarrhö. Inzwischen gibt es in den meisten Dörfern auf den Inseln Toilettenhäuser und in den Wohnhäusern sanitäre Anlagen. Die Einheimischen haben inzwischen eingesehen, dass sie mit ihren Abfällen anders umgehen müssen.

IPS sprach mit Tsunami-Überlebenden auf dem fünf Nikobaren-Inseln Car Nicobar, Kamorta, Campbell Bay, Little Nicobar und Katchall. Alle waren der Ansicht, dass ihnen der Zugang zu Wasserversorgung und Sanitäranlagen gut getan hat. Sie lobten zudem die von der indischen Regierung für eine dauerhafte Nutzung errichteten Unterkünfte.

Der 46-jährige Muneer Ahmed kritisierte nur den Wassermangel und andere Unannehmlichkeiten während der Sommermonate. "Die Zinkdächer und Betonhäuser halten dem Wetter aber besser stand als Strohhütten." Nahe am Strand möchte kaum noch ein Inselbewohner leben, denn die tödliche Flutwelle ist allen noch in Erinnerung.


Badezimmer und Toiletten für Fischer in Tamil Nadu

Die Fischer in den Küstengebieten Nagapatnam und Cuddalore im indischen Bundesstaat Tamil Nadu profitieren ebenfalls von Maßnahmen zur Trinkwasserversorgung, die teils von der Schweizerischen Entwicklungsbehörde organisiert werden. "Wir haben jetzt gekachelte Badezimmer mit Ventilatoren und westliche Toiletten mit Bidets", erzählt die Fischerin Vanitha in Nagapatnam. Mit Hilfe solcher Neuerungen will die internationale Staatengemeinschaft ihre Pläne zur nachhaltigen Entwicklung voranbringen, die die UN-Millenniumsziele ab 2016 ersetzen werden.

Zentraler Teil der neuen Nachhaltigkeitsziele, mit denen die Armut bekämpft werden soll, ist die Inklusion von Menschen, die am äußersten Rand der Gesellschaft leben. Dazu zählen auf dem indischen Subkontinent Fischer in den am schlimmsten von dem Tsunami betroffenen Gebieten von Pondicherry und Tamil Nadu. Ungefähr 150.000 Fischer sind durch die Flutwelle obdachlos geworden.

Auf den Andamanen und Nikobaren starben etwa 10.000 Menschen durch den Tsunami, und Überlebende gerieten in Not. Obwohl das Weltkinderhilfswerk UNICEF 8.500 Latrinen bauen ließ, fehlen noch immer zu gut 35 Prozent angemessene sanitäre Einrichtungen. Im Allgemeinen geht es den Ethnien auf den Inseln aber besser als in anderen Teilen Indiens. Die Müttersterblichkeit liegt deutlich unter dem nationalen Durchschnitt von 250 Todesfällen pro 100.000 Lebendgeburten. Auch die durchschnittliche Lebenserwartung ist auf den Inseln mit 73,4 Jahren höher als beispielsweise im Bundesstaat Kerala mit 67,6 Jahren.


Malaria durch Flutwelle eingeschleppt

Dafür hat der Tsunami den Inselbewohnern Krankheiten wie Malaria und Dengue-Fieber gebracht. Von der indischen Regierung, den Vereinten Nationen und internationalen Hilfsorganisationen finanzierte Helfer haben Brutplätze von Mücken zerstört, Netze verteilt und Insektizide in besonders gefährdeten Zonen versprüht. In den Gewässern wurden Fische ausgesetzt, die es auf Moskitolarven abgesehen haben.

Wie eine Überprüfung durch die WHO ein Jahr nach dem Tsunami feststellte, haben die indischen Behörden zudem in den schwer betroffenen Gebieten Kampagnen zur Masernschutzimpfung durchgeführt, vor allem in Tamil Nadu sowie auf den Andamanen und Nikobaren, wo die Impfdichte inzwischen 96,3 Prozent erreicht hat. (Ende/IPS/ck/2014)


Link:

http://www.ipsnews.net/2014/09/when-a-disaster-leaves-bathrooms-in-its-wake/

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IPS-Tagesdienst vom 23. September 2014
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veröffentlicht im Schattenblick zum 25. September 2014