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SOZIALES/083: Entwicklung - Sanitäre Fortschritte trotz aller Rückschläge (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland GmbH
IPS-Tagesdienst vom 3. Juni 2015

Entwicklung: Sanitäre Fortschritte trotz aller Rückschläge

Von Thalif Deen


Bild: © Lova Rabary-Rakontondravony/IPS

Eine offene Latrine in Ankorondrano-Andranomahery in Madagaskar
Bild: © Lova Rabary-Rakontondravony/IPS

NEW YORK (IPS) - Als die Vereinten Nationen im letzten Jahr auf einer von ihnen ausgerichteten Podiumsdiskussion ihre Partner aufriefen, das Schweigen über die offene Defäkation zu brechen, ging Singapurs ständiger UN-Vizevertreter Mark Neo, mit bestem Beispiel voran, indem er erklärte: "Offene Defäkation ist ein Euphemismus. Wir sprechen hier vom Scheißen unter freiem Himmel." Tatsache ist, dass dazu Tag für Tag mehr als eine Milliarde Menschen gezwungen sind.

Allein in Indien haben nach Angaben des Gemeinschaftsrats für Wasserversorgung und Abwasserreinigung ('Water Supply and Sanitation Collaborative Council' - WSSCC) mit Sitz in Genf fast 600 Millionen der mehr als 1,2 Milliarden Einwohner keinen Zugang zu Sanitäranlagen. Derzeit fallen insgesamt 35 Länder, mehrheitlich in Afrika und Asien, in diese Kategorie. Dazu zählen unter anderem der Niger, Sierra Leone, Mali, Burkina Faso, Burundi, Simbabwe, Mosambik, Äthiopien, Guinea, Liberia, Bangladesch, Madagaskar, Nepal, Angola, Pakistan, Myanmar, Kambodscha, der Kongo, Indien und Laos.

Eine am 2. Juni veröffentlichte neue Untersuchung des ebenfalls in Genf ansässigen 'Globalen Sanitärfonds' (GSF) gibt die Zahl der Erdenbürger ohne Zugang zu vernünftigen Toiletten mit 2,5 Milliarden an. Das entspricht einem Anteil an der Weltbevölkerung von 40 Prozent. Zu den 2,5 Milliarden Menschen gehören auch die mehr als eine Milliarde, die im Freien ihr Geschäft verrichtet.

Dennoch gibt es an der Sanitär- und Hygienefront durchaus Erfolge zu verbuchen. So haben die vom GSF unterstützten staatlichen Hilfsprojekte 4,2 Millionen Menschen zu verbesserten Toiletten verholfen. Dank dem GSF bleibt weiteren sieben Millionen Menschen in mehr als 20.500 Dörfern die offene Defäkation inzwischen erspart. Acht Millionen Menschen wurde die Möglichkeit gegeben, sich nach dem Stuhlgang die Hände zu waschen.

"Diese Ergebnisse zeigen, dass wir unserer Vorstellung von einer Welt, in der alle auf eine nachhaltige Sanitärversorgung inklusive Waschmöglichkeit zurückgreifen können, immer näher kommen", sagte der WSSCC-Geschäftsführer Chris Williams. "Das ist ein wichtiger Schritt nach vorn auf dem Weg zu einer besseren Gesundheit, zu einem Rückgang der Armut und zu ökologischer Nachhaltigkeit für die marginalisiertesten Menschen der Welt."


Mangel mit verheerenden Folgen

Der Studie zufolge sind Durchfallerkrankungen, die vorwiegend ein Problem der sanitären Unterversorgung und der fehlenden Hygiene sind, die Hauptursache von Unterernährung, Entwicklungsstörungen und Kindersterblichkeit mit jährlich fast 600.000 Toten. Inadäquate Sanitäreinrichtungen wirken sich auch negativ auf Bildung und wirtschaftliche Produktivität sowie auf die Würde und die Sicherheit von Frauen und Mädchen aus.

Australien, Finnland, die Niederlande, Schweden, die Schweiz und Großbritannien fördern den GSF seit seiner Einrichtung durch den WSSCC im Jahr 2008. Beinahe 105 Millionen US-Dollar wurden für die Umsetzung von 13 Länderprogrammen für 36 Millionen zugesagt. Der GSF arbeitet mit mehr als 200 Partnern wie internationalen Regierungsorganisationen, Forschungseinrichtungen, Vereinten Nationen und Zivilgesellschaft.

Der GSF verdankt seine Erfolge vor allem dem Ansatz, den Zielländern genügend Spielraum zur Entwicklung eigener Programme gemäß den eigenen institutionellen Richtlinien, den eigenen Sanitär- und Hygienebedürfnissen und den Kapazitäten der beteiligten Akteure zu lassen. Ziel ist es, möglichst viele Haushalte in relativ kurzer Zeit zu erreichen.

Dem GSF wird gern nachgesagt, über das Potenzial zu verfügen, "Hunderten Millionen Menschen binnen 15 Jahren den Zugang zu einer sanitären Grundversorgung zu ermöglichen". Allein in den Jahren 2013 und 2014 konnte der GSF über einen fast 90-prozentigen Anstieg der Zahl der Menschen in 13 Ländern Afrikas und Asiens berichten, die nicht mehr im Freien defäkieren müssen. Im gleichen Zeitraum unterstützte der Fonds Maßnahmen, die zu einem 55-prozentigen Anstieg der Zahl der Menschen mit Zugang zu verbesserten Toiletten führten.

Die Vereinten Nationen halten globale Fonds für wichtige Instrumente, um den Mitgliedstaaten dabei zu helfen, ihre nationalen Entwicklungsziele zu erreichen. Dazu gehört auch der Zugang zu sanitärer Grundversorgung und Hygiene. (Ende/IPS/kb/03.06.2015)


Link:
http://www.ipsnews.net/2015/06/despite-setbacks-global-sanitation-makes-progress-says-fund/

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IPS-Tagesdienst vom 3. Juni 2015
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veröffentlicht im Schattenblick zum 5. Juni 2015

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